Wieweitdugehst - Wieweitdugehst
Was läuft so in Türkenfeld? Gibt es öfter Beschwerden wegen beschädigter Autos?
Als Ute Timmer zurück nach München fuhr, war ihr klar: Wenn jemand hier an diesem Ort die Bremsen des Twingo manipuliert hatte, musste er schnell, zielsicher und damit verdammt professionell vorgegangen sein.
Tag 4
33
»Er hat was?«, ächzte ich.
Nero und ich saßen im Café am Wiener Platz und frühstückten. So richtig gemütlich, mit dampfenden Croissants und Schalen voller Milchkaffee, die man in Frankreich ›bols‹ nannte. Da wurde ich sogar meiner sonstigen Überzeugung abtrünnig, dass nur schwarzer Kaffee der einzig wahre war.
Ich mochte Haidhausen, und Nero tat mir den seltenen Gefallen, mit der Tram am Samstag hierher zu fahren. Anlass waren die Vorbereitungen für sein Seminar in Passau. Anscheinend hatte er alles im Kasten, was er brauchte. Er war gelöst, richtig fröhlich. Vielleicht lag es auch daran, dass ich bei ihm übernachtet hatte, nachdem er gestern Abend in München eingelaufen war. Wir hatten beim Chinesen gegessen, anschließend irgendwo in Schwabing einen Absacker genossen und uns schließlich in seiner Wohnung vergnügt. Erst Sex, dann Fernsehen, dann noch mal Sex, dann Whisky Sour und schließlich der Schlaf der Gerechten.
»Das ist nicht dein Ernst«, fuhr ich fort und winkte dem Kellner. »Auf den Schock brauche ich noch mehr Koffein.«
Überhaupt sah ich heute ziemlich verschwollen aus. Diese ausufernden Nächte waren nichts mehr für mich.
»Weiß hat einen richterlichen Beschluss, Liliana Bachmanns Haus auf den Kopf zu stellen. Dringender Tatverdacht.«
»Das ist krank.« Ich rührte wie besessen in den Resten von Milchschaum am Boden meiner Tasse. »Absolut krank.« Ich saß mit dem Rücken zum Fenster, um den wolkenverhangenen Himmel nicht sehen zu müssen.
»Sandra ist auch nicht überzeugt, aber sie kriegt Druck von oben. Häng es nicht an die große Glocke, Kea, aber ein Abteilungsleiter aus dem Innenministerium piesackt sie mit Anrufen. Das Oktoberfest steht wegen dieser Terrordrohung sowieso schon in den Schlagzeilen. Die haben einfach Angst, dass ihnen die Besucher wegbrechen.«
»Also braucht es eine Schaufensterpuppe, der man das Schild ›Mörder‹ um den Hals hängen kann«, sagte ich. »Mannomann. Stell dir vor: Liliana lauert täglich auf der Wiesn, um wahllos Leute umzubringen.«
»Weiß hat rausgekriegt, dass sie einen Computerkurs besucht. An der VHS.«
»Und da programmieren sie Viren und lernen, wie man Geisterbahnen außer Gefecht setzt.« Ich nahm dankend meinen Kaffeenachschub entgegen. »Der Richter, der den Beschluss unterschrieben hat, hat wohl auch einen Anruf vom Abteilungsleiter bekommen.«
Nero sah mich unglücklich an.
»Ich sage dir was«, machte ich weiter. »Diese Terrorwarnung ist eine Farce. Die durchleuchten jede Handtasche, aber auf dem Oktoberfest wird nichts passieren. Nichts. Denn während die bayerische Polizei mit der Wiesn beschäftigt ist, kümmern sich die wirklich Bösen um andere Geschäfte. Ist dir aufgefallen, wie viele Menschen in Deutschland bisher durch Terroranschläge gestorben sind? Vergleiche die Zahl mal mit den jährlichen Verkehrstoten. Bloß kommt niemand auf die Idee, Autos zu verbieten.«
»Das wäre für dich ja auch eine Katastrophe«, neckte Nero.
»Habe ich recht oder nicht?« Anklagend hob ich den Zeigefinger. »Mir ist schon bewusst, dass deine lieben Kollegen keine Ahnung haben, wo sie suchen sollen. Wenn die Tatortspuren nichts hergeben, niemand ein Motiv hat und auch niemand in Sicht ist, der mit der Tatwaffe, in diesem Fall einem Virus, umgehen kann …«
Nero lächelte. »Ich muss dich bewundern, Kea. Als Ermittlerin würdest du keine schlechte Figur machen.« Er senkte den Kopf und sah mich aus seinen torfbraunen Augen an. »Du machst übrigens immer eine gute Figur.«
»Diesen Weiß hätte ich längst rechts überholt. Was passiert jetzt mit Liliana?«
»Unsere Leute röntgen ihren Rechner.«
»Da werden sie nichts finden. Und dann?«
»In der Pressestelle sind ein paar Anrufe eingegangen, dass es jemand auf unser Team abgesehen hat. Diese Behauptung geistert schon seit der ersten Stunde unserer Ermittlungen durchs Haus.«
»Und euer Chef fällt drauf rein.«
»Das ungelöste Rätsel ist doch, wer den Jungen im Visier hat«, gab Nero mir Nachhilfe.
»Der Knackpunkt«, ich schlürfte genussvoll Kaffee durch den Milchschaum, »ist folgender: Jemand hat es auf Neta abgesehen. Bemerkt das eigentlich
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