Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
zu gehen, so sehr schmerzten mir die Füße. Doch ich beklagte mich nicht, denn ich wollte auf jeden Fall vermeiden, dass Helm mich hier in der Wildnis zurückließ, wie die beiden Typen am Sumpfrand. Zweige und hohe Gräser streiften mich. Blätter kratzten mir über die Haut, es kribbelte auf meiner Kopfhaut, vielleicht Dreck, vielleicht Schlimmeres. Etwas summte in meinen Ohren, und ich hielt das für das Geräusch, das die Wildnis eben machte, bis Rightgood mit Panik in der Stimme fragte: »Was sind das für Viecher?«
    »Mücken«, antwortete der Wilde kurz angebunden.
    »Mücken übertragen Krankheiten«, keuchte Rightgood entsetzt, doch unser Führer lachte nur rau und marschierte weiter.
    Ich wedelte herum, um die Insekten zu vertreiben, die immer zahlreicher um uns herumschwirrten. Doch dann blieb Helm endlich stehen, und ich ließ die Hände sinken, überwältigt von dem Anblick der kleinen Lichtung vor uns. Das Gras wuchs hier niedriger, winzige Sträucher in Bodennähe waren mit unzähligen rosa Blüten geschmückt. Ein weißes Insekt mit ohrgroßen Flügeln schaukelte darüber. Die Sonne webte goldene Fäden zwischen den Bäumen, und an einem davon hing ein rundes, auffällig gemustertes Tier von der Größe eines Daumennagels.
    »Spinnen sind giftig«, flüsterte Rightgood.
    »Immer mit der Ruhe. Nicht alles hier ist gefährlich, ja? Haltet euch einfach an mich. Da, setzt euch.« Helm wies auf den Platz. Ich ließ mich nicht zweimal bitten und streckte mich lang aus. Gras kitzelte meine Wange, der Boden unter mir war warm von der Sonne; überall piekste und stach es mich. Vorsichtig tastete ich unter mich. Manche Grashalme waren weich und lang, andere bildeten harte Stoppeln. Keine Gefahr, sagte ich mir, obwohl mein Verstand mich vom Gegenteil überzeugen wollte.
    »Ihr werdet schon nicht krank«, sagte Helm, weil Rightgood nach wie vor zögerte, sich hinzusetzen. Er wartete, bis wir uns niedergelassen hatten, dann ging er einfach fort, ohne uns zu sagen, wohin.
    »Was jetzt?«, fragte Rightgood nervös.
    Orion streifte seinen linken Schuh ab. Sein Fuß war rot und angeschwollen.
    »Wie konntest du bloß damit laufen?«, fragte ich. Meine Kehle war so ausgedörrt, dass ich kaum sprechen konnte.
    Er lächelte. »Und ich frage mich die ganze Zeit, wie du das durchhältst. Nimm’s mir nicht übel, aber du hast nicht gerade viel für deine Kondition trainiert.«
    »Wenn ich das geahnt hätte, hätte ich mehr Sport gemacht.«
    Mir war nicht nach Scherzen, aber komischerweise war das das Einzige, was ich in meinem Hirn fand: Belanglose Sätze, die weder meine wahren Gefühle verrieten noch bewiesen, dass ich überhaupt welche hatte.
    Orion packte die Flaschen aus und reichte mir eine, und da tauchte auch schon Helm aus dem Gebüsch auf, einen unförmigen Sack auf dem Rücken. Nach seinem Ächzen zu schließen, war er recht schwer. Vorsichtig stellte er ihn ab. »Ihr müsst vor Durst umkommen«, sagte er und bemerkte im gleichen Moment, dass wir gerade etwas tranken. »Oder auch nicht.« Er musterte Orion – überrascht zunächst, dann verengten sich seine Augen. »Es ist ungewöhnlich, dass jemand sich selbst etwas zu trinken mitbringt. Wer bist du? Kein Strafgefangener schmuggelt jemals Waffen durchs Tor.«
    Orion blieb ganz ruhig. »Wir sind keine Sträflinge, sondern einfach bloß Schüler. Wir sind zu fünft geflohen, die anderen drei haben es nicht geschafft.«
    Der Bärtige blinzelte ungläubig. »Kids wie ihr fliehen nicht. Warum sollten sie?« Misstrauisch beäugte er uns. »Es kommt nicht häufig vor, aber uns Kinder als Spione zu schicken, wäre ein geschickter Schachzug der Regs.«
    Seine Unterstellungen machten mich wütend. »Orion hat diesen üblen Typen für Sie erledigt, schon vergessen? Wir sind raus, weil unsere Glücksgaben versagt haben und wir nun wissen, was echte Gefühle sind!«
    Auch Helm war nun aufgebracht. »Das ist gar nicht möglich. Wenn ihr euch vor der Spritze gedrückt hättet, hättet ihr sofort die Wächter am Hals gehabt!«
    »Wenn ich mal was anmerken darf …«, mischte sich Rightgood ein. »Ihre Glücksgaben waren tatsächlich unbrauchbar. Genau dafür hat man mich inhaftiert und rausgeworfen.« Der schmale Beamte richtete sich etwas höher auf. »Ich arbeite im Pädagogischen Institut. Mir obliegt die Verantwortung für die Endkontrolle. Sie wollten mich entlassen, weil ich angeblich nicht sorgfältig genug arbeite, ich hatte eine Stinkwut … und da habe ich die

Weitere Kostenlose Bücher