Wikinger der Liebe
Verwirrt schüttelte sie den Kopf. »Wie könnte ich dich begleiten - nach allem, was geschehen ist?«
Irritiert fuhr er durch sein Haar und zerzauste es. Krysta wollte es aus seiner Stirn streichen. Diesen Wunsch unterdrückte sie nur mühsam.
»Was geschehen ist, entzweit uns nicht. Du bildest dir nur ein, zwischen uns hätte sich etwas geändert.« Prüfend schaute er in ihre Augen. »Oder suchst du Mittel und Wege, um unsere Hochzeit zu verhindern?«
»Nein! Warum traust du mir das zu? Ich denke nur an dein Wohl. In deiner Position musst du eine Lady heiraten, an der kein Makel haftet, nicht einmal ein Hauch von...«
»Von Magie? Sprich’s doch aus, Krysta. Leugne nicht, dass dir dieses Wort auf der Zunge lag. Magie und der ganze Unfug, den man damit verbindet, Kobolde und Elfen und Zwerge, Fabelwesen und Kreaturen, die sich ständig verwandeln, Wechselbälger und Skelkies... So nennt man jene sonderbaren Wesen, halb Robbe, halb Mensch, wenn ich mich entsinne. O ja, du bist eine ausgezeichnete Schwimmerin. Aber ich lag mit dir zusammen, und da warst du eine echte Frau vom Scheitel bis zur Sohle, eine Frau, die meine schönsten Träume übertraf.«
Inmitten der Pelzdecken erhob sie sich auf die Knie, ohne zu beachten, dass die Bewegung das dünne Hemd noch fester an ihren Körper schmiegte. Wie goldene Wolken fiel die Lockenpracht über ihre Schultern, aus ihren Smaragdaugen schienen Funken zu sprühen. »Jenes Erlebnis am Strand musst du nicht erwähnen. Nur zu gut erinnere ich mich daran. Und diese Erinnerung verfolgt mich, denn jetzt weiß ich, was wir nie mehr teilen dürfen - wenn du’s auch nicht wahrhaben willst. Warum sorge ich mich viel mehr um deine Ehre und dein Glück als du selbst? Würdest du mir das erklären - du, der grandiose, weise Hawk of Essex?«
Er zuckte die Achseln, und seine Stimme nahm einen sanften Klang an. »Wahrscheinlich, weil du mich liebst.«
Einer Panik nahe, starrte sie ihn an, und ihr Atem stockte. »Nein!«
»Lass dich von albernen Fantasiegeschichten beeinflussen, wenn’s unbedingt sein muss, Krysta. Aber du solltest nicht lügen.«
»Ich lüge nicht. Ich liebe dich nicht!« Über ihre Wangen rannen heiße Tränen. »Doch - oh, zum Teufel mit dir! Ja, ich liebe dich, obwohl ich dagegen kämpfe. Nun, es spielt keine Rolle. Meine Mutter verlor ich, meinen Vater, mein Heim. Und wenn ich dich verliere, werde ich’s genauso überleben.«
Impulsiv eilte er zu ihr, streckte eine Hand aus und ließ sie sofort wieder sinken, denn er wollte Krysta nicht trösten, sondern herausfordern und den Sieg erringen. »Geht’s nur ums Überleben? Mehr wünschst du dir nicht?«
»Verdammt...«
»Genauso habe ich dich in der Halle verflucht, als du sagtest, du würdest mich nicht heiraten. Aber die Entscheidung liegt nicht bei dir, meine süße Lady. Du wirst mich nach Winchester begleiten, zum König. Dann werden wir sehen, was das Schicksal für uns bereithält.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Dein Halbbruder hat dich mir geschenkt, eine Dienerin, eine Sklavin. Also darf ich mit dir machen, was ich will. Und so wahr ich hier stehe, du wirst mit mir kommen.«
Niemals, Hawk of Essex!
Doch die Worte blieben unausgesprochen. Natürlich, er konnte sie zwingen und zu König Alfred bringen, so wie er Sven nach Sciringesheal geschickt hatte. Sogar in Ketten. Einerseits wehrte sich ihr Stolz dagegen, andererseits erwachte ihre Neugier. Und letzten Endes gab nur ein einziger Gedanke den Ausschlag - sie würde mit Hawk zusammen sein, an seiner Seite den Hof besuchen und Alfred begegnen, dem gelehrten König und großen Krieger, dem Bezwinger der wilden Dänen, der die Hoffnung auf den Frieden stärkte und auf die Liebe.
Nach Winchester! Zur Hölle mit dem Schicksal!
12
Ein lebhafter Wind füllte die Segel der beiden Langschiffe, während sie die Meerenge südlich vom Hafen Hamtun durchquerten. Dort vereinten sich die Flüsse Test und Itchen, gegenüber der rautenförmigen Insel mit dem Kalkfelsen, der sich wie ein Rückgrat über die ganze Breite des Eilands hinweg zog, und der Zusammenfluss verursachte hohe Wellen.
Ausnahmsweise wollte Krysta nicht am Ruder stehen. Sie begnügte sich damit, Hawk zu beobachten. Geschickt manövrierte er das Schiff zwischen der Kiesküste und den Kalkklippen der nahen Insel hindurch. Auf seinem Haar glänzte Sonnenlicht. Wenn er lächelte, hoben sich seine Zähne schneeweiß vom gebräunten Gesicht ab. Er trug kein Hemd, nur seine Breeches.
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