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Wild und gefaehrlich

Wild und gefaehrlich

Titel: Wild und gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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einem Bauch, der übermäßigen Genuss von Rinderbrust à la Kentucky vermuten ließ, wirkte er auf Easy noch einschüchternder.
    Easy seufzte. Wo zum Teufel blieb Callie? Er hatte Tinsley hereinspazieren sehen, die verdächtig selbstzufrieden wirkte, fast als habe sie mal wieder ein Date mit einem Waverly-Lehrer. Aber inzwischen waren mindestens fünf – oder gar fünfzig – Minuten vergangen. Easy hoffte inständig, dass Callie nicht kniff.
    Als hätte er seine Gedanken gelesen, sagte Mr Walsh: »Ich hoffe, deine Freundin lässt uns nicht im Stich.«
    »Sie wird schon kommen, Dad.« Easy blickte auf. Die Kellnerin goss ihnen Wasser in die schweren Kristallgläser. »Und sie ist nicht mehr meine Freundin«, fügte er hinzu. Wenn sein Vater ein bisschen menschlicher gewesen wäre, hätte er versucht, ihm von Jenny zu erzählen. Aber Mr Walsh hatte eine Art an sich, alles, was seinem Sohn am Herzen lag, herunterzuputzen, und Easy hatte wenig Lust, ihm mit Jenny neue Angriffsfläche anzubieten. Andererseits, vielleicht war es ja völlig verquer, dass er mit seinem Vater zu Abend aß und ihm nicht von dem neuen Mädchen in seinem Leben erzählte. Oder sie gar zum Essen mitbrachte.
    Mist. Jenny bedeutete ihm mehr als all der kränkende Schwachsinn, den sein Vater ihm an den Kopf werfen konnte. Er rutschte ungemütlich auf seinem Stuhl herum und beugte sich vor, um einen Anfang zu wagen: »Ich hab übrigens eine...«
    »Hi.« Easy hörte eine leise, vertraute Stimme hinter sich. Er drehte sich um. Neben seinem Stuhl stand Callie. Sie wirkte blass, fast zerbrechlich, und um ihren Mund spielte ein nervöses Lächeln. In ihrem schmalen karierten Rock und dem dunkelroten Oberteil mit mädchenhaften Puffärmeln sah sie sehr hübsch aus. Sie hatte das blonde Haar aus dem Gesicht gekämmt, und falls sie Make-up trug, war es nicht zu bemerken. »Bin ich zu spät?«
    Easy und sein Vater erhoben sich. »Welch eine Augenweide!« Mr Walsh schaltete mühelos auf Charme-Modus und küsste Callie auf beide Wangen. »Wie wundervoll, Sie wiederzusehen, Miss Callie Vernon.«
    »Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Mr Walsh.« Ebenso mühelos schien Callie die nervöse Schutzschicht fallen zu lassen. Sie zwinkerte Easy über die Schulter seines Vaters zu und er musste lächeln. »Wirklich nett, dass Sie mich eingeladen haben.«
    »Bitte erweisen Sie mir die Ehre und nennen Sie mich J.L. Dann fühle ich mich jünger.«
    Easy folgte dem Beispiel seines Vaters und trat dicht an Callie heran. »Du siehst... äh...gut aus.« Er beugte sich rasch vor, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und merkte, wie ihm eine Hitzewelle in den Kopf schoss. Jetzt war er auf einmal nervös.
    »Ich glaube, ich muss meinem Sohn mal beibringen, wie man einer Dame ein Kompliment macht.« Mr Walsh schmunzelte und sie setzten sich. »Callie, meine Liebe, Sie sehen hinreißend aus. Stimmt doch, Easy?«
    Easy räusperte sich, und Callie lächelte ihm zu und legte den Kopf zur Seite, als erwartete sie keine Antwort. »Ja«, sagte er und wurde dunkelrot, »das stimmt.«
    Callie und sein Vater begannen, über die Unterrichtsfächer und Sport zu plaudern, und Easy lauschte voller Ehrfurcht. Es war kein Zuckerschlecken, sich mit Mr Walsh zu unterhalten. Sobald er in Erfahrung gebracht hatte, was sein Gegenüber von diesem oder jenem Thema hielt, ging er in Opposition. Aber Callie schien das Geplänkel mit seinem Vater tatsächlich zu genießen und die Kombination aus seiner widerspenstigen Natur und ihrem natürlichen Südstaatencharme tat ihnen allen wohl. Easy hatte sie noch nie so »bei der Sache« erlebt, oder falls doch, dann hatte er zu wenig darauf geachtet. Ihr Auftritt imponierte ihm. Als Easys Eltern das letzte Mal in Rhinecliff gewesen waren, war er fast die ganze Zeit beschwipst gewesen. Er konnte sich allerdings erinnern, dass seine Eltern geschwärmt hatten, was für eine perfekte Schwiegertochter Callie abgeben würde. Und es war erfrischend, Callie einmal über etwas anderes reden zu hören als über Fünfhundert-Dollar-Schuhe, die sie bei Barneys erworben hatte. Sie klang geistreich – und das war irgendwie sexy.
    »Callie, es wäre mir lieb, wenn Sie den Jungen hier fest im Auge behielten«, sagte Mr Walsh und nahm einen großen Schluck von seinem Cabernet. »Bestimmt vernachlässigt eine intelligente junge Dame wie Sie ihre Schulfächer nicht für so etwa Albernes wie Zeichnen oder Reiten.« Bei dem Wort »Zeichnen« zögerte er, sodass es wie eine

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