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Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Titel: Wieweitdugehst - Wieweitdugehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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angeschlossen an eine Menge Apparate. Ihr zartes Gesicht war geschwollen. Blut klebte in ihrem Haar, das strähnenweise zwischen dem Verbandsmull zum Vorschein kam. Es war mittlerweile später Nachmittag. Man hatte sie operiert. Ich war so lange durch Ingolstadt gestromert, unruhig, panisch fast. Von der Fußgängerzone zur Donau, die in der Sonne glitzerte, und wieder zurück. Hatte versucht, meinen Bruder Janne zu erreichen, der in Ingolstadt wohnte, aber nur seine zickige Gattin ans Telefon bekommen. Ihren Bemerkungen zufolge hatten sie und Janne sich gerade auf ein eheliches Stillleben eingeschossen.
    »Neta?« Ich zog einen Stuhl heran.
    An meine eigenen dramatischen Monate in diversen Kliniken dachte ich nicht. Ich konzentrierte mich ganz auf Netas blasse Sommersprossen. Aber mein Unterbewusstsein erinnerte sich. Ekel kam in mir hoch. Fieser Ekel, der früher oder später in Brechreiz münden würde.
    Neta blinzelte. »Was ist passiert?«, fragte sie mit so schwacher Stimme, dass ich sie kaum hörte.
    »Sie hatten einen Unfall. Sind einem BMW hinten draufgekracht.«
    Netas Stirn kräuselte sich, als müsse sie ernsthaft nachdenken. Dann schloss sie die Augen. Ich wartete.
    »Sind Sie eine Angehörige?«, pflaumte mich Minuten später eine Krankenschwester an. Sie war füllig und gestresst.
    »Neta ist meine Cousine«, log ich.
    Neta lächelte schwach. Ihre Hand glitt über das Laken. Ich griff danach und hielt sie fest.
    »Was ist los mit ihr?«, fragte ich. »Ich muss ihre Mutter benachrichtigen. Der muss ich das alles ganz vorsichtig beibringen.«
    »Milzriss. Die Milz haben wir rausgenommen. Eine Reihe anderer Organe waren perforiert oder beinahe perforiert. Sie ist sehr geschwächt.«
    »Eine Reihe anderer Organe?«, krächzte ich.
    »Die Lunge ist o. k., aber den Dickdarm hat’s erwischt und das ist nicht so spaßig, weil sich der Darminhalt im Bauchraum ausbreitet. Muss man beobachten. Wenn es keine Entzündungen gibt, wird sie sich recht bald erholen.«
    Sie zog ab.
    »Sagen Sie Liliana Bescheid?«, murmelte Neta. »Bitte.«
    »Klar, kein Thema. Haben Sie irgendwo ihre Adresse und Telefonnummer?«
    Neta spulte Straße und Nummer so schnell herunter, dass ich kaum mit dem Notieren hinterherkam. Dann stand ich auf. »Brauchen Sie etwas?«
    »Liliana hat meinen Wohnungsschlüssel. Sie weiß, wo alles ist.«
    »Gut.«
    Ich ging. Nein. Nicht gut. Nichts war gut. Hier stimmte etwas nicht, ich hatte bloß keinen Schimmer, was.

21
    »Die Kollegen sagen, die Bremsen wären manipuliert worden. Früher oder später mussten sie vollständig versagen. Deswegen konnte Neta den Aufprall gar nicht verhindern.«
    Ich hatte auf dem Rastplatz Köschinger Forst eine Klopause eingelegt, hockte nun auf dem Fahrersitz, die Füße auf dem Asphalt des Parkplatzes, und hielt das Gesicht in die spärlichen Sonnenstrahlen.
    »Wie haben die das so schnell festgestellt?«
    »Hat schon eine Weile gedauert. Ich habe gleich heute Morgen in Ingolstadt angerufen.«
    »Also kein Zufall. Jemand wollte Neta ans Leder. Meinst du, der Anschlag in der Geisterbahn zielte auch auf sie ab?«, fragte ich. Müde war ich und erschöpft. Der Lärm der Autobahn machte mich noch nervöser, als ich ohnehin schon war. Drrriaum, drrriaum machten die Fahrzeuge, die über die Fahrbahnen jagten. Jaulende Lastwagen. Hupkonzerte, denen man die Ungeduld und Eile, den unterdrückten Ärger anhörte.
    Nero seufzte. »Da ist noch zu viel ungeklärt. Ich habe alles an Sandra weitergegeben.«
    »Wer ist Sandra?«
    »Eine Kollegin, Leiterin der Soko Geisterbahn.«
    »Bist du in Passau?«
    »Ja. Aber nur körperlich. Woncka hat die Soko darauf getrimmt herauszufinden, ob nicht vielleicht wir, die Kollegen vom LKA, das Opfer des Geistermörders hätten sein sollen.«
    »Ach du Schande.« Ich verschwieg, dass Juliane der gleichen Ansicht war. Nero war nicht immer gut auf Juliane zu sprechen. Sie war ihm zu anarchistisch, zu ehrlich, zu frei. Kurz gesagt, sie war ihm zu gesund.
    »Ich selbst halte das für unwahrscheinlich. Unser Team ist für Täter gar nicht sichtbar. Anders als in einer Mordkommission. Vieles, was wir erarbeiten, geschieht im Verborgenen.«
    Ein schöner Traum, Herr Hauptkommissar, dachte ich.
    »Ich muss Schluss machen, Kea. Melde mich wieder.«
    Klick. Die Leitung war tot.
    Ein Reisebus bog auf den Rastplatz. Fröhliche Rentner quollen heraus und eilten zu den Toiletten. Die Frauen trugen Dirndl und Handtaschen im Bayern-Imitat, die Männer

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