Wikinger meiner Träume
köstliche Mahlzeit einzunehmen, die Cymbra und Magda mit Ryccas Hilfe zubereitet hatten, und Dragons fesselnden Geschichten zu lauschen. Eng umschlungen verträumten die Liebenden die stille Nacht.
Aber während die morgendliche Flut begann und geisterhafter Nebel über dem Wasser schwebte, erklangen laute Stimmen am Kai. Ruder glitten in die Dollen, Segel blähten sich, und zwölf Kriegsschiffe nahmen Kurs auf England.
19
Hawk of Essex blickte aufs Meer. Sekundenlang glaubte er, die Vergangenheit wäre zurückgekehrt. So wie vor zwei Jahren näherte sich eine Wikingerflotte seiner Küste. Er rief nach seiner Gemahlin.
Immerhin war sie eine Norwegerin, und sie wusste die meisten Situationen richtig einzuschätzen. Das hatte sie oft genug bewiesen.
»Würdest du Wolf und Dragon vernünftig nennen?«, fragte er.
Krysta hob ihren Sohn aus der Waschschüssel, in der sie ihn gebadet hatte, und lachte über seine eifrig strampelnden Beinchen. Dann wickelte sie ihn in eine Decke und trat neben ihren Mann ans Fenster. »Sehr vernünftig.«
Die Stirn gerunzelt, schaute er wieder aufs Meer. »Irgendetwas muss sie beunruhigen«, bemerkte er, ergriff sein Schwert und verließ sie Festung, um herauszufinden, was die Brüder Hakonson hierher führte.
Etwas später eilte Krysta mit ihrem Baby in die Halle hinab, wo sie Cymbra und Rycca antraf. Die Frauen umarmten einander, bewunderten Falcon und Lion, und die Festungsherrin erkundigte sich nach der Reise, die glücklicherweise ereignislos verlaufen war.
»Sogar sehr angenehm«, betonte Cymbra.
Aber Krysta ließ sich nicht täuschen, denn sie sah die Schatten unter den Augen der beiden Frauen, die sie wie Schwestern liebte.
Entschlossen, den Kummer zu lindern, winkte sie einige Dienerinnen zu sich, die für die Kinder sorgen sollten - und sie maßlos verwöhnen würden. »Genießen wir die Sauna, bevor sich die Männer darin breit machen.«
Mit Cymbras und Ryccas Hilfe packte sie Badetücher, duftende Seifen und Öle zusammen. Hastig suchten sie die große, in den Hang eines Hügels eingelassene Kammer auf, während ihre Ehemänner eine Besprechung am Kai abhielten. Nachdem sie sich entkleidet hatten, warf Krysta ein paar Holzscheite in den Feuerkasten und goss Wasser auf die erhitzten Steine. Zischend stieg Dampf empor und verströmte Kieferngeruch im schwach beleuchteten Raum.
Wohlig seufzte Rycca und streckte sich auf einer der niedrigen Holzbänke aus. Die beiden anderen folgten ihrem Beispiel.
Ein paar Minuten lang plauderten sie über belanglose Dinge, bis Krysta bat: »Erzählt mir, was geschehen ist - alles. Ich weiß, Hawk hat Wolf geschrieben, welche Sorgen den König bedrücken. Aber warum ankern so viele Drachenschiffe in unserem Hafen?«
»Weil Alfred vielleicht Hilfe braucht«, antwortete Rycca und schilderte, was sie in Landsende erlebt hatte. »Wenn es mich auch beschämt, das einzugestehen - ich fürchte, mein Vater wollte erst mich und dann Dragon töten lassen. Dabei sollte der Eindruck entstehen, ich wäre von meinem Mann ermordet worden. Hätte er diesen tückischen Plan nicht vereitelt, würde das Bündnis in ernsthafte Gefahr geraten - und Alfred müsste um den Thron bangen.«
»Deshalb brauchst du dich nicht zu schämen«, versicherte Cymbra. »In allem, was wirklich zählt, bist du nicht Wolscrofts Tochter.«
»Natürlich nicht«, stimmte Krysta sofort zu. »An seinen Missetaten trägst du keine Schuld. Bedenk doch - mein schwachsinniger Halbbruder versuchte, mich als Hexe zu brandmarken und Hawk meine Mitgift vorzuenthalten. Soll ich mich etwa für seine Dummheit verantwortlich fühlen? Gewiss nicht!«
Cymbra schlang ihr glänzendes Haar um dem Kopf und hielt es mit einem Band zusammen. »Genauso wenig darf man mir verübeln, was meine Halbschwester Daria verbrochen hat. Familienbande können wundervoll sein. Aber manchmal ist es besser, wenn man sich von seinen Verwandten lossagt.« Sie streckte eine Hand nach Rycca aus und lächelte ermutigend. »Außerdem gehörst du jetzt zu unserer Familie, und wir kennen deinen Wert.«
Zu Tränen gerührt, musste Rycca ein paar Mal blinzeln, bevor ihr die Stimme wieder gehorchte. Dank ihrer besonderen Gabe spürte sie die Aufrichtigkeit beider Frauen und liebte sie dafür umso inniger. Nach langen Jahren emotionaler Einsamkeit, nur von ihrem Zwillingsbruder Thurlow getröstet, konnte sie noch immer kaum fassen, dass sie nicht mehr allein war. Aber nun begannen die letzten Zweifel zu schwinden.
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