Wild (German Edition)
das Gerät. »Was ist das denn für eins? Der neueste Schrei?«
Der dunkle Typ mit den feindseligen Augen trat näher und streckte die Hand danach aus, dann trabte er mitsamt Orions Tom los und verschwand hinter den Bäumen.
»Jakob legt eine falsche Spur«, erklärte der Bärtige knapp. »Wir müssen rasch hier weg. Ich werde euch noch befragen, aber nicht hier, wo sie uns sofort finden würden. Was hast du da im Rucksack?«
»Zwei Wasserflaschen. Feuerzeug. Messer. Willst du alles sehen?«
Der Mann musterte Orion kritisch, und ich wartete gespannt darauf, ob es einen Streit wegen der Messer geben würde. Aber der Fremde zog nur die Brauen hoch. »Etwas, womit man uns orten könnte? Weitere Toms?«
Orion und ich schüttelten verdattert die Köpfe.
»He, ihr.« Er wandte sich an die Kriminellen in den dunklen Kleidern. »Hat man euch was gespritzt? Wart ihr bewusstlos? Irgendwelche Armbänder oder Fußfesseln?«
Rightgood zuckte verwirrt mit den Achseln, die beiden anderen Männer, die immer noch Abstand hielten, taten, als hätten sie nichts gehört.
»Also was?« Der Wilde ließ keinen Zweifel daran, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war. »Ja oder nein? Verdammt, ich werde die Jäger nicht direkt in unser Lager führen. Zeigt her.«
Er wandte sich an Rightgood und unterzog ihn einer kurzen Untersuchung. »Keine verdächtigen Gegenstände. Haben sie dir was injiziert? Wurdest du betäubt?«
»Nein«, sagte Rightgood. »Nicht dass ich wüsste.«
»Gut.« Der Blonde trat auf die beiden Kriminellen zu. Der eine, ein junger, hagerer Typ, begann hysterisch zu kichern, als er am Kragen gepackt wurde und unser neuer Freund seinen Nacken betrachtete, ihm danach die Ärmel hochschob und über seine Brust und seinen Rücken tastete.
»Fass mich nicht an!«, knurrte dagegen der Zweite, ein Mann von vielleicht Mitte dreißig, ein nicht sehr großer, dafür bulliger Kerl mit einem Gesicht, für das seine Eltern vermutlich nicht viel bezahlt hatten. Falls doch, hatte man sie jedenfalls betrogen.
»Nun mal ganz ruhig«, gebot der Bärtige. »Wenn wir euch mitnehmen, müssen wir sichergehen.«
»Ich hab nicht vor, mich mitnehmen zu lassen.« Die Faust des Neustädters schnellte vor, so unvermittelt, dass ich erschrocken aufschrie. Dennoch erwies sich der Wilde als mindestens ebenso schnell. Er wich dem Schlag aus und warf sich auf den Verbrecher, der ihn nach einem kurzen Gerangel zu Boden zwang.
Die ganze Zeit über hüpfte der hysterische Typ kichernd auf und ab. »Ja, gib’s ihm! Schlag zu! Gib’s ihm!«
Besorgt beobachtete ich den Kampf.
Orion stand auf. »Das kann ich mir nicht länger ansehen.«
Er fackelte nicht lange. Den Schläger von dem Bärtigen fortzureißen, war das Werk von ein paar Sekunden, dann schleuderte er ihn mit einem gezielten Kinnhaken in die nächstgelegene Schlammpfütze.
Der blonde Wilde rappelte sich bereits wieder auf.
»Alles klar, Mann?«, fragte Orion.
»Ich hätte Jakob nicht wegschicken dürfen.« Er klang wütend, aber vor allem auf sich selbst. »Ihr saht nicht so aus, als würdet ihr Schwierigkeiten machen.« Finster funkelte er den hageren Burschen an, der aufgehört hatte, herumzuhopsen. »Dir haben sie ’ne Überdosis verpasst, was?« Er schüttelte den Kopf und wandte sich Orion zu. »Ich bin Helm von den Damhirschen. Wir müssen los. Es ist gefährlich, diese Typen hier frei herumlaufen zu lassen, aber wir können sie nicht mitnehmen, wenn sie nicht kooperieren. Haltet die Augen offen. Wenn ihr merkt, dass sie uns nachschleichen, sagt sofort Bescheid.« Er schätzte uns kurz ab und gab dann die Marschordnung bekannt. »Ich gehe voran. Dann kommst du, Mädchen, dann du, und unser Krieger hier bildet das Schlusslicht. Alles klar? Los geht’s.«
Helm ging schnell, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass wir uns stundenlang durch den Sumpf gekämpft hatten. Ein Teil von mir wollte aufbegehren, verlangte Erklärungen, wollte wissen, wohin er uns brachte, aber ein anderer, müde und verwirrt von den vielen neuen Eindrücken, mochte gar nichts hören. Es gab genug zu sehen und zu riechen und zu fühlen, und meine Sinne waren so durcheinander, dass ich kaum Gelegenheit dazu hatte, mich zu fürchten.
Wir marschierten durch ein lichtes Waldgebiet, über unebenen Boden voller Stolperfallen. Weit und breit gab es keinen Weg, geschweige denn eine Straße. Meine Schuhe waren durchweicht und schlammverkrustet und eigentlich hätte es mir unmöglich sein sollen, überhaupt
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