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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Glauben nicht kaputtmachen, du Ochse. Vielleicht haben diese Kinder eine große Bestimmung.«
    »Ja, zum Beispiel die, uns zu vernichten.« Jakob hätte uns wohl lieber gleich hier im Wald ausgesetzt.
    »Wie viele Ersatzklamotten haben wir im Versteck?«, fragte Helm, und ich war froh, dass er das Thema wechselte. »Leider ist der Junge zu groß und das Mädchen zu klein. Aber der Saboteur muss die Gefängniskleidung ablegen, falls die Wächter einen Sender eingenäht haben.«
    »Kein Problem«, beeilte Rightgood sich zu sagen, obwohl es ihm sichtlich unangenehm war. Mit Helm zusammen verschwand er hinter den Bäumen.
    Der übriggebliebene Wilde fixierte uns misstrauisch, trotzdem wagte Orion ein Lächeln. »Ersatzschuhe habt ihr nicht zufällig dabei?«
    »Jemand wie du kostet eine Stange Geld«, sagte Jakob. »Und die Kleine da … ein drittes Kind, das die Regs am System vorbeigeschleust haben?«
    »Regs?«, fragte ich. »Meinen Sie die Leute von der Regierung?«
    Seine dunklen Augen schienen mich zu durchleuchten. Der Mann machte mich nervös. Er sorgte dafür, dass ich mich schuldig fühlte, obwohl ich nichts getan hatte.
    »Keine Sorge, ich hab mit denen nichts zu tun. Meine Eltern haben bloß nicht genug Geld gehabt. Mein Vater arbeitet beim Bio-Institut, meine Mutter ist Malerin. Sie ist richtig hübsch, und daher haben sie gedacht, aus mir würde auch ohne genetische Behandlung etwas werden.«
    Meine Stimme war gefährlich nahe daran, zu zittern. Ich wusste selbst, dass aus mir bloß eine Enttäuschung für meine Eltern und die Gesellschaft geworden war. Andere erkannten das auf einen Blick. Immer. Dass Orion jede Menge Kohle und ich gar nichts gekostet hatte.
    »Diese Leute … von der Regierung, meine ich.« An das Wort »Regs« musste ich mich erst gewöhnen. »Die kriegen keine Glücksgaben, oder?«
    Orion schnappte nach Luft, doch Jakob nickte. »So ist es. Das würden sie ihren eigenen Kindern nicht antun.«
    Ich schob meinen Ärmel hoch. Wir bekamen die Welle in den Oberarm, und immer wenn die übliche Stelle sich entzündete oder zu empfindlich wurde, hatte Dr. Händel den Einstich versetzt angebracht. Von der Wanderung der unzähligen Spritzen über meine Haut hatte ich einen geröteten Kreis davongetragen.
    Jakob kam näher und kniete sich neben mich ins Gras. Er berührte mit den Fingerspitzen die wunde, geschwollene Stelle. Ich vertrug weder den Inhalt meiner Glücksgaben noch die Nadel besonders gut.
    Er ließ sich nicht anmerken, was er dachte, aber als er sich aufrichtete, lag etwas anderes in der Luft als vorher. Wenn es nicht völlig absurd gewesen wäre, hätte ich gedacht, dass er traurig war.
    »Wir müssen weiter«, sagte er schroff.

19.
    Irgendwie gelang es Orion, den Schuh über seinen geschwollenen Fuß zu zerren. Rightgood, dessen Wangen brannten, trug nun ebensolche grauscheckigen Kleider wie die beiden Wilden. Müde trotteten wir drei Neustädter hinter Helm her, während Jakob nun das Schlusslicht bildete.
    Ich dachte an die beiden Kriminellen, die wir am Sumpfgebiet zurückgelassen hatten, an ihre Wut und ihr wahnsinniges Gelächter. Wenn ich ehrlich sein sollte, hatte ich damit gerechnet, dass es in der Wildnis von solchen verrückten, angriffslustigen Kreaturen wimmelte, die sich auf jeden Fremden stürzten, um ihn mit Zähnen und Fingernägeln zu zerreißen. Dagegen waren Helm und Jakob erfreulich normal. Sie waren nicht wie die Leute in Neustadt, nicht so freundlich und glücklich lächelnd, doch irgendwie gefielen sie mir, selbst Jakob.
    Wieder marschierten wir stundenlang, bis es schließlich so dunkel war, dass wir kaum unseren Vordermann erkennen konnten. In dieser Nacht gab es weder Sterne noch einen Mond, der Himmel war bedeckt und der Wind roch nach nasser Erde. Helm befahl uns, kein Geräusch zu machen, erklärte noch einmal, dass es kein Feuer geben würde – als hätte einer von uns damit gerechnet –, und teilte Planen aus, in die wir uns einwickeln sollten. Sie hielten die Nässe ab, die aus dem Boden aufstieg, und schützten ein wenig gegen die Kälte. Gemütlich wurde es trotzdem nicht. Ich fühlte mich krank und schmutzig und so elend, dass mir alles egal war. Wir gönnten uns ein paar Schlucke aus der Flasche, knabberten an unserem Brot und wickelten uns dann nach Helms knappen Anweisungen in die Plane. Jakob hielt Wache. Ich wusste nicht, ob er uns immer noch misstraute oder ob er uns vor Gefahren schützen wollte, die in der Dunkelheit lauerten. Was

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