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Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Titel: Wieweitdugehst - Wieweitdugehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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zwischen Abneigung und Bewunderung für diesen Mann vor ihm, der so unterkühlt und klar seine Überzeugungen vortrug. Aber die Glätte in seinem Gehabe störte ihn. Marek mochte es nicht, wenn ihn während einer Befragung widerstreitende Eindrücke plagten.
    »Wer könnte es auf Marius Nedopil abgesehen haben? Ihre Meinung?«
    Bachmann schürzte die Lippen, schwieg jedoch einige Sekunden, bis er sagte: »Niemand kann sich so etwas ausmalen. Haben Sie mal in der Schule herumgefragt, bei den Klassenkameraden? Mobbing ist da ja an der Tagesordnung. Die Kinder quälen sich nach Strich und Faden. Vielleicht ein Dummerjungenstreich?«
    Er ist weltfremd, dachte Marek. Total weltfremd. Die Statur unseres Täters könnte zwar für einen Jugendlichen sprechen, aber zu solchen akribischen Vorbereitungen ist kein 14-Jähriger fähig.
    »Hat sich Liliana Bachmann Ihrer Auffassung nach mit dem Kind ihres Mannes abgefunden?«, fragte er.
    »Nein. Nie.« Bachmann schüttelte energisch den Kopf. »Liliana hat sich extrem zusammengerissen, um nach außen nicht zu zeigen, wie es in ihr aussieht. Das sagte Bert mir immer. Aber er wusste sehr genau, wie tief sie verletzt war. Sie stellte eine klare Bedingung: Der Junge kam ihr nicht ins Haus. Bert war das ganz recht. Er wollte mit seinem Sohn Zeit verbringen, ohne sich angeklagt zu fühlen. Und Liliana kann ihre Vorwürfe sehr effektvoll vortragen. Sie schwingen quasi im Raum, ohne je deutlich ausgesprochen zu werden. Eine Grausamkeit.«
    »Hätte Ihr Bruder seiner Frau schneller reinen Wein einschenken müssen?«
    »Ehrlich währt am längsten, wie man sagt«, nickte Wolfgang Bachmann. »Doch Bert hoffte einfach, irgendwie unentdeckt durchzukommen.«
    »Außer Ihnen und Ihrem Cousin – gibt es noch andere Familienmitglieder?«
    »André ist in den USA. Weder Bert noch ich hatten je viel Kontakt zu ihm. Und Marius, der letzte und jüngste Familienangehörige, ist tot.«

35
    Liliana zitterte innerlich so sehr, dass sie kaum zu sprechen wagte. Die Polizisten würden es als Schuldeingeständnis werten, als schlechtes Gewissen. Sie versuchte, sich auf dem Stuhl im Vernehmungszimmer bequemer zu setzen. Die Ischiasschmerzen meldeten sich. Das lag am Stress. Da war die Angst um Neta und dann das Auftauchen dieser beiden Kommissare. Eine Frau und dieser abscheuliche Marek Weiß standen vor ihr und baten sie höflich, mit ihnen zu kommen.
    »Wir haben auf Ihrem Laptop ein Virus gefunden. Dasselbe Virus, das in ›The Demon‹ zum Einsatz kam, um die Effekte der Bahn zu manipulieren«, legte Weiß los.
    Liliana versuchte, seinem Blick standzuhalten, aber es gelang ihr nicht. Sie starrte auf die Schlangentätowierung an seinem Handgelenk.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Auf Ihrem Notebook zu Hause, da war ein Computerprogramm, das wir Virus nennen.«
    »Ich weiß, was ein Computervirus ist«, sagte Liliana. Hilfesuchend sah sie zu Sandra Berlin, die ihr um einiges entgegenkommender erschien als ihr Kollege. »Wie kommen Sie überhaupt an meinen Computer?« Ihr ging durch den Kopf, was allenthalben in den Medien diskutiert wurde: Online-Durchsuchungen und allerlei andere Kontrollen. Vielleicht wurde das schon gemacht.
    »Uns lag ein richterlicher Beschluss vor.« Marek Weiß hob ein Bündel loser Blätter hoch. »Sie besuchen einen Computerkurs?«
    »Ja«, hauchte Liliana. »Im letzten Sommersemester habe ich an einem teilgenommen.« Wenn es nur Neta besser ginge. Wenn sie nur bei Neta sein durfte. Sie war bereit, alles zu antworten, was dieser Kommissar hören wollte, nur um bei Neta zu sein. In der letzten Nacht hatte das arme Mädchen Schmerzen gelitten. Die Operationswunde brannte und Neta weinte viel. Wenn Liliana ihre Hand hielt, ging es ihr besser.
    »Schildern Sie uns, was Sie dort lernten«, schlug Weiß vor.
    »Es ging um Tabellenkalkulation. Im vergangenen Winter besuchte ich einen Kurs in Textverarbeitung. Aber dann wurde mein Mann krank und ich musste den Kurs abbrechen.« Sie leckte sich über die trockenen Lippen. Die Rückenschmerzen wurden fast unerträglich. »Für die Apotheke ist das Excel-Programm sowieso nützlicher. Aber ich weiß nicht, ob Sie das verstehen: Ich ging zum Unterricht, um rauszukommen. Es ist schrecklich, immerfort allein zu sein.«
    »Warum halten Sie keinen Kontakt zum Sohn Ihres Mannes?«
    Liliana stutzte. »Er ist nicht mein Sohn.« Ihre Stimme schwamm, tonlos, leer. Sie räusperte sich.
    »Und wie hat Ihr Mann das gestaltet? Sein Leben mit

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