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Wild und gefaehrlich

Wild und gefaehrlich

Titel: Wild und gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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sorgen, aber andererseits hatte sie eine sehr verwegene (und bisweilen selbstzerstörerische) Ader.
    »Jenny, es ist nett von dir, dass du dich sorgst, aber...« Uff, wie konnte er das freundlich ausdrücken? »Weißt du, gestern Abend, bei dem Essen mit meinem Vater,« (er vermied es sorgfältig, und Callie hinzuzusetzen) »da hab ich mir die ganze Zeit anhören müssen, was ich alles falsch mache. Deshalb möchte ich heute eigentlich nicht mehr über all meine Sünden nachdenken.«
    Jenny biss sich auf die Lippe. »Ist er wirklich so streng mit dir?«
    Easy merkte, wie er weich wurde. »Na ja, es ist nicht so, dass er mich je geschlagen hat oder so was.« Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Es könnte also schlimmer sein. Aber im Ernst, lass uns über was Interessanteres quatschen.«
    »Gern.« Jenny grinste, und Easy stellte fest, dass er nicht mal wusste, ob sie jemals eine Spange getragen hatte. Oder ob sie Haustiere hatte. Oder Freunde, die sie sich ausgedachte hatte. Easy wünschte sich, es gäbe eine Pause-Taste, mit der er alles in der Welt zum Stillstand bringen könnte, außer ihnen beiden. Sie würden sich einfach zusammen hinlegen. Und reden oder auch gar nichts sagen. Ja, das wär’s. Sie mussten sich einfach ein bisschen besser kennenlernen.
    Jenny unterbrach seine Gedanken. »Wie seid ihr überhaupt in die unterirdischen Tunnel gekommen? Wenn sie nicht mehr benutzt werden, warum sind sie dann nicht verbarrikadiert?«
    »Ich weiß nicht, ob ich unsere Geheimnisse aufdecken darf.« Er strich sich mit der Hand übers Kinn, als stürze ihn Jennys Frage in einen tiefen Konflikt. »Aber vielleicht würde ich mich ja bestechen lassen?«
    »Bestechen?« Jenny zog die Nase kraus, sodass ihre kleinen Sommersprossen tanzten. »Sorry, Mr Geheimnisträger, Geld hab ich leider keines.«
    »Kein Problem.« Easy setzte sich auf und stützte sich auf den Ellbogen. Er sah sie an. »Ich könnte mir auch andere Formen von Bestechung vorstellen.« Er versuchte, das Unbehagen in der Magengrube zu vergessen und einfach nur den Augenblick zu genießen. Er war hier mit Jenny, der das Haar ins Gesicht fiel, als sie näher zu ihm rückte, um seine Lippen mit ihren zu berühren. Er wollte nicht mehr reden.
    Sie löste sich ein bisschen zu schnell von ihm nach dem Kuss, fast als würde sie merken, dass irgendwas daran nicht stimmte. »Soll ich uns nicht mal was zu trinken holen?« Sie stand auf, zupfte am Saum ihres Kleides und schlüpfte in rote Flipflops.
    »Äh, ja.« Easy ließ sich wieder auf das Kopfkissen sinken und lächelte schwach. »Klingt gut.«
    »In Ordnung.« Sie sah ihn fragend an, und einen Augenblick hatte er das Bedürfnis, sie an sich zu ziehen, ihr von dem Essen gestern Abend zu erzählen, sie an jedem einzelnen verrückten Gedanken teilhaben zu lassen, der ihm durch den Kopf ging. Sie würde ihn beruhigen. Aber er wusste ja nicht mal, ob er seine Gedanken überhaupt in Worte fassen konnte. Er war sich nicht sicher, was er überhaupt fühlte; wie sollte er dann darüber reden? Daher lächelte er nur und Jenny lächelte auch und ging aus dem Zimmer. Easy schloss die Augen und überlegte, ob Callies Kopfkissen wohl noch so roch, wie er es in Erinnerung hatte.

20 Eine Waverly-Eule weiß, dass die Zeit nicht alle Wunden heilt
    Jenny lief die breite Marmortreppe hinunter, die zu Karas Zimmer im ersten Stock führte. Die roten Flipflops klatschten laut gegen ihre Fußsohlen. Sie war benommen von dem, was sich gerade zwischen ihr und Easy abgespielt hatte – ohne genau zu wissen, was sich eigentlich abgespielt hatte. Aber zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, schien irgendwas nicht zu stimmen. Zuerst war alles normal gewesen. Aber dann, auf einmal, war es ihr vorgekommen, als würden sie nicht mehr dieselbe Sprache sprechen. Als würde alles, was sie sagte, falsch ankommen. Es machte sie nervös.
    Sie war erleichtert, aus dem Zimmer zu sein. Vielleicht brauchte sie einfach nur ein Bier. Jenny mochte Bier nicht besonders – wer mochte es eigentlich? -, aber wenn sie eines getrunken hatte, fühlte sie sich meistens etwas weniger unbeholfen. Und jetzt im Augenblick war ihr sehr nach einem Bier.
    Die Musik im ersten Geschoss spielte in vernünftiger Lautstärke, sodass keiner, weder Lehrer noch eine andere Autoritätsperson, misstrauisch würde, wenn er vorbeiging. Offensichtlich lernte eine verantwortungsbewusste Eule aus folgenschweren Dachpartys, zumindest in gewissem Maße.
    In dem Moment, als sich Jenny

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