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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wigge
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sogenannten Baile-Funk-Partys. Baile Funk ist die brasilianische Form des Hip Hop, die aus den Armenvierteln der Stadt, den Favelas, kommt und in deren Texten es oft um die gewaltbeladene Wirklichkeit des Lebens in den Favelas geht. Aufgeputscht von der rhythmischen Musik, tanze ich die ganze Nacht durch.
    Am nächsten Morgen ist Katerstimmung angesagt, als ich mit dem Reisegutschein, der Uhr und den religiösen Büchern neben mir aufwache. Der Tag ist hin. Die Caipirinhas haben mir unglaubliche Kopfschmerzen verschafft. Damit laufe ich durch die Stadt und merke, dass ich in diesem Zustand und ohne portugiesische Sprachkenntnisse keine Chance habe zu tauschen. Ich lege mich erschöpft ins Bett, wo ich mich schließlich entscheide, an einen Ort zu reisen, der zwar auf den ersten Blick nicht so strahlt,aber eine gewisse Ordnung, Ruhe und Geborgenheit verspricht: Pomerode!
    Pomerode liegt im Süden Brasiliens und wurde 1860 von deutschen Aussiedlern aus dem norddeutschen Pommern gegründet. Dadurch, dass das deutsche Pomerode lange Zeit keinen Kontakt zum »Mutterschiff« Deutschland hatte, hat sich die pommersche Kultur des 19. Jahrhunderts dort erhalten und wenig verändert. Die Stadt mit ihren 23000 Einwohnern wirkt wie im Märchenschlaf versunken. Beinahe alle Bewohner sind deutschstämmig und halten an ihren kulturellen Wurzeln fest. Viele leben in Fachwerkhäusern, einige tragen sogar deutsche Trachten (Lederhose und Dirndl), sind in 16 Schützenvereinen aktiv und in sechs verschiedenen Volkstanzgruppen. Und angeblich hat die Stadt den höchsten Pro-Kopf-Bier-Verbrauch ganz Brasiliens.
    In Pomerode spricht und schreibt man Pommersch. Die Sprache hat sich seit der Auswanderung unabhängig vom Deutschen entwickelt und klingt ziemlich lustig in meinen Ohren. Ein Satz wie »Kommen Sie mal rüber nach München mit ihrer Schürze« hört sich auf Pommern-Deutsch ungefähr so an: »Kommen Sie mal rieber mit ihrer Schierze nach Minchen.« Und viele Wörter werden aus dem Portugiesischen ins Pommersch übernommen. Deshalb heißt der Satz »Wir fahren mit dem Käfer vom Strand bis zum Rathaus« auf Pommersch »Wir fahren mit dem Fuska von der Praia bis zur Prefeiktura«. Außerdem gibt es einzelne Wortkreationen, die ans Englische angelehnt sind. Während wir sagen »Mein Computer ist an den Beamer angeschlossen«, sagt man in Pomerode »Mein Mikro ist angeschlossen an den Data Show.«
    Ich ziehe ins Hotel Schroeder ein, das mit seinem deutschen Familiennamen nicht weiter auffällt, denn nebenan befindet sich der Häusermakler Krause, und ein wenig weiter wohnt die Familie Wege.
    Ich spreche mit der zuständigen Dame vom Touristenbüro, der ich mein Anliegen schildere, und zeige ihr meine Tauschangebote. Sie bietet mir an, sich mit der Vize-Bürgermeisterin der Stadt zu beratschlagen, denn es gefällt ihr, dass jemand aus Deutschland mit den Menschen in Pomerode tauschen möchte.
    Wenig später erklärt sie mir, dass die Vize-Bürgermeisterin der Stadt mein Vorhaben auch spannend findet, so dass ich sogar eine kleine Veranstaltung mit Mikro und Beamer (also per Data Show) abhalten darf.
Der Tauschtraum im Tauschmekka
    Also geht es los: Ich lasse Plakate drucken, die eine Vortragsveranstaltung im Rathaus anpreisen. Auf den Plakaten mit der Aufschrift »Wigges Tauschrausch« sind Fotos aus Afrika, Australien und anderen Schauplätzen der bisherigen Reise zu sehen. Beim Aufhängen der Plakate kommen schon die ersten neugierigen Bewohner auf mich zu und sind begeistert, dass sich jemand aus Deutschland hier präsentiert. Wenig später bekomme ich von Ivone, die im Touristenbüro arbeitet, die Info, dass der deutschsprachige und volksmusiklastige Radiosender der Stadt mit mir ein Interview über den Tauschrausch machen möchte. Kurz danach spreche ich schon zu ganz Pomerode und rufe die Zuhörer auf, zur Veranstaltung im Rathaus (Preifektura) zu kommen. Und der Aufruf scheint zu helfen.
    Zwei Tage später füllt sich der Saal des Rathauses mittauschfreudigen Bewohnern der Stadt. Einige sind sogar traditionell in Trachten gekleidet. Und dann halte ich fast eine Stunde einen bebilderten Vortrag über die bisherige Reise mit allen dazugehörigen Abenteuern.
    Die Leute sind begeistert, so dass ich nach dem Vortrag gleich drei(!) Tauschangebote bekomme. Christian, ein Lederhosenträger, der als Automechaniker arbeitet, bietet mir einen möglichen Tausch mit einem seiner VW Käfer an. Ich bekomme seine Nummer. Dann spricht mich

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