Wild wie das Meer (German Edition)
eben nicht! Ich möchte mein Leben nicht an der Seite dieses Mannes verbringen! Ich möchte ihn nie wiedersehen!“ Und wenn sie tatsächlich schon morgen aufbräche, würde sie ihm wahrlich nie wieder begegnen.
Oh Gott, konnte sie das wirklich tun? In einem Winkel ihres Herzens spürte sie, dass sie sich ein Leben ohne Devlin O’Neill nicht vorstellen konnte.
„Und was erwarten Sie jetzt von mir? Soll ich Sie verstecken? Nach Amerika schicken?“
„Ich flehe Sie an, Mylord, leihen Sie mir die Summe, die ich für die Überfahrt benötige. Ich werde Ihnen das Geld zurückzahlen, auch wenn es ein wenig dauern wird.“ Einen langen Moment sahen sie einander schweigend an.
Dann schaute er in das prasselnde Kaminfeuer. „Und wohin wollen Sie gehen, wenn Sie in den Vereinigten Staaten ankommen? Falls Sie überhaupt sicher dort ankommen. Ihnen ist doch bewusst, dass zwischen England und Ihrer Heimat Krieg herrscht?“
„Ich werde nach Sweet Briar zurückkehren.“
„Die Plantage gehört Ihrem Onkel. Und er bietet sie zum Verkauf an. Soweit ich unterrichtet bin, ist sie bereits verkauft, und damit haben Sie kein Zuhause mehr“, sagte er mit blitzenden Augen. „Das ist doch Irrsinn, Virginia. Ich kann Sie in Ihrem Vorhaben nicht unterstützen.“
„Sie wollen mir nicht helfen?“, rief sie verzweifelt.
Er starrte sie an, und seine Miene war entschlossen. „Ich kümmere mich um Sie, Virginia. Ich habe nur Ihr Bestes im Sinn.“
„Sie sind meine letzte Hoffnung!“, rief sie entsetzt. „Verstehen Sie denn nicht? Ich werde diesen Mann nicht heiraten. Der Gedanke ist mir zuwider, nach allem, was er mir angetan hat!“
In diesem Moment betrat Devlin die Bibliothek. Er streifte seinen nassen Mantel ab und verneigte sich kurz. „Es tut mir leid, dass du so denkst“, sagte er, und seine Augen glitzerten vor Zorn.
Virginia stockte das Herz. Erschrocken starrte sie zur Tür und wich unwillkürlich zurück.
Seine Züge waren so verhärtet! Die einzige Gefühlsregung, die sie gewahrte, war Zorn. Nun nickte er Tyrell zu. „Meine Leute haben schon überall nach ihr gesucht. Dabei hätte ich mir denken können, dass sie zu dir kommen würde. Danke, dass du mich benachrichtigt hast, Ty.“
„Du hast einiges wiedergutzumachen“, erwiderte er. „Sie ist sehr zornig auf dich, und das mit gutem Grund.“
„Das sehe ich“, sagte Devlin und schaute Virginia an.
Virginia erkannte, dass Tyrell seinen Stiefbruder benachrichtigt haben musste, als sie sich umgezogen hatte. „Sie haben mich verraten“, rief sie und bebte am ganzen Leib vor Zorn. „Ich dachte, Sie wären mein Freund. Ich habe Ihnen vertraut!“
„Ich bin Ihr Freund“, erwiderte er und sah sie mit Bedauern an. „Mir liegt wahrlich Ihr Wohlergehen am Herzen, und ich hoffe, dass Sie mir eines Tages dankbar sind für das, was ich getan habe.“
„Sie sind nicht mein Freund“, flüsterte sie, nach wie vor wie benommen von seinem Verrat.
Er verbeugte sich und verließ die Bibliothek.
Devlin schloss die Tür hinter seinem Stiefbruder und wandte sich dann wieder Virginia zu. „Welcher Irrsinn treibt dich zu so etwas? Hast du vor, Selbstmord zu begehen?“
„Nein“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „ich habe lediglich vor, einer Ehe mit dir aus dem Weg zu gehen!“
„Indem du dir eine Lungenentzündung holst und stirbst?“, bedrängte er sie.
„Du willst das doch auch nicht! Lass mich zurück nach Hause, Devlin, dann sind wir beide frei!“
„Ich fürchte, ich habe dieser Verbindung zugestimmt.“
Sie wischte sich eine Träne von den Wimpern. „Das ist mir unbegreiflich.“
Er sah angespannt aus, dennoch sagte er rasch: „Sie haben recht.“
„Wer? Der Earl und die Countess etwa? Jetzt bekennst du dich schuldig für das, was du getan hast?“
„Ja, das tue ich.“
„Du lügst!“ Sie kam auf ihn zu. „Du kennst keine Schuldgefühle, keine Reue!“
Er blieb ganz still stehen. Es dauerte lange, ehe er etwas erwiderte, doch als er zu sprechen anhob, war sein Tonfall vorsichtig. „Du irrst dich, Virginia. Ich habe Schuldgefühle, und zwar schon seit Längerem. Spätestens seit dem Vorfall bei den Carews vermochte ich mein schlechtes Gewissen nicht mehr zu verleugnen. Ich bereue es, wie ich dich behandelt habe.“
Sie konnte kaum noch atmen. Meinte er das ernst?
„Es tut mir leid, dass ich dich in die Sache mit hineingezogen habe“, fügte er düster hinzu. „Und nun werde ich den Preis dafür zahlen,
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