Wild (German Edition)
ein paar Dinge zu klären«, sagte ich. »Sie haben angedroht, dass sie noch mal mit mir reden.«
Es war noch nicht vorbei. Dr. Mozart hatte mich nur gehen lassen, weil er auf diese Weise an seine Antworten kommen wollte, und er hatte es eilig.
»Oh, da sind sie schon«, meinte Moon mit einer Spur Eifersucht in der Stimme. »Du bist ja fast eine Prominente, Pi, wer hätte das gedacht?«
Eine Gruppe wichtig aussehender Leute marschierte über den Schulhof. Überall, wo sie vorbeikamen, brandete Applaus auf.
»Sie ist es!« Moon keuchte plötzlich auf. »Truth Mozart. Frühlingswetter, sie kommt selbst!«
Die erfolgreiche Designerin höchstpersönlich, flankiert von graugekleideten Herren sowie einer Dame, die ich schon von weitem als Happiness Zuckermann erkannte. Das Kichern und Kreischen der Mädchen breitete sich wie eine Welle aus. Die Frau des Ministers wirkte heute ganz anders als gestern, von einer freundlichen und zugleich distanzierten Höflichkeit. Man sah ihr die Tränen nicht an. Lächelnd nahm sie die Huldigungen ihrer Fans entgegen und schrieb Autogramme.
Der ganze Auftritt schien mit mir überhaupt nichts zu tun zu haben.
Die Pausenklingel rief uns nach drinnen, aber natürlich kümmerte sich niemand darum. Erst als die Lehrer nach und nach auftauchten, um ihre außer Rand und Band geratenen Schüler in die Klassenzimmer zu holen, löste sich die Menge auf. Folgsam trotteten wir hinter Gandhi her, der einen Moment wartete, bis sich alle beruhigt hatten, und dann das Ergebnis unserer Gruppenarbeit verkündete.
»Moon und Peas haben gewonnen«, sagte er. »Nach einer kurzen Beratung mit den anderen Lehrern wurde ihrem gemeinsamen Vorschlag, für die Außenwand der Glückshalle ein sanftes Aprikosenorange zu verwenden, der erste Preis verliehen.«
Charity meldete sich. »Worin besteht denn der erste Preis?«
»In einem persönlichen Treffen mit Truth Mozart, die zum Komitee der Verschönerung unserer Glückshalle gehört«, erklärte Gandhi.
Vor Begeisterung klatschte Moon in die Hände. Es kam mir kindisch und albern vor, aber ich lächelte und versuchte, Freude zu heucheln.
»Ich bringe euch hin«, kündigte Gandhi an. »In der Zwischenzeit bearbeiten die anderen schon einmal Seite dreiundzwanzig.«
Im Flur war es still. Moons Absätze klackerten auf dem Boden. Das war neu. Früher hatte sie eigentlich nie so hohe, lärmende Schuhe getragen. Ich sah sie von der Seite her an und dachte an Savannah und ob es Frau Mozart nicht aus der Fassung bringen würde, einem Mädchen gegenüberzusitzen, das aussah wie ihre Tochter. Damit rechnete sie bestimmt nicht.
Allerdings wusste Happiness Bescheid über die Ähnlichkeit. Hatten sie Moon am Ende absichtlich mit mir zusammen für diese Ehrung ausgewählt?
»Zuerst du, Moon«, sagte Gandhi, als wir an der Tür zur Aula stehenblieben. Ein graugewandeter Herr stand draußen herum und schien sich für alles zu interessieren außer für uns.
»Dürfen wir denn nicht zusammen rein?«, zwitscherte Moon.
Gandhi schüttelte den Kopf. »Sie machen es lieber nacheinander, damit jedem von euch die volle Aufmerksamkeit zuteilwerden kann.«
Ich konnte einen raschen Blick in die Aula werfen, als die Tür sich öffnete. Die grauen Herren saßen am Fenster, Truth Mozart wie eine Schülerin auf der Bühne, sie ließ die Beine lässig über die Kante baumeln. Wie eine gute Freundin.
Der umherspähende Wächter machte mich nervös, daher war ich einverstanden, als Gandhi vorschlug, drüben am Kaffeeautomaten zu warten.
»Du musst etwas besser darauf achten, wie du dich gibst, Peas«, sagte er mit gedämpfter Stimme, während die schlammbraune Flüssigkeit in den Becher tropfte.
»Was?«
»Du benimmst dich anders als sonst. Deine Blicke. Wie du sprichst. Wie du gehst.« Er zählte seine Einwände gegen mein Benehmen hastig auf, was mir einerseits klar machte, wie sehr die Zeit drängte, andererseits eine Rückfrage in mir entstehen ließ, mit der er wohl nicht gerechnet hatte: »Und Sie?«
Er schüttelte den Kopf. Schlagartig nahm sein Gesicht wieder den üblichen amüsierten Ausdruck an. »Um mich geht es hier nicht, danke der Nachfrage. Ich kann nicht mehr tun, als dich zu warnen. Spiel mit. Spiel besser. Ich bin davon überzeugt, dass du das kannst.«
»Peas Friedrichs?«, rief der Wächter laut über den hallenden Korridor. »Du bist dran.«
Moon schwebte aus der Aula, ein verzücktes Glänzen in den Augen.
Ich nahm mir Gandhis Rat zu Herzen – über
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