Wigges Tauschrausch
vor John & John äußerst enttäuscht, obwohl mir dieses Schauspiel nicht wirklich gefällt.
John überlegt, während ich argumentiere, dass das Bild etwas wirklich Besonderes sei und gleichzeitig eine Wertanlage. Und wer möchte sich nicht Krokodile ins Wohnzimmer hängen? (Ich übrigens nicht, nach dem ganzen Kroko-Stress.)
John lässt sich überzeugen. Er geht ins Lager und kommt zurück mit dem drei Kilo schweren Jadestein, mit dem ich vor einer Stunde noch durchbrennen wollte. Ich bin völlig fertig. Der rohe Jadestein ist circa 30 x 25 Zentimeter groß und tiefgrün. Ich bin unendlich dankbar. Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet
Und die Glückssträhne reißt noch nicht ab. John junior mischt sich ein und bietet mir an, mit ihm in die Werkstattzu gehen, um selbst eine kleine Jadefigur zu fräsen. So stehe ich kurze Zeit später mit Schutzbrille, Lärmschutz, Kittel und Zahnarztbohrer vor einem kleinen Jadestein, den ich mit Johns Hilfe zu einem circa fünf Zentimeter großen Häuschen fräse. Es ist das lang ersehnte Traumhaus auf Hawaii.
John & John erklären mir, dass sie so großzügig sind, weil sie meine Tauschrausch-Reise gut finden, aber auch weil sie so weit weg vom Weltgeschehen leben. John senior erklärt, dass selten Leute mit verrückten Projekten im ländlichen Neuseeland auftauchen. Wow, ich hätte nie gedacht, dass sich die Isolation Neuseelands so positiv auf meinen Tauschrausch auswirken würde.
John senior nennt einen weiteren Grund, nämlich, dass das Tauschen von Jade in der Geschichte Neuseelands eine große Bedeutung hatte, als die Maori noch zwischen den Inseln hin und her reisten und ihre Jadefunde tauschten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zwar kommt die Jade inzwischen aus Russland und China, aber man fühle sich der Tradition immer noch verpflichtet.
S ingapur
N ach 65 Tagen Tauschrausch sitze ich voll bepackt mit Jade im Flieger, und das wirklich auf den letzten Drücker. Jim Rogers, der Milliardär aus Singapur, hatte mir vor Wochen versprochen, mir am 25.5. um genau 11.10 Uhr, dreißig Minuten seiner kostbaren Zeit zu widmen, solange ich Jade mitbringe. Und die habe ich nun!
Ich vergegenwärtige mir kurz noch einmal die wichtigsten Fakten über Jim:
zieht sich mit 37 aus dem Finanzgeschäft zurück, weil er an der Börse erst mal genug Geld verdient hatte
Umzug von New York nach Singapur, denn er sieht als Spekulant und Investor dort die Puppen tanzen
verheiratet mit einer jungen Blondine
zwei große Weltreisen, eine davon auf dem Motorrad, dabei Weltrekord eingestellt: in weniger als drei Jahren über hundert Länder besucht!
Jetzt wird mir auch klar, warum ich eine Audienz bei ihm bekomme. Jim mag Abenteuerreisen, über die er auch Bücher geschrieben hat, mit vielsagenden Titeln wie Investment Biker oder Adventure Capitalist . Ich freue mich riesig auf diesen Termin und bereite mich vor. Ein Treffen mit einem Milliardär ist schließlich die Chance, mich endlich richtig hochzutauschen. Dazu habe ich folgenden Plan geschmiedet: Zuerst biete ich nur die beiden Jadekunstwerke an, lege dann mit dem großen Stein nach und, wenn ich schon einen ziemlichen Batzen aus dem Tauschgeschäft herausgeholt habe, kommt – ZACK ! – noch das kleine Jade-Hawaii-Häuschen auf den Tisch. Und dann, wenn mir das auch noch mal ein hübsches Sümmchen eingebracht hat, wird Jim Rogers das Häuschen umdrehen und – PENG ! – auf der Rückseite die Gravur »for Jim« entdecken, die ich dort in weiser Voraussicht angebracht habe. Wer würde da nicht weich werden?
Es ist der 25.5., genau 11.10 Uhr, als ich an Jim Rogers’ Haustür oder besser gesagt, an der Tür seines Anwesens in Singapur klingele. Ein Hausmädchen führt mich in ein Besprechungszimmer, das mit asiatischen Kunstgegenständen geschmückt ist. Ich warte zehn Minuten, bis ein knapp 1,65 Meter großer, älterer, aber recht sportlicher Mann den Raum betritt, Hallo sagt und sofort zur Sache kommt:
»Hast du die Jade mitgebracht?«
»Ja!«
»Lass mal sehen.«
»Hier, zwei wirklich schöne Kunstgegenstände aus Jade.«
»Sieht nicht gerade nach guter Jade aus.«
»Doch, hier sind die Zertifikate.«
»Die sind unwichtig!«
Nicht zu fassen! Wie sicher war ich mir gewesen, dass sich hier ein total euphorisches Tauschgespräch entwickeln würde, unterbrochen nur von dem Geräusch knallender Champagnerflaschen und dem Auftritt attraktiver Hausmädchen, die mir unaufdringlich kleine Kaviarhäppchen in den Mund
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