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Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Titel: Wieweitdugehst - Wieweitdugehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Wahnsinn«, wandte Ute Timmer ein. »Es würde bedeuten, dass die Nedopil ihren eigenen Sohn auf dem Gewissen hat.«
    »Es gibt alles«, erklärte Sandra, legte das Telefon weg und atmete tief durch. Gerade hatte sie die Kriminaltechniker zu Höchstleistungen angetrieben. »Wir haben Fingerabdrücke auf dem Insulin-Pen und wir haben in Kürze Fingerabdrücke von Astrid Nedopil.«
    »Dann lassen wir die Marionetten tanzen«, grinste Ute. »Dr. Klug wird sich freuen.«
    Marek hustete. »Haben wir den richterlichen Beschluss?«
    »Ist eine Sache von Minuten.« Sandra klopfte mit dem Zeigefinger auf ihre Nasenspitze. Klar, die Nedopil hatte das Virus auf Liliana Bachmanns PC eingeschleust, gesteuert von dem sicheren Gefühl, dass Liliana im Laufe der Ermittlungen verdächtigt werden würde. Als betrogene Ehefrau, die mit dem Bastard nicht zurechtkam. »Wo sind die Kollegen Freiflug und Keller? In Elli Nedopils Wohnung gab es zwei Rechner. Darunter ein Notebook, klein und schnuckelig, aber technisch ziemlich hochgerüstet, soweit ich das beurteilen konnte.« Sie wies auf den Plastikbeutel, der mitten auf ihrem Schreibtisch hockte, die Krone auf einem Berg voller Papiere.
    »O. k., nehmen wir an, dass Astrid Nedopil in der Wohnung ihrer Schwester das Virus gebastelt hat. Aber warum? Sie hatte Möglichkeiten und Mittel, aber das Motiv? Ich kapier’s nicht!«, regte Marek sich auf.
    »Hast dich halt zu sehr auf die Bachmann eingeschossen«, grinste Ute und wedelte mit einem Aktendeckel. »Können wir mal ein Fenster aufmachen?«
    Marek schoss hoch und riss das Fenster auf. Ihm war heiß. Und eng in der Kehle.

43
    Später, als ich wieder klar denken konnte, dachte ich mir: Man muss schon gewaltig kaltschnäuzig sein, um sich noch am Tatort herumzutreiben, während die Fahndung läuft. Oder man ist einfach berechnend. Kühl und rational. Eine Logikerin. So gesehen war Astrid Nedopils Idee, am Tatort zu bleiben, während die Polizei alles abgraste, ihren Wagen beschlagnahmte, Spuren sicherte und die ganze Zirkusnummer ablaufen ließ, nur folgerichtig.
    Ich spazierte nichts Böses ahnend aus der Klinik und ließ die Fernbedienung meines Spiders aufblitzen, freute mich daran, dass er mich grüßte wie ein alter Kumpel, und legte gerade die Hand an die Fahrertür.
    »Ich fahre mit, und halten Sie die Klappe.«
    Etwas Kaltes drückte sich an meinen Hals. Seltsamerweise dachte ich: Aha, das gute alte Messer. Ich tickte nicht mehr richtig.
    »Frau Nedopil?«, fragte ich. Zaghaft wollte ich mich nach ihr umsehen, aber sie kroch in meinen Wagen und kommandierte: »Fahren Sie. Und wenn Sie jemanden auf sich aufmerksam machen, tranchiere ich Sie.«
    Die Psyche eines Menschen, der nichts zu verlieren hatte, soviel wusste ich durch meine Arbeit als Ghost, war aufgezogen bis zum Anschlag. Jede Sekunde konnte so ein Mensch durchdrehen und anfangen, Leute abzuknallen. Oder abzustechen.
    »Wohin?«, fragte ich.
    »Fahren!«
    Ich bog vom Parkplatz ab.
    »Autobahn!«
    Ich schwieg. Die Messerklinge brannte an meinem Hals. Astrid Nedopil war sprungbereit wie ein Panther.
    »Und jetzt?«, fragte ich, als wir uns der Auffahrt näherten.
    »Nicht nach München.«
    Also fädelte ich mich Richtung Nürnberg ein und trat aufs Gas. Ich fuhr, ich hatte die Kontrolle. Wenn ich sie lange genug behielt, fand ich vielleicht eine Möglichkeit, die Verrückte von meinem Rücksitz zu katapultieren. Bequem war es dort hinten ja nicht. Aber Astrid Nedopil war klein, zierlich und dünn genug, um durch ein Mauseloch zu passen.
    »Sie sind eine Meisterin der Camouflage«, sagte ich. Betrachtete sie im Rückspiegel. Die blonde Perücke hatte sie abgelegt, die Schminke entfernt. Sie sah mit ihrem überlangen Pony und der zotteligen Mähne durchschnittlich aus. Hässlich nicht, aber auch nicht hübsch. Eher so, als habe sie sich lange vernachlässigt.
    »Schalten Sie Ihr Handy aus.«
    »Ich habe kein Handy.«
    Sofort drückte sich die Klinge tiefer in meine Haut.
    »Schon gut, schon gut.« Ich angelte das Telefon aus meiner Jackentasche und warf es auf den Beifahrersitz. Blitzschnell griff Astrid Nedopil danach und schaltete es ab.
    »Fenster aufmachen!«
    Ich gehorchte. Also musste ich mich auch von meinem geliebten Handy verabschieden. Besser jedenfalls als von meinem Leben, dachte ich, als ich aus den Augenwinkeln wahrnahm, wie meine Mitfahrgelegenheit das Telefon aus dem Fenster in den immer dunkler werdenden Abend schleuderte.
    »Was haben Sie vor?«, fragte

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