Wild (German Edition)
Paletten für die Schulen manipuliert. Bei jeder Schule fünf Glücksgaben.«
Ihm verdankten wir das? Die letzte, aufregende Woche, Stars Tod, und dass Orion und ich jetzt hier saßen, ohne Lucky … nur weil er sich an irgendwem rächen wollte?
»Du Schweinehund!« Orion wollte sich schon auf ihn stürzen, überlegte es sich jedoch im letzten Moment anders, ließ sich zurücksinken und lachte.
Rightgoods Tat war rasch aufgeflogen, nachdem es an einer Schule nach der anderen zu seltsamen Auftritten hysterischer Schüler kam. Kurz darauf hatten ihn die Wächter verhaftet. Bis zu seiner Entlassung hatte er in einer Einzelzelle gesessen und sich darüber Sorgen gemacht, was ihm bevorstand. »Ich hätte mir denken können, dass ich dafür in der Wildnis lande«, sagte er deprimiert. »Aber jetzt sind wir ja bald in Sicherheit.«
Helm sah ihn merkwürdig an und schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich aber anders. »Wir werden mindestens zwei Tage unterwegs sein«, meinte er stattdessen.
»Zwei Tage unter freiem Himmel?« Rightgood machte kein Hehl aus seinem Entsetzen.
»Es könnte schlimmer sein. Wenigstens haben wir gutes Wetter. Regen zieht auf, aber bis dahin haben wir hoffentlich mindestens die Hälfte der Strecke geschafft.« Er verteilte kleine, in dickes Papier eingewickelte Pakete, in denen eine wenig reizvoll aussehende Speise steckte, die jedoch überraschend gut roch. Ich war zu hungrig, um wählerisch zu sein, und wagte mich an dieses neue Abenteuer heran. Die Mahlzeit war körnig und weich zugleich.
»Vergesst nicht zu kauen«, sagte Helm ironisch. »Und falls ihr euch fragt, was das ist: Das ist Brot.«
»Es schmeckt nicht wie Brot«, widersprach Rightgood, während Orion sich hungrig darüber hermachte.
»Oh doch. Es ist nicht so stark bearbeitet, das ist der Unterschied. Falls ihr Bauchweh bekommt – das legt sich, wenn man erst dran gewöhnt ist. Verweichlichte Neustädter vertragen zuerst gar nichts, das ist immer so. Am besten, ihr esst nicht zu viel. Schlaft kurz, wenn ihr könnt. Wir warten auf Jakob und brechen dann sofort auf, solange wir noch Licht haben.«
Wie stellte er sich das vor, einfach so hier im Gras zu schlafen? Ich wagte nicht einmal, die Augen zu schließen, denn in den Halmen hatte ich etwas Winziges, Schwarzes krabbeln sehen. Sorgfältig packte ich den Rest des Brotes wieder ein. Ich war gar nicht so hungrig, wie nach der langen Wanderung zu erwarten war.
In mir herrschte eine merkwürdige Leere, die mich ausfüllte, Dunkelheit trotz der satten Farben der Blätter und des Himmels. Vielleicht hätte ich glücklich sein können, wenn ich nicht immerzu an Star und Lucky hätte denken müssen.
Und an Moon, wie sie zu schreien begann, sobald wir unser Versteck verließen.
»Glaubst du, sie haben auf uns gewartet?«, fragte ich Orion leise. »Hat Moon uns wohl angekündigt? Hat sie uns verraten?«
Ich sah die Szene vor mir, erlebte tausend Mal, wie wir vorwärtsgestürmt waren, wie alles dunkel gewesen war und voller Lichter, die Wachen und die Kriminellen, der Zaun, das Tor, der Transporter … Alles war so deutlich wie in einem Bild und zugleich so verschwommen wie ein Traum.
»Hier sind wir!«, sagte Orion. »Das hat sie gerufen. Nicht schießen, hier sind wir!«
»Das heißt, sie haben uns erwartet.«
»Ja«, stimmte er mir zu. »Das heißt es wohl.«
Wann hatte Moon den Entschluss gefasst, uns zu verraten – als sie ihre eigenen wilden Gefühle entdeckt hatte? Als ich vor ihren Augen Lucky geküsst hatte?
Lucky. Immerzu musste ich an Lucky denken. Er verdrängte sogar den dunklen Fleck auf Stars Rücken.
»Hey«, murmelte Orion und zupfte ein Blatt aus meinen Haaren. »Wir stehen das durch, Peas. Versprochen.«
»Ja«, sagte ich. Es spielte keine Rolle, ob ich ihm glaubte oder nicht. Seltsamerweise interessierte mich nicht, was die Zukunft für uns bereithielt. Wohin Helm uns führte, war mir gleich.
»Schlaf ruhig. Ich passe auf.«
»Ich kann nicht schlafen«, sagte ich, doch als Nächstes erwachte ich davon, dass Helm und Jakob sich stritten. Also war der dunkelhaarige Wilde wieder da.
»Und du glaubst diese blödsinnige Geschichte?«, ereiferte sich Jakob.
»Ich habe keinen Grund, sie nicht zu glauben. Wir sollten dankbar sein, dass die Kinder ihnen entkommen sind. Ich jedenfalls werde Gott nicht vorwerfen, dass er seine schützende Hand über sie gehalten hat.«
Jakob verdrehte die Augen. »Das schon wieder.«
»Von dir lass ich mir meinen
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