Wigges Tauschrausch
Moanaoaoaku dagegen nicht gerade vom Hocker.
»Oh, noch ein Weißer, der Michael heißt!«
Te Rangintirio Rekawaway Te Moanaoaoaku ist Ende dreißig, hat braune Haut, trägt ein Holzfällerhemd und eine dunkle Sonnenbrille. Er erzählt mir, dass er fast zwanzig Jahre in Australien gelebt hat und nun, nach dem Tod seiner Eltern, seinen Pflichten als Familienoberhaupt bei den Maori nachkommen muss. Er erzählt mir, dass auch in Neuseeland die kulturellen Unterschiede zwischen den Ureinwohnern und den Weißen groß sind, die Integration aber besser klappe. Er erzählt von einer großen Landreform in den Neunzigern, bei der den Maori viele Gebiete zurückgegeben wurden, die die europäischen Siedler ihnen abgenommen hatten. Er sagt, dass die Kinder der Maori zum Großteil zur Schule gehen und dass Alkoholismus bei Weitem nicht so ein Problem wie bei den Aborigines in Australien sei. Er erzählt aber auch, dass die Weißen seit diesen Reformen keine Jade mehr in Neuseeland abbauen dürfen, da die Jade-Vorkommen ausschließlich in den Maorigebieten lägen. Das habe ich nicht gewusst! Ich muss also definitiv über die Maori gehen, wenn ich an Jade kommen will.
Also komme ich schnell zur Sache und breite vor dem mit mystischen Holzgesichtern geschmückten Meeting House das Gemälde auf dem Boden aus. Te Rangintirio Rekawaway Te Moanaoaoaku findet es spannend, endlich mal etwas von der Urbevölkerung der großen Nachbarinsel im Dorf zu haben, kann aber meinem Wunsch nach einem Jade-Tausch nicht nachkommen.
»Du musst wissen, dass wir unsere Jade nur innerhalb der Familie von Generation zu Generation weitergeben. Selbst wenn ich wollte, könnte ich dir keine Jade geben!«
Ich kann es nicht fassen, ich bin völlig blauäugig nach Neuseeland geflogen! Hätte ich mich im Vorfeld genauer erkundigt, säße ich nun nicht vollkommen deprimiert vordem Meeting House neben Te Rangintirio Rekawaway Te Moanaoaoaku. Aber dann hätte ich wohl auch nie den Mann mit dem interessantesten Namen kennengelernt, den ich je gehört habe.
Zum Glück habe ich noch eine weitere Option in der Hinterhand. Auf meinen Facebook-Jade-Aufruf hin hat sich eine Freundin von mir gemeldet, die John & John von Jade Mountain, zwei Jadekünstler aus Neuseeland, kennt, die wiederum zugesagt haben, dass ich mal vorbeikommen darf.
So sind es nur noch weniger als drei Tage bis zu meinem Abflug nach Singapur zu Jim Rogers, einem der 1000 reichsten Menschen des Planeten. Ich stehe vor der Jadeschleiferei von John senior und John junior und sehe durch eine große Fensterfront, wie sie zusammen mit zahnarztähnlichen Bohrern Jade zu Kunstobjekten und Schmuck verarbeiten, zwei weitere Familienmitglieder unterstützen sie dabei.
John & John wirken ziemlich entspannt, wie wohl die meisten Neuseeländer. Kein Wunder, wenn man weit weg vom Rest der Welt auf zwei großen Inseln lebt, umgeben von weniger als fünf Millionen Menschen (und mindestens so vielen Schafen) inmitten einer gewaltigen Natur. John & John zeigen mir ihr Jade-Lager, in dem tonnenschwere grüne Steine stehen, die aber alle aus China importiert sind, da der Jade-Abbau hier ja nicht mehr erlaubt ist. Mir gefällt ein tiefgrüner und mehrere Kilo schwerer, roher Stein. Ich halte John senior die Hand zum Tausch hin. Er ist vollkommen überrumpelt und schlägt ein. »Super, der Deal ist gemacht!«, sage ich und lache. John lacht zwar mit, aber dann erklärt er mir, dass die Dinge so einfach nicht laufen. Schade eigentlich!
Wir inspizieren zusammen in seiner Werkstatt das große Krokodilgemälde. Und ich habe Glück. John senior sammelt Kunst und hat am Gemälde großes Interesse. Ich erkläre ihm die ganze Story mit dem Haus auf Hawaii und dass ich in weniger als drei Tagen Jim Rogers treffe, der Jade für einen Tausch wünscht. John senior hat Verständnis für meine Situation und bietet mir zwei Jadefiguren zum Tausch an, ein etwa zehn Zentimeter großes Objekt zum Aufstellen und ein Maori-Amulett, das man an einer Kette tragen kann. John erwähnt, dass beide Jadestücke zusammen einen vierstelligen Wert haben. Ich bin aber zurückhaltend, da die beiden Kunstwerke zwar wunderbar anzuschauen sind, aber vielleicht doch kaum Wert haben, schließlich hört man immer wieder von falscher Jade in der Szene (ich hab mich eingelesen). Ich erinnere mich auch an die Tauschfrau aus dem Slum von Dharavi, die mir den Tipp gegeben hat, immer Unzufriedenheit vorzutäuschen, um den Tauschdeal zu verbessern. So tue ich
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