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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
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auf dem Gemälde ein Wolf befindet, der extra für dich von einem deutschen Künstler gemalt wurde, da du beim Eurovision Song Contest ja mit Wolfsfellen aufgetreten bist und auch über Wölfe gesungen hast.«
    Ruslana fühlt sich geschmeichelt und freut sich, dass ich ein Gemälde extra für sie habe malen lassen. Ich weiß, dass es nicht gut ist zu lügen, aber unter dem Druck des Tauschrausches habe ich mich dazu hinreißen lassen. (Sorry, Ruslana!)
    Ruslana holt daraufhin ihren Schellenkranz aus der Tasche, den sie auch auf dem Song Contest bei sich hatte, und fängt sofort an zu singen. Ich probiere auch mal eben, mit dem Schellenkranz Musik zu machen, was sich aber ziemlich albern anhört, so dass Ruslana mir das Instrument diskret wieder abnimmt. Sie möchte den Schellenkranz gegen das »Wolfsgemälde« tauschen.
    Ich erkläre ihr höflich, dass der Schellenkranz zwar super sei, füge aber hinzu, dass für mich nur reale und keine ideellen Werte zählten, da ich auf dem Weg zu einem Hausauf Hawaii sei. Ich weiß aber auch, dass ich wohl noch etwas drauflegen muss:
    »Falls du etwas Wertvolleres tauschst, fliege ich morgen früh spontan mit dir zum Präsidenten von Kasachstan und arbeite als dein Kofferträger!«
    Ruslana ist erstaunt über meinen Einsatz und möchte gerade zustimmen, als ihre Managerin, die sie natürlich begleitet, einschreitet: »Nein, den nehmen wir bestimmt nicht mit. Keine Chance!« Ich versuche sie zu überzeugen, mache Gags, bettele, erkläre ihr, von welch großem Vorteil ich für sie auf der Reise wäre, und flehe sie an: »Bitte, ich muss mich dringend hochtauschen!«
    Es entsteht eine kurze Stille im Raum, da nun allen klar ist, wie wichtig ein guter Tausch für mich ist. Ruslana beendet die peinliche Stille und bietet mir an, mich am nächsten Tag an der Vudybichi-U-Bahn-Station unter den drei Autobahnbrücken zu treffen, wo sie auf dem Weg zum Flughafen vorbeikommt. Das Tauschgut will sie mitbringen, aber es bleibt ein Geheimnis, was es ist. Ich schlage ein und freue mich, so weit gekommen zu sein.
    Am nächsten Morgen um elf Uhr stehe ich an der Vudybichi-Metrostation unter den drei Autobahnbrücken am Stadtrand von Kiew. Die Gegend sieht unwirklich aus, Autobahnen, Brücken, Müll, vorbeibrausende LKW s und ein paar dunkle Gestalten am Wegesrand. Ich komme mir vor wie in einem schlechten Gangsterfilm bei einem geheimen Tausch »Waffen gegen Drogen« oder »Waffen gegen Drogen und Leiche«.
    Aber es gibt einen großen Unterschied zu den diversen Filmvorlagen, denn dort erscheinen alle, ob Gangster oder Agenten, in der Regel pünktlich, hier dagegen leider nicht. Ich warte über eine Stunde auf Ruslana undbekomme den Eindruck, dass das ominöse Tauschtreffen vielleicht nur eine Ausrede war, um den hypermotivierten Tauschreporter endlich aus der Umkleide zu entfernen. Meine Stimmung bricht ein. Wie konnte ich mich auf so einen komischen Deal nur einlassen? Geheimes Tauschtreffen um elf Uhr an der Vudybichi-Metro unter den drei Autobahnbrücken am Stadtrand von Kiew. Vielleicht hat sich der Popstar einfach nur einen schlechten Scherz mit mir erlaubt? Eine Antwort finde ich natürlich nicht, unter anderem auch deshalb, weil laut vorbeirasende LKW s jeden Gedanken sofort zerstreuen.
    Doch dann fällt mir eine dunkle Limousine mit getönten Scheiben auf, die langsam herangefahren kommt. Die Beifahrertür geht auf, und hinter einer großen Sonnenbrille erscheint Ruslana. Unglaublich, sie hat ihr Versprechen eingehalten. Nach einem in der Popbranche üblichen Küsschen links und Küsschen rechts holt sie ein Gemälde aus der Limousine. Es ist circa 80 x 50 Zentimeter groß, hat einen kitschigen Goldrahmen und ein noch kitschigeres Motiv, eine Kirche aus Ruslanas Heimatort. Ganz ehrlich, das Gemälde hätte auch bei meiner Großoma 1976 in ihrem Flur auf brauner Tapete zwischen Porzellanengelchen hängen können, ohne dass es jemandem sonderlich aufgefallen wäre. Mir wird bewusst, dass ich mich auf einen Tausch eingelassen habe, von dem ich nun nicht mehr zurücktreten kann. Ich muss das Bild nehmen, egal, ob ich mich damit hoch-, runter- oder sonst wohin tausche. Ich mache gute Miene zum Kitschbild und überreiche ihr das »Wolfsgemälde«. Vielleicht hat Ruslana einfach gemerkt, dass das mit dem Wolf gelogen war? Wie auch immer, der »Wolf« wird in die Limousine geschoben, Ruslana gibt mir noch ein Küsschen und rauscht ab zum Flughafen, um ihr Treffen mit dem kasachischen

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