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Wild und frei

Wild und frei

Titel: Wild und frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lane
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seinen Wunden stirbt?” Sie kauerte neben dem dunklen Haupt und blickte auf die zusammengebrochene Gestalt des Mannes – der geschundene Torso, die seilartigen Muskelstränge, ohne jedes Fett, die blutleeren Wangen unter der bronzefarbenen Haut. Wo das Fackellicht auf sein Gesicht fiel, sah sie zum ersten Mal das blaue Filigranmuster von fliegenden Vögeln quer über seiner Stirn und die kleine speerförmige Gestalt an seinem Mundwinkel. Er hatte auch auf seinen Armen tätowierte Linien, undeutlich wie die Flussläufe auf alten Landkarten. Rowena wusste, in diesem Mann schlummerte ein wahrer Schatz an Geschichten und Abenteuern. Plötzlich hatte sie das Bedürfnis, sie alle zu hören.
    Schützend über den Wilden gebeugt, sah sie ihren Vater durchdringend an. “Wir bringen ihn nach oben und legen ihn in ein sauberes Bett”, sagte sie. “Thomas, hole Dickon, damit er uns hilft. Schnell, ehe er aufwacht.”
    Thomas’ Blick glitt von seinem Herrn zu seiner Herrin, dann, als spürte er den stärkeren Willen, ging er um den ausgestreckt daliegenden Indianer herum und lief die Treppe hinauf.
    “Bist du verrückt geworden?”, krächzte Sir Christopher. “Nach allem, was diese Kreatur dir beinahe angetan hätte? Er muss wieder ins Verlies geworfen werden, wie das wilde Tier, das er ist!”
    “Ihr seid es gewesen, der einhundertfünfzig Pfund für ihn gezahlt hat!”, erwiderte Rowena scharf. “Für eine solche große Summe, Vater, wollt Ihr da lieber einen Lebenden oder einen Leichnam?”
    Sir Christopher ließ die Schultern sinken und gab sich geschlagen. “Nun gut”, brummelte er, “aber er muss eingeschlossen werden, denn er ist nichts weiter als ein wildes Tier. Wir können wohl kaum zulassen, dass er im Haus herumschleicht oder aus dem Fenster springt.”
    “Nein, ganz gewiss nicht.” Rowena schob den böse zugerichteten Kopf behutsam in ihren Schoß, während ihr Verstand nach einer Lösung suchte, die ihren Vater besänftigen würde. “Die kleine Kammer am Ende der Diele im Obergeschoss – Wenn ich mich recht erinnere, haben wir dort beim Besuch von Viscount Foxley letztes Jahr im November ein Feldbett für seinen Diener aufgestellt.”
    “Das Fenster …”
    “Über Kopfhöhe und vergittert. Ich meine, das reicht für unseren Wilden. Aber wir müssen ihn überwachen, Vater, und brauchen einen Zugang für Essen und Abfälle.”
    “Das ist nicht schwierig!” Sir Christopher erwärmte sich allmählich für diesen Plan, den er bisher so erbittert bekämpft hatte.
    “Wir lassen Thomas zwei Öffnungen in die Tür sägen, eine in Augenhöhe und die andere über den Bodenbrettern. Auf diese Weise können wir den Wilden beobachten und uns sogar mit ihm verständigen, ohne unsere Sicherheit aufs Spiel zu setzen.”
    “Ein ausgezeichneter Vorschlag, Vater.” Erschrocken schaute Rowena nach unten, als sich plötzlich der dunkle Kopf in ihrem Schoß bewegte. Die Lider des Wilden zuckten. Er stöhnte auf und murmelte ein Wort – vielleicht einen Namen – in seiner eigenen Sprache. Sein Körper bewegte sich heftig hin und her, als ob er unruhig träumte.
    “Ganz ruhig.” Rowena fuhr mit der Fingerspitze behutsam über seine Stirn, entlang der Linie der fliegenden Vögel.
    “Du bist sicher bei uns, mein edler Wilder. Wir haben keinen Grund, dir etwas zuleide zu tun.”
    Allmählich entspannte sich sein Körper, und das Zucken hörte auf. Sein kräftiger Brustkorb hob und senkte sich, als der Indianer wieder in die Bewusstlosigkeit glitt. Rowena stützte sein grimmiges Haupt mit den Knien, dabei waren ihre Sinne geschärft und wachsam, als würde sie einen schlafenden Leoparden in ihrem Schoß wiegen.
    “Mein edler Wilder, ach wirklich?”, fuhr Sir Christopher sie an. “Du tust gerade so, Rowena, als ob er ein Schoßhündchen wäre. Wie kann man nur so töricht sein! Diese Kreatur ist so gefährlich wie ein wilder Eber, und wenn du ihm auch nur das geringste bisschen Freiheit gewährst, bricht hier die Hölle los!”
    Rowena strich behutsam über seinen vorstehenden Wangenknochen. Das Herz zog sich ihr zusammen, als sie die glühende Hitze seiner Haut spürte.
    “Ich fürchte, unser Wilder ist zu krank, um gefährlich zu werden”, entgegnete sie. “Wenn der Eiter schon in seinen Blutkreislauf gelangt ist, wird es schwierig genug sein, ihn überhaupt am Leben zu erhalten!” Sie wandte sich dem Licht am oberen Ende der Treppe zu und blickte angespannt nach oben. “Um Himmels willen, wo bleiben

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