Wigges Tauschrausch
Präsidenten abzuhalten. Ich gehe mit dem Kitschgemälde in mein Apartment und versuche erfolglos, mich mit ihm anzufreunden.
Die letzten Stunden vor meinem Abflug nach Portugal zu Peter nutze ich für einen weiteren Besuch bei einer Wahrsagerin, um mir noch eine kleine Motivation für die restlichen siebzig Tage des Tauschrauschs zu holen.
Ich besuche die Wahrsagerin Lilia Romanova im 23. Stock eines Hochhauses. Eine korpulente Dame um die fünfzig im mystischen Wahrsager-Outfit (Elvis-Presley-Stretchanzug mit Sternspitzen am Ende der Ärmel). Meine Frage ist präzise gestellt: Werde ich es schaffen, in siebzig Tagen ein Haus auf Hawaii zu ertauschen? Lilia befragt ihre Tarotkarten und sagt sofort:
»Sorry, aber mit dem Haus auf Hawaii wird es nichts.«
Wie bitte? Werden Wahrsager nicht normalerweise von ihren Kunden bezahlt, damit sie in einer Lebenskrise irgendwie Hoffnung tanken können, frage ich mich?
Deshalb bitte ich Lilia, ihr magisches Pendel zu befragen. Tarotkarten können sich ja schließlich mal irren. Lilia schwingt ihr Pendel und schaut mich ernst an:
»Wenn du tatsächlich ein Haus bekommen solltest, dann definitiv nicht auf Hawaii!«
Nun merke ich, wie ernst es ihr und ihren kleinen Wahrheitshilfsmitteln mit einer schlechten Prognose für mich ist. Ich erkläre ihr, dass ein Haus woanders keinen Sinn ergibt, da mein Kindheitstraum eindeutig auf Hawaii spiele. Ich bitte sie nun, nachdem sie auch einen kurzen Blick in ihre Kristallkugel geworfen hat, auch noch die magische Metallfeder zu befragen. Lilia hält die Metallfeder in der Hand und wartet, ob sie nach links oder rechts ausschlägt, um so eine Antwort zu bekommen. Die magische Metallfeder hat aber keine Lust, sich für mich zu bewegen und bleibt ruhig in der Mitte stehen. Lilia erklärt mir, dass Stillstand nichts anderes bedeute, als dass 2011 nicht mein Jahr sei und ich es besser 2012 mit dem Haus versuchen solle. Damit ist die Sitzung beendet, und ich mach mich total frustriert auf zum Flughafen Richtung Lissabon.
P ortugal
P eter ist ein 72-jähriger, wohlhabender und recht exzentrischer Mann, der mir unglaubliche Geschichten aus seinem Leben erzählt.
In den Sechzigern tourte er als Backpacker durch Europa. Unterwegs kam er irgendwann mit seiner Gitarre in einen Vorort von Lissabon, in dem sich DAS Hotel des Landes befindet, wo selbst die Könige dieser Welt absteigen. Dem damals Zwanzigjährigen gefiel das, und er entschloss sich, in der Nähe des Hotels eine Zeitlang zu verweilen. So geschah es, dass der junge Peter, der mit Sicherheit ein gut aussehender Mann war, am Strand die Schwester des Königs einer der europäischen Königshäuser kennenlernte. Es kam eins zum anderen, die Königsschwester nahm ihn mit auf Partys und Empfänge, wo sie ihn spaßeshalber als Graf Peter vorstellte. Und dies war auch der Grund, dass eines Tages der Besitzer des besagten Hotels dem »Grafen« Peter anbot, ihn kostenlos in eben jenem Hotel wohnen zu lassen, da er sich natürlich gerne mit dem Adel schmückte. So zog »Graf« Peter ein und saß eines Tages in der Lobby des Hotels, als ein Industriellen-Ehepaar an ihm vorbeikam und die Dame vor ihm stolperte. »Graf« Peter half ihr höflich, die verlorenen Scheinchen und Steinchen aus ihrer Handtasche wieder einzusammeln, was der Anfang einer Freundschaft zwischen »Graf« Peter und demIndustriellen-Ehepaar darstellte. Peter stellte den beiden eines Tages auch den Hotelchef vor, mit dem er, befördert durch seinen vermeintlichen Adelstitel, mittlerweile gute Kontakte pflegte. Aufgrund dieser Bekanntschaft konnte das Ehepaar eines Tages einen großen geschäftlichen Deal mit dem Hotelbesitzer machen. Als Dank dafür, dass Peter den Kontakt hergestellt hatte, erhielt er einen Schuhkarton. Der Inhalt war Anfang der 60er Jahre ziemlich beachtlich: 180000 D-Mark in kleinen Scheinchen. Jetzt konnte »Graf« Peter offiziell für vier Jahre in das Hotel einziehen und seine Unkosten aus dem Schuhkarton unter seinem Bett begleichen. Diese vier Jahre verliefen natürlich alles andere als kleinbürgerlich: Bekanntschaften mit hübschen, wohlhabenden und vielleicht auch adeligen Frauen, tolle Kontakte und ein Leben im Jetset, wie es wohl nicht besser sein kann. So verwundert es nicht, dass die Mutter seiner Tochter ein ehemaliges Model ist.
Warum ich das alles glaube: Ich schaue mir auf »Graf« Peters Anwesen die Fotos zu diesen Geschichten an: Graf Peter Arm in Arm mit dem Model, Graf Peter mit einer
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