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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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vielleicht. Doch rasch wurde mir klar, dass diese Aktion in wenigen Minuten über die Bühne gehen würde. Ein paar Wächter umstellten den Transporter, jemand öffnete die Wagentür. Gleich darauf stiegen ein paar Männer aus; wie viele es genau waren, konnte ich nicht erkennen, weil die Wächter davorstanden, eine Mauer aus weißen Uniformen. Als ich einen kurzen Blick zum Tor warf, registrierte ich überrascht, dass es sich schon weit geöffnet hatte. Lautlos. Ein Loch, hinter dem nichts als Finsternis gähnte. Der Suchstrahl glitt darüber hinweg.
    Die Wächter nahmen den Verbrechern die Handschellen ab, in der Zwischenzeit stellte sich das Kamerateam in der Nähe des Tors auf. Alles verlief nahezu geräuschlos, über allem hing die hektische Stille einer gefährlichen, eiligen Mission.
    »Geht«, befahl eine harsche Stimme. »In Neustadt gibt es keinen Platz für euch.«
    »Jetzt«, sagte Orion.
    Wir rannten los. Ich schloss dicht zu Orion auf, packte Stars Hand und zog sie mit mir. Hinter mir waren Lucky und Moon.
    »Hier sind wir!«, schrie Moon plötzlich. »Nicht schießen!«
    Dann brach das Chaos aus, und die Welt geriet aus den Fugen. Überall waren Wachen, die nach uns griffen, uns und einander anbrüllten, und dazwischen gellten Moons Schreie. Ein paar dunkel gekleidete Männer rannten auf das Tor zu. Orion warf sich durch die Reihe der Wächter, die plötzlich auf uns losstürmten. Er schleuderte einen zur Seite, den nächsten stieß er gegen den Transporter.
    »Schließt das Tor!«, brüllte jemand.
    Neben mir fiel Star auf die Knie. Ich blieb stehen; ungläubig starrte ich auf den dunklen Fleck, der sich auf ihrem Rücken ausbreitete.
    »Komm weiter!«, schrie Orion.
    Ich warf einen Blick zurück. Zwei, drei Männer waren nötig, um Lucky zu überwältigen, der wütend gegen sie ankämpfte. »Lauf!«, schrie er mir zu. »Lauf, Pi!«
    Moon stand einsam da, ein triumphierendes Lächeln auf dem Gesicht.
    »Lauf!«, schrie Lucky.
    Dann war Orion wieder da. Er packte mich, warf mich über seine Schulter und rannte auf das Tor zu, das sich bereits wieder schloss. Ich sah die Männer, die Lucky wegschleiften. Sah einen anderen, der auf uns anlegte, mir zulächelte und zielte. Gleich würde er schießen …
    Orion versetzte dem Wächter am Tor einen Kinnhaken, der ihn gegen den Zaun warf. Funken sprühten durch die Nacht. Mit dem Rücken streifte ich eine harte Metallkante. Im nächsten Augenblick waren wir durch das Tor, und die Dunkelheit verschluckte uns.

II. TEIL: WILDNIS

18.
    Orion hielt meine Hand fest, während wir vorwärtsstolperten. Ich versuchte noch ein paar Mal, stehenzubleiben und mich nach Lucky umzudrehen, doch er zog mich unerbittlich weiter. Irgendwo vor uns rannten die fremden Männer. Mein Fuß sackte in einem weichen Schlammloch ein, und ich wäre gefallen, wenn Orion mich nicht gehalten hätte. Wir liefen, bis der Lichtstrahl weit hinter uns lag und uns nicht mehr erreichen konnte. Dafür wurde die Dunkelheit sanfter. Über uns sprenkelten ein paar Sterne den Himmel. Schwarze Schatten von … Bäumen vielleicht? Mein Atem dröhnte so laut in meinen Ohren, dass ich für alles andere taub war. Ich hatte nicht einmal gemerkt, dass ich weinte, bis Orion mich an sich drückte.
    »Ist schon gut«, sagte er rau.
    »Sie haben Lucky. Ich muss zurück!«
    »Nein«, widersprach er. »Du kannst nicht zurück. Hast du nicht gesehen, was sie mit Star gemacht haben?«
    »Aber er lebte noch, ich muss …«
    »Nein«, unterbrach er mich. »Kapierst du es nicht? Wir haben es geschafft und die anderen nicht. Wir können nicht zurück. Wir sind draußen. Und irgendwie müssen wir durch diesen Schlamm, ohne unterzugehen, und einen Weg finden. Also kannst du dich mal kurz zusammenreißen?«
    »Es ist ein Sumpfgebiet«, kam eine Stimme aus der Nacht. »Es gibt keine Wege hier.«
    Das musste einer der Verbrecher sein. Dafür klang er ziemlich normal.
    »Wer sind Sie?«, fragte Orion.
    »Rightgood Treulich«, erklang die Stimme. »Noch vor kurzem habe ich die Aussicht auf diesen Sumpf jeden Tag von meinem Büro aus genossen. Ich arbeite dahinten im Pädagogischen Büro. Der Sumpf ist eine natürliche Barriere zu den bewohnten Gebieten weiter draußen. Von dort aus wagt sich niemand an den Zaun. Wenn wir nicht vorsichtig sind, kommen wir nicht weit. Hat jemand vielleicht eine Taschenlampe dabei?«
    »Machst du Witze?«, fragte eine weitere Stimme.
    Sie waren noch alle hier, die üblen Typen, und nicht jeder

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