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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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herumkletterte, um Botschaften zwischen dem Adler, der in der Krone saß, und dem Drachen an den Wurzeln zu überbringen. In solchen Dingen war er schon beinahe so geschickt wie ihr Vater. Es gelang ihm sogar, dem Tierchen ein Lächeln in die Schnauze zu ritzen.
    »Rouwen hat mir seine Medizin aus Salerno geschenkt, und ich habe sie genommen«, erklärte Arien.
    Rúna wusste, dass man Rouwen seine Truhe wieder ausgehändigt hatte. »Und du hattest gar keine Bedenken, sie zu schlucken?«
    »Wieso? Denkst du, er wollte mich vergiften?«
    Sie zuckte mit den Achseln. Natürlich nicht. Trotzdem …
    Arien hob das Eichhörnchen hoch und rieb prüfend mit den Fingern darüber. Dann bettete er es wieder zwischen den gekreuzten Beinen und arbeitete weiter. »Er hat mir Geschichten erzählt. Über Jerusalem. Die Sarazenen behaupten, unter der Stadt würden alle Flüsse der Welt entspringen. Und über die Kirche, die auf dem Grab von Jesus Christus steht …«
    »Oh, bitte, Arien, du lässt dich doch hoffentlich von ihm nicht zum Christen machen? Vater würde sich ins Meer stürzen!«
    Arien prustete. »Aber nein. Rouwen hat erzählt, dass die Pilgerinnen dort die Männer in Ecken zerren und ihre Röcke heben. Damit sie an diesem Ort ein Kind … wie nennt man das? … empfangen. Und während die Leute an den Altären beten, stöhnt es aus allen Ecken und Enden.«
    »Arien!«
    »Er hat auch erzählt …«
    »Lass es gut sein, mich interessieren solche Sachen nicht.« Sie flocht ihren Zopf, rollte ihn auf dem Kopf zu einem Krönchen und steckte es fest. Es war ohnehin an der Zeit, sich für die Übungsstunde fertigzumachen. Sie glitt vom Bett und rüstete sich: Zunächst das gepolsterte ärmellose Wams, dann darüber das Kettenhemd. Das Gewicht fühlte sich angenehm und zugleich wie ein Versprechen an, sich bald bis aufs Äußerste anzustrengen und zu schwitzen. Sie streifte sich eine Auswahl silberner Reife über die Arme, denn zu einer Kriegsherrin gehörte solche Pracht. Zuletzt der Silbergürtel mit Falkenkralle, ihrem Schwert.
    »Ich sehe zu«, verkündete Arien.
    »Von mir aus.«
    Sie schritt die Treppe hinunter, durchquerte den Windfang des Langhauses und trat in die Helligkeit eines weiteren strahlenden Frühlingstages. Wenn die Sonne am höchsten stand, so hatte sie Rouwen angewiesen, solle er sich bereithalten.
    Nach seinem Schwur hatte sie ihn erneut aufgefordert, sie im Schwertkampf zu unterrichten. Und, wie sie es erhofft hatte, hatte er sich nicht mehr geweigert. Schließlich war er jetzt Baldvins Schwertmann.
    Sein finsterer Blick, mit dem er sie auf dem Dorfplatz empfing, sagte allerdings deutlich, was er davon hielt.
    Man hatte ihm seine Stiefel zurückgegeben. Dazu eine neu gewebte hellbraune Tunika, die seine südländische Bräune unterstrich. Baldvin hatte ihn sogar ausgezeichnet, indem er ihm einen Silberarmreif geschenkt hatte. Den trug er jedoch nicht. Stattdessen wieder das Silberkreuz, das man ihm auf dem Schiff genommen hatte.
    Trotz der schlichten Kleidung strahlte er eine erstaunliche Präsenz aus. Rúnas Blick schien von seinen leuchtenden Augen gefangen genommen zu werden. Mit aller Gewalt riss sie sich davon los und befingerte umständlich ihren Gürtel, bis sie endlich Falkenkralle gezogen hatte. Er trug keine Waffe – dieses Zugeständnis hatte Baldvin ihm noch nicht machen wollen. So war es Sverri, der auf Rúnas Wink hin herantrat und ihm sein Schwert mit dem Griff voran reichte.
    Rouwen nahm es; er nickte Sverri zu, der die Geste erwiderte. Einige Männer hatten sich hergesellt, und auch zwei Frauen stellten ihre Körbe mit Schmutzwäsche ab, setzten sich darauf und begannen erregt miteinander zu tuscheln. Sogar eine Sklavin wagte es, stehenzubleiben, um dem, was kam, zuzusehen.
    Rúna vermied es, nach Yngvarr Ausschau zu halten.
    »Odin! Thor!«, schrie sie und stürmte auf Rouwen zu. Wie erwartet fing er ihren Hieb mühelos ab. Die scharfe Klinge seines Schwertes prallte gegen ihre, und sie spürte die Erschütterung im ganzen Körper.
    »Ich werde dich nicht schonen, Rúna. Ich werde dir alles abverlangen.«
    »Das solltest du auch.«
    Mit einer geschickten Drehung sprang sie zurück, wirbelte um die Achse und drang, Falkenkralle mit beiden Händen haltend, erneut auf ihn ein. Mühelos fing er mit Sverris Klinge den Hieb auf.
    »Du solltest vielleicht weiter schreien. Deine Schläge allein sind wenig beeindruckend.«
    »Odins Raben sollen vom Himmel stoßen und deine freche Zunge

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