Wild und gefaehrlich
bin zum abendessen aus. schätze, du kommst heute nicht an die fässer ran... tschüssi
HeathFerro:
verarsch mich nicht.
HeathFerro:
du machst witze, oder?
HeathFerro:
he, antworte!!!
11 Eine Waverly-Eule trifft immer mit vornehmer Verspätung ein
Le Petit Coq, das einzige französische Restaurant im Zentrum von Rhinecliff, befand sich in einem uralten, zweistöckigen Ex-Farmhaus fast am Ende der Hauptstraße. Ansonsten war Rhinecliff eher kulinarisches Ödland mit den zwei Pizzabäckern, dem Schlemmerimbiss, der seine Sandwichs nach Berühmtheiten benannte, und dem indischen Restaurant in Wandschrank-Größe nebst der Subway-Filiale. Daher war das Le Petit Coq der Ort, auf den die Wahl der Eltern fiel, wenn sie zu Besuch kamen.
»Schubs dir jetzt bitte diesen verhuschten Ausdruck aus dem Gesicht!« Tinsley stieß Callie in die Seite, als sie sich den Stufen des Restaurants näherten. Durch die Tüllgardinen an den Fenstern sah man gut gekleidete Damen und elegante Herren bei Kerzenschein dinieren. » Du musst schließlich nicht mit dem Dekan speisen.«
»Und du nicht mit deinem Ex-Freund – und mit seinem Vater!«, gab Callie zurück. Sie blieb auf der untersten Stufe stehen, um die perfekt sitzenden Schildpattspangen, die ihr Haar seitlich zurückrafften, unnötigerweise noch einmal zurechtzurücken.
»Korrekt.« Tinsley trug ein schwarzes Agnes-B.-Hemdblusenkleid aus Seidengeorgette, das vorne sehr tief aufgeknöpft war, eben exakt so, dass die richtige Menge Haut zu sehen war. Ein elfenbeinfarbener Kaschmirschal von Loro Piana umschmeichelte ihre Schultern. Sie tippte mit den Spitzen ihrer hochhackigen Lackschuhe von Fendi aufs Pflaster. »Aber das ist keine Entschuldigung fürs Zuspätkommen.«
Callie sog tief die kühle Abendluft ein und schlang die Arme um ihren Oberkörper. Sie sah perfekt aus in ihrem karierten Pencil-Rock und dem passenden dunkelroten Oberteil von Moschino Cheap & Chic mit Tropfenausschnitt und raffiniertem Verschluss um den Hals, an dem sie ständig nervös herumfummelte.
Tinsley seufzte. Sie wusste, wie schwer dieses Abendessen Callie auf der Seele lag, und sie ahnte, dass Callie insgeheim hoffte, Easy zurückzuerobern. Kapierte dieser Easy Walsh eigentlich nicht, dass er die Situation noch komplizierter machte, indem er Callie zu einem teuren, intimen Essen mit seinem Vater einlud? Und es vor der ach so süßen kleinen Jenny verschwieg? Was war nur in diesen durchgeknallten Jungen gefahren? Sein Spiel mit dem Feuer machte ihn Tinsley fast noch sympathischer …
Callie wollte schon nervös an ihren Fingernägeln kauen, da packte Tinsley schnell ihre Hand. »Du siehst klasse aus, Süße. Du wirst sie umhauen.« Sie gab Callie einen kurzen Kuss auf die Wange und drückte ihre feuchte Hand.
»Geh du schon rein... Ich bleib noch einen Augenblick hier und sammle mich.« Callie lächelte kurz. »Wieso hab ich nur das Gefühl, dass du dich mal wieder prächtig amüsieren wirst?«
Tinsley trat in den Eingangsbereich und ließ den Blick suchend durch den Raum schweifen. Wie erwartet war das Restaurant am Freitag des Treuhänder-Wochenendes um kurz nach zwanzig Uhr rappelvoll. Ein grauhaariger Oberkellner mit gekünsteltem französischen Akzent fragte sie, nach wem sie Ausschau hielte, und geleitete sie an ihren Tisch. Die alten Holzböden waren uneben und knarzten bei jedem Schritt, die Wände waren jedoch mit edlem dunkelroten Brokat tapeziert und hätten aus dem Boudoir von Marie Antoinette stammen können. Viele kleine Räume mit intimen, heimeligen Nischen reihten sich aneinander, und das Ambiente war prunkhaft überladen – aber Tinsley fand es wunderbar.
»Voilà, Mademoiselle!«, sagte der Kellner, als er Tinsley an den kleinen runden Tisch führte, an dem bereits Mr Buchanan, Dekan Marymount, Brandon und Julian saßen. Die vier erhoben sich, um sie zu begrüßen.
»Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung.« Der Oberkellner rückte den Stuhl zwischen Julian und Mr Buchanan heraus und Tinsley trat an ihren Sitzplatz. Sie genoss es, dass die Blicke so vieler Männer auf ihr ruhten. Mr Buchanan sah genau so aus, wie Tinsley sich Brandon in dreißig Jahren vorstellte: gut aussehend, gebräunt, durchtrainiert. Anscheinend gelang es ihm, jeden Nachmittag zwischen gewichtigen Geschäftsterminen ein paar schweißtreibende Tennisrunden einzuschieben. Sein hellbraunes Haar lichtete sich an den Schläfen ein wenig, am rechten Handgelenk trug er eine
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