Wild wie das Meer (German Edition)
dass ich dich so schändlich behandelt habe. Jeder Mann von Ehre würde das tun.“
Sie traute sich nicht, seinen Worten Glauben zu schenken – zudem machte sie sich bewusst, dass dieser Sinneswandel kaum etwas mit Liebe zu tun hatte. Gleichwohl bewies Devlin, dass er tatsächlich ein Gewissen hatte.
„Ich sehe, ich habe dich verwirrt“, sagte er mit einem leicht anklagenden Unterton gegen sich selbst.
Sie fühlte sich benommen und wusste nicht, was sie denken oder sagen sollte. Es tat ihm leid. Es tat ihm aufrichtig leid. Aber was änderte sich dadurch? Er hatte sie so oft verletzt. Sie wusste, dass er sie wieder und wieder verletzen würde, wenn sie ihn heiratete. Ein Gewissen und ein ehrenhaftes Verhalten waren kein Ersatz für die Liebe.
„Meine Mutter plant das Hochzeitsfest für den zwölften Dezember – zwei Tage, bevor ich in See steche.“
Sie spürte den Pulsschlag am Hals. „Du ziehst in den Krieg gegen mein Land und meine Landsleute. Was wäre das für eine Ehe?“
„Wir werden das Beste daraus machen. Und wir werden wohl kaum das einzige Paar sein, das sich sowohl Amerika wie auch England verpflichtet fühlt.“
Sie zitterte, und eine unheimliche Kälte kroch in ihr hoch. Sie wusste, dass sie verloren hatte – sie hatte jedes Gefecht verloren, das sie je gegen diesen Mann geführt hatte. „Ich kann dich nicht heiraten, Devlin. Nicht jetzt, und auch in Zukunft nicht.“
Er straffte die Schultern.
„Ich meine es ernst“, sagte sie, von Unruhe erfüllt.
Ein furchtbares Schweigen senkte sich herab. Er sah sie lange unverwandt an, und seine unbeweglichen Züge ließen keinen Schluss auf seine Gedanken oder Gefühle zu – wenn er überhaupt irgendetwas fühlte. Langsam stellte er das Glas ab.
„Aber mein Bedauern ist echt. Was geschehen ist, tut mir leid, und ich möchte den Fehler wiedergutmachen. Ich möchte deinen guten Ruf retten.“
Sie war den Tränen nahe. „Deine Reue kommt zu spät!“
Er musterte sie mit forschendem Blick. „Du hegtest nicht immer Hass gegen mich.“
Sie versteifte sich. „Hier geht es nicht um Hass. Mein Brief war ernst gemeint. Ich hasse dich nicht, Devlin, auch wenn du mir viel angetan hast.“
„Dann akzeptiere diese Ehe, denn Tyrell hat recht – es ist doch nur zu deinem Besten.“
„Ich möchte nach Hause“, hörte sie sich sagen, und ihre Stimme klang beinahe pathetisch.
Er zuckte zusammen.
Jetzt wollte sie wirklich weinen. Sie atmete tief ein und sagte schließlich mit bebender Stimme: „Ich gebe zu, dass ich dich einst geliebt habe. Und ich wollte, dass du meine Liebe erwiderst. Aber du kannst mir keine Liebe anbieten, ist es nicht so?“
Er wurde bleich und schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Nein“, wiederholte sie tonlos und spürte, dass das Gefühl von Verbitterung überhandnahm. „Jetzt bietest du mir die Ehe an. Ich kann dieses Angebot aber nicht annehmen. Verstehst du denn nicht, wie sehr du mich verletzt hast?“, rief sie aus. „Wenn du wirklich dein neu entdecktes Gewissen beruhigen willst, dann lass mich nach Hause, als freie Frau.“
„Das kann ich nicht.“
„Natürlich kannst du das. Du bist der einflussreichste und unabhängigste Mensch, der mir je begegnet ist.“ Sie merkte, dass ihr Tränen über die Wangen liefen.
Plötzlich kam er auf sie zu.
Virginia verspannte sich, als er mit ernster Miene vor ihr stehen blieb.
„Ich werde Sweet Briar nicht verkaufen.“
Sie war wie erstarrt. „Was?“
„Ich werde Sweet Briar nicht verkaufen.“
Offenbar war sie ins Taumeln geraten, denn er stützte sie. „Du wirst Sweet Briar nicht verkaufen? Aber ... ich verstehe das nicht.“
„Setz dich“, befahl er und führte sie zu einem Lehnstuhl.
Sie war viel zu benommen, um zu widersprechen.
„Ich habe die Plantage gekauft“, sagte er. „Ich habe sie erworben, um sie dir zu geben, als Wiedergutmachung für das, was ich getan habe.“
Virginia spürte eine drohende Ohnmacht. Sie vermochte Devlins Worte kaum richtig wahrzunehmen. Er besaß nun ihr Haus?
„Es wird dein Hochzeitsgeschenk sein“, sagte er leise. „Mein Geschenk an dich.“
TEIL 3
Die Braut
23. KAPITEL
D er Tag der Hochzeit rückte näher.
Nie war Virginia sich so sehr wie ein Spielball vorgekommen. Wenn Devlin zu erkennen gegeben hätte, dass er sie wenigstens ein klein wenig liebte, wäre sie außer sich vor Freude gewesen, ihn zu heiraten. Aber er liebte sie nicht. Bis vor Kurzem gedachte er noch, sie nach Hause zu schicken und sich
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