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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Kannst bei mir mit reingucken.«
    Doch, jetzt. Lucky blickte über seine Schulter und blinzelte mir zu.
    »Pi? Hier spielt die Musik. Versuch wenigstens, mitzumachen.«
    Es war alles wie immer. Moon, lachend, strahlend wie ein Sommertag am See, wie das Licht auf den Wellen. Glück ging von ihr aus, und in der Freundlichkeit und Barmherzigkeit, mit der sie mich überschüttete, lag kein Groll. Keine Schatten von Hass und Verrat und von jener Nacht, in der Star gestorben war. Sie behandelte mich wie immer – wie die kleine dumme Freundin, die nichts auf die Reihe bekam.
    Lucky blödelte mit Merkur herum. Es fiel mir schwer, ihn nicht die ganze Zeit zu beobachten.
    »Du erinnerst dich aber schon noch an alles?«, fragte ich Moon, obwohl wir uns eigentlich mit der Wirkung von Farben beschäftigen sollten und Gandhi in etwa einer halben Stunde Vorschläge für die Verschönerung der Glückshalle erwartete.
    »Ja«, antwortete Moon, während sie die Farbblätter auf dem Tisch in eine Reihe legte. »Das da, was meinst du? So ein sanftes Aprikosenrosa. Das beruhigt das Gemüt.«
    »Moon«, versuchte ich es noch einmal. »Was ist passiert, nachdem Orion und ich durchs Tor gelaufen sind? Was haben sie mit euch gemacht?«
    »Was schon?«, fragte sie. »Herr Stiller und Frau Zuckermann haben uns zurückgebracht. Wir haben unsere Glücksgabe bekommen, und jetzt geht es uns wieder gut. Wir sind glücklich. Sie haben uns ein spezielles Medikament gegeben, um zu verhindern, dass das Erlebnis der wilden Gefühle auf die nächste Generation überspringen kann. Daher dürfen wir nicht darüber reden, sonst nimmt man uns aus dem Partnerprogramm.«
    »Das ist Schwachsinn«, sagte ich. »Wilde Gefühle werden nicht vererbt. Nur das Menschsein.«
    »Hör auf, Pi. Lass uns arbeiten.«
    »Moon.« Ich konnte nicht aufhören. Wie denn? Wie konnte ich so tun, als sei nichts passiert? »Du hast Gefühle, selbst jetzt noch, sonst hättest du keine Angst vor den Konsequenzen, oder?«
    Gandhi tauchte vor unserem Tisch auf. »Alles in Ordnung?«
    »Natürlich.« Moon lächelte ihn an, ihr Blick konnte Herzen zum Schmelzen bringen. »Ich habe die absolut passende Farbe für die Außenwand. Sehen Sie selbst!«
    In der Pause versuchte ich mit Lucky zu reden. Es war unmöglich, denn Moon ließ sich nicht abschütteln. Sie tänzelte um mich herum, gnadenlos aufgedreht. Der Verdacht kam mir, ob man irgendwas an ihrer Dosis geändert hatte – oder hatte ich bloß vergessen, wie anstrengend sie war? Hatte meine graue Wolke, die alles gedämpft hatte, auch Moons albernes Getue erst erträglich gemacht?
    Lucky stand herum, grinste, drehte sich nach allen Mädchen um, die in der Nähe waren. Zwinkerte mir mehrmals zu. Er sprach wenig, und alle meine Versuche, das Gespräch auf unsere Flucht zu bringen, blockte Moon sofort ab. Keiner der beiden fragte nach Orion. Keiner wollte wissen, wie es mir in der Wildnis ergangen war, wie es dort wirklich war, und sie winkten auch ab, als ich meine Rückkehr schildern wollte. Das Einzige, was Moon faszinierte, war meine megacoole Kids-for-freedom-Ausstattung. Sie sprang fast in die Luft, als ich beiläufig erwähnte, dass ich Truth Mozart begegnet war.
    Eine weinende, verzweifelte Frau, die von mir wissen wollte, ob ihre Tochter noch lebte.
    »Das haben die mir geschenkt«, sagte ich. Sie wollten nichts wissen? Gut, dann würde ich eben nichts erzählen. »Weil ich quasi verlorengegangen war.«
    »Hast du ein Autogramm gekriegt?« Moon hakte sich bei mir unter, zog mich weiter auf den Schulhof, fort von Lucky, der die Gelegenheit nutzte, um einer Gruppe kichernder Mädchen zu folgen.
    »Nein, aber wenn ich wieder Besuch von … von den Beamten bekomme, kann ich ja danach fragen.«
    »Warum solltest du Besuch bekommen? Du bist ja wieder da. Wir leben einfach weiter, wie vorher.«
    Hörte ich Verzweiflung in ihrer Stimme? Das musste ein Irrtum sein. Moon war randvoll mit Glück. Nein, korrigierte ich mich, mit dem, was man hier für Glück hielt. Mehr war es nicht. Eine billige Zufriedenheit, ein albernes Grinsen. Es war nicht echt.
    Erstaunlicherweise wäre mir die Moon aus unserer Fluchtnacht, die hasserfüllte, zornige Moon, lieber gewesen als diese eifrige Freundin. Dann lieber die Verräterin. Es hatte mich erschreckt, es war gewesen, als würde ein Teil von mir sterben. Aber diese Moon, die Liebenswürdigkeit in Person, war bloß eine Schauspielerin, die sich künstliche Tränen an die Wangen klebte.
    »Es gibt noch

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