Wild wie das Meer (German Edition)
er leise und schaute sie an. „Du bist unbeschreiblich leidenschaftlich, Virginia.“
Bei seinem entzückten Tonfall wurde ihr ganz warm ums Herz. „Was ist mit deinem Vergnügen?“, fragte sie ebenso leise und spürte ein bebendes Verlangen. Aber selbst die Vereinigung wäre in diesem Augenblick nicht genug. Wenn er sie nur mit einer Geste tiefer Zuneigung berühren würde!
Doch er rührte sich nicht. Er erhob sich und zuckte die Achseln. „Ich werde es überstehen.“
Auch sie stand nun auf und zog sich rasch die Unterhose und die Pantalons an. Beharrlich weigerte sie sich, das Gefühl der Enttäuschung an sich herankommen zu lassen. Dieser Mann blieb ihr ein Rätsel. Sie konnte nicht verstehen, warum er nicht so etwas wie Zuneigung für sie empfand und warum die rein körperliche Lust immer im Vordergrund stehen musste. „Ich finde es schade, dass du kein Vergnügen hattest.“ Zögerlich setzte sie hinzu: „Devlin, ich bin verunsichert.“
Seine Züge glichen erneut einer Maske. „Das brauchst du nicht zu sein. Es war nichts weiter als ein Augenblick. Ich hätte nicht während der Anprobe hierbleiben sollen.“
Endlich traute sie sich, die Frage zu stellen, die ihr auf der Zunge brannte. „Fandest du mich wirklich so schön, dass du die Selbstbeherrschung verloren hast?“
„Offen gestanden, ja.“
„Meinst du das ernst?“, fragte sie atemlos.
„Ja, das meine ich ernst.“
Virginia lächelte und verspürte ein lang ersehntes Glücksgefühl in sich aufsteigen. „Aber ...“
Er berührte ihre Lippen mit einem Finger. „Warum erfreust du dich nicht einfach an meinen Worten?“
Ihr Lächeln wurde breiter. Sie wähnte sich in einem Freudentaumel, und in ihrer Hochstimmung hüpfte ihr das Herz im Leibe. Er fand sie schön. Sämtliche niederdrückenden Gedanken waren wie weggeblasen. „Genau das werde ich tun“, erwiderte sie.
19. KAPITEL
E s war später Nachmittag, als sie Madame Didiers Geschäft verließen. Die Fußgänger, die ihnen begegneten, waren allesamt fein gekleidete Herren.
„Ist es schon so spät?“, fragte Virginia. Nach dem erotischen Zwischenspiel auf seidigen Tüchern hatte Devlin sich für den Rest der Anprobe zurückgezogen. Gleichwohl hatte er den Modeschöpferinnen genaue Anweisungen gegeben, wie die Gewänder für Virginia gefertigt werden sollten.
„Es ist vier Uhr. Aber die Damen bereiten sich inzwischen für die Abendstunden vor“, erklärte er.
Sie mied seinen Blick. Sie konnte ihm unmöglich in die Augen sehen, solange die Erinnerung an seine Berührungen sie innerlich aufwühlte. Wie sollte sie sich nun verhalten? Wie sollte sie weiterhin die Vereinbarung einhalten, wenn es für sie so viel mehr als ein Spiel war?
Sie müsste entzückt sein, dass er sie so schön fand und beinahe die Kontrolle über sich verloren hatte, doch langsam kehrte die Verzweiflung zurück.
„Du bekommst wunderschöne Gewänder, Virginia. Ich weiß, dass du dir nicht viel aus Mode machst, aber du darfst die Kleider behalten, wenn du frei bist.“
Augenblicklich regte sich Zorn in ihr, und sie bemühte sich nicht, ihn zurückzuhalten. „Ich will die Gewänder nicht.“
Er zögerte, stand dann jedoch unmittelbar vor ihr und schaute ihr in die Augen, als sie seine Kutsche mit den vier stattlichen Pferden beinahe erreicht hatten. „Ich biete sie dir aber an.“
„Und diese gönnerhafte Geste erleichtert dein Gewissen?“, fragte sie spitz und machte jetzt keinen Hehl mehr aus ihrer Verbitterung.
Er blickte sie starr an.
Sie errötete und wünschte sofort, sie hätte ihre Zunge im Zaum gehalten.
„Ich müsste also ein schlechtes Gewissen haben?“, fragte er gedehnt. „Da ich dir Vergnügen bereitet habe?“
„Für alles“, stieß sie erhitzt hervor.
„Dass ich dir die Gewänder schenke, hat nichts mit Schuldgefühlen zu tun“, sprach er. „Du wirktest niedergeschlagen. Ich dachte, ich könnte dich ein wenig aufmuntern.“
„Du könntest mir immer wieder Vergnügen bereiten“, erwiderte sie spitz, „das würde gewiss seinen Zweck erfüllen.“
Er zuckte zusammen.
Entschlossenen Schrittes entfernte sie sich von ihm und wünschte, sie hätte auch diese Worte für sich behalten. Dem sinnlichen Vergnügen, das er ihr zu bereiten wusste, würde immer nur Ernüchterung und Kummer folgen. Wäre sie doch eine Frau von Welt, eine erfahrene Mätresse, die seine Zuwendung genießen könnte, ohne sich nach der Liebe dieses Mannes zu sehnen. Warum rief die Art und Weise,
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