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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
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robbe«, helfen nichts. Das Gewicht der Säcke lässt meinen gerade verheilten Rücken vor Schmerz wieder aufheulen. Bei Sack siebzehn muss ich den Job schließlich an den Nagel hängen.
    Ulf schaut mich kritisch an. Ich kann seine Gedanken lesen: » Ja, ja, Tauschrausch-Reporter mit großen Zielen und wenig Durchhaltevermögen!«
    Aber er ist ein höflicher Mann und unternimmt nichts, was darauf hindeutet, dass er meine Story mit den Rückenschmerzen bezweifelt. Ich darf sechs Säcke Kaffee fürden Tausch behalten und bekomme seinen Jeep für eine Woche, ohne die verbleibenden 83 Kaffeesäcke auch nur berührt zu haben – das nenne ich diplomatisch!
    Mit den Säcken auf dem Dach und den Gold- und Silbermünzen geht es einen Tag später auf zur großen Abenteuertauschtour durch Tansania. Ich kann zwar nur unter heftigen Schmerzen in den Jeep ein- oder aussteigen, da mein Rücken keine weiteren Belastungen mehr zulässt. Dafür ist die Reise umso schöner. Ich fahre durch unglaubliche Landschaften mit hohen Bergen, Savannen und einer unglaublichen Tierwelt. Einmal muss ich aufgrund eines Zebrastaus auf einer Straße im Schritttempo fahren, um die gemütliche Zebraherde nicht unnötig aufzuschrecken. Einen Tag später lande ich auf der Suche nach dem Stamm der Hadzabe beim Stamm der Datoga. Viele neugierige Gesichter erscheinen am Fenster von Ulfs Jeep und schauen mich genauso erstaunt an wie ich sie. Die groß gewachsenen Männer und Frauen tragen viel aufwendig gearbeiteten Schmuck um den Hals, um die Handgelenke und um ihre Fußknöchel. Gekleidet sind sie in Tücher, die zu Mänteln um ihre Körper gewickelt sind, ihre Gesichter sind ausdrucksstark und äußerst attraktiv mit hohen Wangenknochen und ausdrucksstarken Augen.
    Ich halte die Zeichnung eines Bekannten in der Hand, auf der der Weg zu den Hazabe beschrieben ist. Man sieht lediglich einen Baum, eine Hütte und eine Linie, die die Route zum Stamm darstellen soll. Die Männer der Datogas drehen die »Karte« in den Händen hin und her und können mit ihr genauso wenig anfangen wie ich, was zwar schade ist, aber mich auch beruhigt. Doch dann können die Datoga mir doch noch helfen. Alex, eines der Stammesmitglieder, schwingt sich in den Jeep, um mir denWeg ohne lästigen Papierkram zu zeigen. So komme ich bei den Hadzabe an. Dieser Volksstamm ist vom Aussterben bedroht und umfasst kaum 1000 Menschen. Durch die geringe Zahl der Stammesmitglieder kommt es nach Aussagen von Experten zur Fortpflanzung mit zumindest entfernten Verwandten. Dadurch schleichen sich genetische Fehler ein, und dadurch kommt es tragischerweise zu einer hohen Geburtensterblichkeitsrate.
    Die Hadzabe sind nur circa 1,50 Meter groß und leben so ursprünglich, dass sie noch mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen und unter Bäumen anstatt in Häusern wohnen. Sie kleiden sich kaum und lehnen moderne kulturelle Errungenschaften ab. Dafür rauchen sie gerne und viel, und damit meine ich nicht Tabak, sondern sage nur: »Amsterdam oleee!«
    Ich werde zusammen mit einem Übersetzer vom Dorfchef Onuas freundlich begrüßt, so dass ich mich in die Runde der Stammesmänner setze, um mich einem positiven, interkulturellen Austausch zu widmen. Aber es kommt zu Problemen: Die Hadzabe-Männer sitzen rauchend mit großen Pfeifen zusammen und ziehen sich ein lustiges Pfeifchen nach dem anderen rein. Ihre große, aus Holz geschnitzte Pfeife geht reihum. Regelmäßig wird in der großen Pfeife das Rauschmittel nachgestopft, damit auch bloß niemand in der Runde leer ausgeht. Nachdem jeder der Stammesmitglieder exzessiv an der Pfeife gezogen hat, beginnt ein großes Hustenkonzert, das nicht gerade gesund klingt. Onuas hustet und keucht und hustet und keucht. Ich bekomme Angst, dass dieser kleine Mann, der angeblich 57 Jahre alt sein soll, was aber niemand so genau weiß, keine Luft mehr bekommt. Ich versuche ihm brüderlich auf den Rücken zu klopfen, was in der Rundeaus zehn hustenden und keuchenden Hadzabe-Männern aber gar nicht gern gesehen wird, da das Husten als Ritual für eine gute Gesundheit dient.
    So versuche ich mich im Zuge des kulturellen Austauschs an der Rauch-Orgie zu beteiligen. Schließlich wird man so bei uns zumindest in jeder Hippie-Kommune oder Hip-Hop-Gang am schnellsten akzeptiert. Doch ich lerne in diesem Moment, dass sich die Hadzabe darin wohl deutlich von solchen westlichen Subkulturen unterscheiden: Ein Neuling bekommt nämlich nichts ab! Sosehr ich auch versuche, mein

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