Wigges Tauschrausch
europäischen Königsfamilie und so weiter und so fort. Ich befinde mich also im Haus eines weltoffenen, wohlhabenden und faszinierenden Lebemannes, der mir einen Einblick in sein Leben gibt. So erzählt er mir, dass er momentan größere Summen in eine Firma investiert habe, die Schätze sucht und zurzeit mit großem Gerät chinesisches Porzellan aus einem Schiff vor der Küste Borneos birgt, das dort im 15. Jahrhundert im Sturm untergegangen ist. Aus diesem Grund ist auch Peters Anwesen voller »Schätze«. Ich bin hier beim besten Tauschpartner der ganzen Reise gelandet und bereite mich auf den Tausch meines Lebens vor, denke ich.
Also rede ich mit ihm ein wenig übers Tauschen. Zu diesem Thema fällt ihm ein, dass sein Vater im Zweiten Weltkrieg mal einen Tausch gemacht habe. Eine Frau durfte in seiner Familie leben und gab dafür ihre Arbeitsleistung als Haushälterin. Kriegsschauplätze seien überhaupt ein Ort, an dem das Tauschgeschäft blühe. Es gebe aktuell dreißig Kriege und Konflikte in der Welt, und gerade an diesen traurigen Schauplätzen würde am meisten getauscht, meint Peter, schließlich sei der Geldhandel oftmals unmöglich, so dass sich die Menschen oftmals nur noch durch das Tauschen von Gegenständen ihr Überleben sichern könnten. Über den Zusammenhang von Krieg und Tausch habe ich bislang noch nicht nachgedacht. Aber es stimmt. Tauschen kann im Notfall das Überleben sichern.
Nach dieser ersten Plauderei kommen wir zum Tauschgespräch. Ich zeige Peter eine kleine Schatztruhe, in der eine DVD auf einem lila Seidenstoff liegt. Peter wundert sich, was ich ihm da mitgebracht habe, und bittet mich, ihm die DVD vorzuspielen. So sitzen wir vor dem Computer und schauen zu, wie Ina und Marina Peter begrüßen, ihm die Stadt Winniza zeigen und dabei immer wieder lasziv »Peter« ins Mikrofon hauchen. Peter hat Spaß an dem kleinen Gag. Und ich warte ungeduldig darauf, dass er mir etwas zum Tausch anbietet. Ich warte, aber nichts passiert. Schließlich frage ich ihn höflich nach seinem Einsatz.
Peter geht durch das vollgepackte Wohnzimmer, in dem allerhand antike und wertvolle Gegenstände stehen. Er holt eine Bibel aus dem Schrank und bietet sie mir zum Tausch an. Klar könnte diese Bibel einen hohen Wert haben, aber ich habe schon eine 300 Jahre alte Bibel und finde es zu schwierig, historische Bücher weiterzutauschen. Deshalb muss ich passen, nicht ganz ohne Sorge, meinen Tauschpartner damit abzuschrecken.
Ich argumentiere, dass das Video sehr persönlich sei,und natürlich auch viel Arbeit darin stecke, um ihn vorsichtig darauf hinzuweisen, dass ich auf der Suche nach etwas Wertvollerem bin. Peter reagiert verhalten, schließlich bietet er mir eine alte Landkarte an. Aber sosehr ich zusagen möchte, ich hatte mir einfach mehr erhofft und pokere:
»Danke für das tolle Angebot, aber ich muss da passen, ich muss einfach etwas mehr bekommen, wenn ich mein Ziel erreichen will. Vielleicht sollten wir das Ganze einfach abblasen.«
Es entsteht eine Stille im Raum, bei der wir beide uns nicht wohl fühlen. Ich weiß, dass ich mit dieser Aussage vor dem Nichts stehe. Nach Portugal zu fliegen, ohne zu tauschen, wäre eine der größten Niederlagen des bisherigen Tauschrauschs. Doch dann fragt Peter nach, ob ich noch mehr zu bieten hätte. Ich hole das Gemälde von Ruslana, das seit dem Beginn unseres Treffens in seinem Hauseingang steht. Ich erzähle ihm die Geschichte des Geheimtauschs an der Autobahnbrücke und davon, dass Ruslana ein großer Popstar in Europa sei. Peter findet die Geschichte spannend.
Kurz darauf die Erlösung: Er bietet mir eine historische Sonnenuhr aus Elfenbein zum Tausch an, die aus dem 18. Jahrhundert stammt. Diese Sonnenuhr wurde kürzlich vom Auktionshaus Sotheby’s in London auf einen Wert von über 3000 Dollar geschätzt. Wahnsinn! Ich bin überglücklich und falle ihm fast um den Hals. Gemälde plus Video gegen eine historische Uhr, der Deal ist perfekt.
B rasilien
A uf geht es nach Rio de Janeiro, im Gepäck die antike Uhr, die antike Bibel, die Thora und den Reisegutschein. Ganz so, wie ich es mir vorgenommen hatte, werde ich den nächsten Kontinent betreten. Ein Ort, der auf den ersten Blick nicht schöner sein könnte: Copacabana, Ipanema, Sonne, Zuckerhut, hübsche Menschen und so weiter. Ich spaziere an den Stränden entlang, fahre mit der Seilbahn auf den Zuckerhut und stürze mich eine Nacht lang ins Partyleben. Natürlich gehe ich auch auf eine der
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