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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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Ferne aus ihr werden? Dass es nicht leicht werden würde, hatte ihr der Ausflug nach Eastfield gezeigt. Für Frauen, die mit dem Schwert umgehen konnten, hatte die christliche Welt keine Verwendung. Als Frau musste sie niedere Arbeiten tun oder einen Mann finden. Aber wie sollte sie den finden, da ihr Herz vergeben war? Also würde sie auf den Hjaltlandinseln bleiben, Yngvarr zum Mann nehmen, dem Vater eine gute Tochter sein und dem Stamm eine gute Führerin.
    Und sie würde Rouwen vergessen.
    Sie starrte auf die See hinaus, auf die unendliche schwarze Fläche und den nicht gar so schwarzen Himmel mit seinen unzähligen Sternen. Sie lauschte auf das rhythmische Rauschen und das Rascheln der Gräser und des Schilfs im Wind.
    Ich könnte ihn nie vergessen.
    Ich will ihn. Ich brauche ihn!
    Könnte sie doch nur diese unsinnige Angst um sein Seelenheil aus seinem Herzen verbannen! Aber wie, wenn es ihr schon nicht gelungen war, ihn zu verführen? Bliebe ihr etwa nur, ihn mit dem Messer an der Kehle zu seinem Glück zu zwingen? Ja, sobald er sich ihr unterworfen und ihr gegeben hatte, was sie so sehnlichst verlangte, würde er sich in sein Schicksal fügen. Dann vielleicht sogar begreifen, dass es besser war, und seine lästige Mönchsvergangenheit abwerfen …
    Aber konnte ein Mann überhaupt zum Liebesakt gezwungen werden?
    Unsinn, alles Unsinn .
    Sie meinte Schritte zu hören. Oder war es nur ein Tier, das hinter ihr im Schilf raschelte? Nein, der hochgewachsene Schemen eines Mannes kam auf sie zu. Im ersten Augenblick glaubte sie, es sei Yngvarr. Er hatte ihr und Rouwen gelauscht und wollte sie jetzt zur Rede stellen. Oder ihr auf andere, unmissverständliche Art zeigen, zu wem sie gehörte.
    Sie fasste an ihre Seite und stöhnte leise. Natürlich, sie war immer noch unbewaffnet. Sie machte sich zum Aufspringen und Fortlaufen bereit. Da erkannte sie ihn – es war Rouwen. Rouwen! Er suchte sie. Er kam zu ihr. Sie unterdrückte das Verlangen, ihm entgegenzulaufen, und richtete sich kerzengerade auf.
    »Rúna?«
    »Ich bin hier.«
    Sein Schatten wuchs über ihr auf. Ihre Nasenflügel blähten sich – sie nahm den schwachen Hauch von männlicher Begierde wahr, die noch an ihm haftete. Falls sie sich das nicht einbildete. Sie rückte ein Stück beiseite, damit er sich zu ihr auf den Stein setzen konnte. Als seine Hüfte gegen ihre drückte, musste sie sich beherrschen, sich nicht an ihn zu lehnen.
    »Ist dir unter deinem Umhang nicht kalt?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Das erstaunt mich immer wieder. Du hast auch nichts an den Füßen, oder?«
    »Nein.«
    Er rieb sich über die Unterarme. »Es tut mir leid, dass ich so grob zu dir war.«
    Sie hielt den Atem an. Doch er schwieg.
    »Rouwen«, murmelte sie. Wäre es hell, so könnte er gewiss sehen, dass ihr Gesicht rot angelaufen war. »Ich weiß nicht, was da über mich gekommen ist.« Eigentlich weiß ich das ganz genau . »Es hätte … nicht …«
    »Schon gut, Rúna. Schon gut. Du kannst das alles nicht wissen.«
    »Was ein Mönch ist, weiß ich durchaus.«
    »Nein, ich meine …« Er legte die Unterarme auf die Knie, ließ den Kopf hängen, sodass sie am liebsten in sein Haar gefasst und ihn sanft gestreichelt hätte. »Du hast etwas gesagt, das mich an meinen Vater erinnerte. Es waren ganz genau die gleichen Worte.«
    Sie überlegte, was sie gesagt hatte. »Dass du … kannst? Etwas kannst?«
    »Ja.«
    »Was denn, bei Thor?«
    »Na, ein Mönch werden!« Er warf die Hände hoch und ließ sie auf die Schenkel klatschen. »Ich war zehn Jahre, in einem Alter, in dem man längst hätte Knappe sein sollen. Mein Vater wollte mich zu einem befreundeten Adligen schicken, um bei ihm das Ritterhandwerk zu erlernen. So ist es ja üblich. Mit ihm wäre ich auf Turniere und in Schlachten gezogen. Ich hatte noch zwei ältere Brüder, die in jenem Jahr gestorben waren. John bei einem Turnier, und Cyneward erlag einem Fieber. Ihr Tod hatte meinen Vater zu einem harten Mann und meine Mutter zu einer ängstlichen, stillen Frau gemacht. Gott sollte versöhnt werden, und zwar mit dem Jüngsten, Aelfred. Er sollte ins Kloster gehen. Er war dafür auch wie geschaffen; er war mit schwachen Beinen gestraft, aber mit einem hellen Kopf gesegnet. Den lieben langen Tag hielt er sich in Vaters Bibliothek auf.«
    Sie fragte sich, ob Rouwen zuvor jemals so viel gesprochen und seine Stimme je so wehmütig und weich geklungen hatte. Er musste seinen kleinen Bruder sehr geliebt haben.
    Täuschte sie

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