Wild wie das Meer (German Edition)
kann.“
„Ich habe keine Freunde“, entgegnete er trocken.
„Das ist doch lächerlich!“, rief sie. „Sean ist dein Freund.“
Er hob die Brauen, entzog ihr seine Hand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Immer wieder interessant“, sann er halblaut nach. Doch sein Tonfall wurde härter. „Du bist auf einen Handel aus. Also, verhandele mit mir.“
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. Sein Blick verharrte auf ihrem Mund. Mit pochendem Herzen sagte sie: „Im Gegenzug werde ich die Rolle deiner Mätresse so gut spielen, dass selbst du mich für deine schamlose Geliebte halten wirst.“
Sprachlos blickte er sie an.
Sie lächelte und kostete den Augenblick des Triumphs aus. „Nun? Dieses Spiel dürfte viel schneller zu Ende sein, wenn ich mitspiele. Und ich biete dir mehr als Kooperation – ich biete dir die volle Teilnahme.“
Langsam verzog er die Lippen zu einem Lächeln, aber sein Blick blieb dunkel und nachdenklich. „Ich weiß, wie klug du bist“, sagte er. „Und ich weiß auch, dass deinem Handel ein Plan zugrunde liegt. Was immer es sein mag, was immer du zu erlangen suchst, du wirst scheitern, wenn es nicht meinen Vorstellungen entspricht.“
Sie zuckte die Achseln und gab die Hoffnung auf den Sieg nicht auf. „Du brauchst lediglich dem Handel zuzustimmen.“
„Geduld, Liebes, ist eine Sache, die du noch lernen musst, wenn du an dem Spiel des Lebens teilnehmen möchtest.“
Sie seufzte aufgebracht, doch innerlich frohlockte sie beinahe. „Treffen wir nun eine Abmachung oder nicht?“, drängte sie ihn.
„Wir treffen sie“, stimmte er leise zu und lächelte. „Lass mich raten, wir bekräftigen sie mit einem Handschlag?“ Er sprach mit weicher Stimme, doch sie hörte den Spott heraus.
„Das sehe ich anders“, brachte sie kühn vor. Sie konnte kaum glauben, wie mutig sie war, als sie sich an seinen Leib schmiegte.
„Wir bekräftigen unser Abkommen mit einem Kuss.“
Sein wissendes Lächeln verriet ihr, dass er es nicht anders erwartet hatte.
Virginia verspürte einen leichten Schwindel. In ihrer Aufregung störte es sie nicht, dass er keine Anstalten machte, sich zu ihr hinabzubeugen, und daher stellte sie sich zögerlich auf die Zehenspitzen und umschloss seine Schultern mit beiden Händen. Das Letzte, was sie sah, ehe sie die Lider schloss, waren seine silbergrauen Augen, die plötzlich hell leuchteten. Auch er wollte dies. Dann suchte sie seine Lippen und verschloss sie mit einem Kuss.
Er stand ganz still.
An seinen Lippen verlangte sie mit der Zungenspitze Einlass, und als er ihrem Drängen nachgab, verspürte sie wahren Triumph. Genüsslich ließ sie ihre Zunge an seiner spielen.
Mit einer Hand umfasste er hart ihren Nacken, zog sie zurück und erforschte ihren Mund. Sofort hatte er die Initiative übernommen und ließ es Virginia unmissverständlich wissen. Es kümmerte sie nicht. Sie schmiegte sich weiterhin eng an ihn und gewährte ihm jede nur erdenkliche Freiheit, die er womöglich im Sinn hatte. Und als der leidenschaftliche und lange Kuss vorüber war, hob er den Kopf und sah sie durchdringend an.
„Wie auch immer dein Spiel aussehen mag, mein Schatz, es ist ein gefährliches Unterfangen.“
Sein warnender Unterton beunruhigte sie, doch sie lächelte. „Ich möchte bloß deine Freundschaft, mehr nicht“, log sie.
Er gab einen spöttelnden Laut von sich.
Als die Tür sich öffnete, stellte Virginia sich schlafend. Ganz still lag sie auf dem Rücken und lauschte angestrengt.
Schließlich vernahm sie ein Seufzen, und Devlin schloss die Tür. „Ich weiß, dass du wach bist, Virginia, die Röte auf deinen Wangen verrät es mir“, sagte er und hielt die Kerze hoch.
Sie setzte sich auf. Es war Mitternacht. Sie hatte versucht einzuschlafen, aber zu viele Fragen hatten sie beschäftigt. Glaubte sie wahrhaftig, ihn in diesem Spiel besiegen zu können? Konnte sie tatsächlich seine Freundschaft gewinnen? Würde sie es wirklich schaffen, dass er sich in sie verliebte? Und wie, in Gottes Namen, sollten sie die Nacht gemeinsam in diesem Raum verbringen?
„Wie ich sehe, hast du mir schon mein Lager gemacht“, meinte er und warf einen Blick auf die ungeordneten Laken und Kissen auf dem Fußboden. „Wie aufmerksam.“
Sie zog die Knie an die Brust und sah zu, wie er sich ein Laken und eine Decke zurechtlegte. Als sein notdürftiges Lager fertig war, setzte er sich auf den einzigen Stuhl, den dieser Raum zu bieten hatte, und zog sich die
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