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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
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Interesse zu bekunden, die Pfeife beim Herumwandern zu erhaschen oder in einer unmissverständlichen Zeichensprache (große Augen machen, Pfeife symbolisieren und so tun, als ob ich rauche), sie ignorieren meinen Wunsch. Die Pfeife wird nicht geteilt, Ende aus!
    So beginnt der erste Abend bei den Hadzabe ziemlich enttäuschend für mich und ohne weiteren Austausch. Ich sitze im Sonnenuntergang am Lagerfeuer unter einem ihrer Bäume und lausche sehr gerührt ihren Gesängen, bis ich einschlafe.
    Am nächsten Morgen wird um sechs Uhr aufgestanden. Ich bin zwar Frühaufsteher, doch nach einer Nacht auf hartem Boden hätte ich mich gefreut, den Tag etwas gemütlicher angehen zu lassen. Aber da unterscheidet sich wohl der Lebensstil in der Natur total von unserem.
    Onuas und die Männer zeigen mir beim Sonnenaufgang am Lagerfeuer ihre Pfeile und Bögen, die sie zweimal täglich zur Jagd einsetzen. Es gibt drei verschiedene Pfeile: den Holzpfeil für Vögel und andere Kleintiere, den Metallpfeil für Affen und den Metall-Giftpfeil für Giraffen und andere Riesentiere. Ein Giftpfeil zufällig im Po bedeutet das sofortige Aus. Deshalb warnt mich Onuas, mit demGiftpfeil sehr verantwortungsbewusst umzugehen. Und er warnt mich vor Schlangen, die auf der bevorstehenden Jagd durch das Gebüsch gleiten könnten. Mir sind die Verantwortung für den Giftpfeil und die Aussicht auf giftige Schlangenbisse doch ein wenig zu viel, und daher schlage ich vor, während der Jagd doch besser die Stellung unterm Baum mit den Frauen und Kindern zu halten. Doch Onuas lacht nur. Es ist wohl im Stamm noch nie zu einer derart peinlichen Situation gekommen, ein Mann, der sich weigert, an der Jagd teilzunehmen. Aber dann beruhigt mich Onuas, was die drohenden Giftschlangenbisse angeht. Sicherheitshalber tragen die Männer nämlich Gegengifte bei sich. (Da bin ich ja erleichtert, wenn ich nach einem dreiwöchigen Schlangenbisskoma vielleicht doch noch aufwache.)
    Ich bekomme ein Probetraining im Erlegen von Tieren mit Pfeil und Bogen. Wir schießen immer wieder auf einen kleinen Gegenstand, den selbst der achtjährige Enkel von Onuas mit seinen Pfeilen leicht trifft – ich aber leider nicht.
    Bevor wir zur Jagd aufbrechen, setzen wir uns alle wieder in eine große Runde, und die famose Pfeife wandert munter durch die Runde. Jeder der Hadzabe-Männer zieht wieder kräftig, hustet, keucht und gibt sie weiter zu seinem Nachbarn. Wie soll das gleich auf der Jagd gut gehen, wenn zehn Männer mit tödlichen Giftpfeilen im Anschlag berauscht durch den Busch ziehen? Ich fühle mich wie in einem total verrückten Film, weil irgendwie gar nichts zusammenpasst. Deshalb lehne ich das unerwartete Angebot, heute früh mitrauchen zu dürfen, auch nicht ab. Was soll’s … Verrückter kann es doch eh nicht mehr werden, denke ich mir. Beim Durchziehen der Pfeife bekomme ich einen gigantischen Hustenanfall, da mein Körper undmeine Lunge an so viele Rauschstoffe auf einmal wohl nicht gewöhnt sind. Also geht es breit auf die Jagd.
    Während ich vorgebeugt und hustend vor einem Gebüsch stehe, höre ich die Männergruppe im Hintergrund laut lachen. Sie wundern sich über mich wohl genauso wie ich mich über sie. Wenig später ziehen wir in Schussposition durch das Gebüsch der Region. Ich habe den Metallpfeil ohne Gift im Anschlag und bin hauptsächlich damit beschäftigt, mich nicht mit dem Giftpfeil in meiner rechten Hand versehentlich zu verletzen beziehungsweise ihn versehentlich in einen der Männer zu stechen. Kurzum, ich bin total gestresst und halte mich nur mit den Gedanken an mein eigentliches Ziel aufrecht: ein Haus auf Hawaii!
    Ich schleiche also gerade im Rausch und mit Pfeil und Bogen durch den afrikanischen Busch, als ich merke, wie weit ich von meinem eigentlichen Ziel entfernt bin. Deshalb frage ich Onuas flüsternd, ob sein Stamm gerne tauscht. Onuas, der gerade einen Vogel abschießen wollte, dreht sich zu mir um, runzelt die Stirn und fragt mich kopfschüttelnd, ob ich den Tag heute gerne ohne Essen verbringen möchte. Ich schweige und genieße, soweit es geht, den Rausch der Pfeife.
    Eine Stunde später kommen wir an einem Baum an, und Onuas und Gefolge brechen seine Rinde auf, um einen großen Honigfund herauszuholen. Ich bin beeindruckt, welche Mengen Honig in einem Baum versteckt sein können. Als wir alle den Honig mit klebrigen Händen verschlingen, kommt Onuas auf meine Tauschfrage zurück und erklärt mir, dass die Hadzabe mit ihrem

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