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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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Denk nicht daran , ermahnte sie sich. Nicht jetzt. Die Zeit der Rache kommt schon noch …
    »Glotz nur, Mönch«, sagte sie kalt, mit einer Stimme, die sie kaum als die eigene erkannte. »Ich verspreche dir, bevor diese Sache vorbei ist, werde ich dich töten.«
    »Daran bist du schon einmal gescheitert«, sagte er ruhig. Sein Mundwinkel hob sich zu einem Lächeln, das kaum wahrnehmbar war und doch sehr höhnisch wirkte. »Und deine Mutter sagte einst ganz ähnliche Worte.«
    Rúna spürte, wie sich Tränen der Wut hinter ihren Augen sammelten. Sie schluckte sie mit aller Macht herunter.
    Oxnac wandte sich ab und ging weiter. Der Wächter stand auf, ordnete seine Hose und klopfte sich umständlich den Staub von den Knien. Das Erscheinen des Mönchs hatte ihre Lust anscheinend erkalten lassen. Oder vielleicht fehlte ihnen auch einfach die Zeit.
    »Hoch mit dir, Mädchen«, sagte der Kahlschädelige. »Wir bringen dich zu deinen Leuten, wie ich es dir sagte.«
    Zögernd erhob sie sich. Mit der linken Hand hielt sie den Riss zusammen; die rechte erhob sie warnend.
    »Keine Angst, du hast uns genug Kratzer zugefügt.« Er versuchte sich an einem Lächeln, das wohl ehrlich wirken sollte.
    Die Männer fassten sie nicht an, als sie die Kammer verließen. Rúna erwartete, nach unten geführt zu werden. Doch es ging hinauf. Am nächsten Treppenabsatz gab es drei weitere Türen. Ihr wurde zusehends unbehaglicher zumute, als sie an diesen vorbei noch weiter hinauf gebracht wurde. Dort oben warteten schwerlich ihre Leute – wollte man sie etwa von den Zinnen stürzen? So weit oben roch es nach den Hinterlassenschaften von Vögeln und Fledermäusen. Schwalbennester klebten in den Ecken. Eine schwere Falltür war am Ende der Treppe geöffnet; kühler, würziger Frühlingswind wehte herein. Rúna betrat die Plattform des Turms. Die Felswände umschlossen die Burg wie eine gewaltige schwarze Schale, bis auf eine Öffnung, die den Blick auf die fernen Berge freigab. Die Nacht hatte sich über das Land gelegt. Hier und da sah man ein Licht aufblitzen, klein wie ein Stern; dort befanden sich wohl die Dörfer, die es in der Nähe einer so belebten Burg geben musste. Der Hohlweg, der zum äußeren Tor führte, lag dunkel und verlassen.
    Mehrere Gerüstete standen an den Zinnen. Einer von ihnen kam nun auf sie zu. Auch er war schwer bewaffnet, doch als einziger trug er über dem Kettenhemd eine bodenlange Tunika aus kostbaren Brokat mit silbern bestickten Borten. Sein Schwertgürtel war mit silbernen Nieten besteckt. Als er vor Rúna trat, legten ihre Bewacher die Hände um ihre Oberarme.
    »Wie ist dein Name?«, fragte er.
    Sie schwieg.
    »Du bist Baldvin Baldvinssons Tochter«, sagte er ihr auf den Kopf zu. »Du kannst es ruhig zugeben. Eine Brieftaube hat mir verraten, dass er kommt.«
    »Mein Name ist Rúna Baldvinsdottir.« Sie hob stolz den Kopf.
    »Rúna … Wie geht es Lady Athelna?« Er sah sie fordernd an, und sein großer, hagerer Leib spannte sich. Der Wind fuhr durch seine roten Haare, in denen sich hellgraue Strähnen zeigten, und ließ sie wirr abstehen. Sein Gesicht war von harten Falten durchzogen, die vielleicht die Sorge hineingetrieben hatten. War er etwa … Ian MacCallum? Athelnas Vater? Aber das war ja unmöglich, dieser befand sich in Eastfield. »Wer seid Ihr?
    Er gab ihr augenblicklich die Antwort. »Ich bin Wulfher von Edinburgh, Athelnas Verlobter.«
    Sie schluckte. Athelna war einem Mann versprochen? Diesem Mann? Sie stöhnte beinahe auf. Welch ein Unfug es doch im Nachhinein war, zu vermuten, Athelna und Rouwen könnten sich ineinander verliebt haben …
    Er schien ihre Miene falsch zu deuten. »Ja, ich weiß, dem Alter nach könnte ich ihr Vater sein«, sagte er. »Aber das ändert nichts daran, dass ich sie über alles liebe. Und sie mich. Oder hat sie je etwas anderes verlauten lassen?«
    Zögernd schüttelte Rúna den schmerzenden Kopf. Sie konnte sich nur einen Grund vorstellen, warum Athelna ihren Verlobten nie erwähnt hatte: um ihn zu schützen.
    »Trägt sie noch die Hülse?«
    »Die … Hülse? Was meint Ihr damit?«
    »Ein silberner Anhänger, etwa so groß.« Wulfher hielt einen kleinen Finger in die Höhe.
    Ja, sie hatte eine solche Silberkette an Athelnas Hals gesehen. Die Christin hatte den Anhänger häufig umklammert. »Ja, das tut sie«, antwortete Rúna daher. Sie konnte sich nicht verkneifen zu fragen: »Was ist darin?«
    »Ein Minnelied, das ich ihr schrieb.«
    Ihr wurde noch elender

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