Wild wie das Meer (German Edition)
Devlin, und vor seinem geistigen Auge tauchten zwei violette Augen auf, die ihn hasserfüllt anblitzten. Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her und spürte das Stechen in seiner Brust.
„Und der Zwischenfall von gestern Abend?“
„Ich habe mich schon gefragt, ob du davon gehört hast“, sagte Devlin und wappnete sich gegen den Tadel, der gewiss nicht auf sich warten lassen würde.
„Devlin, um Gottes willen, was hast du dir dabei gedacht, als du sie mit zu der Soiree genommen hast?“ Missbilligung schwang in Edwards Stimme mit.
Devlin erhob sich abrupt, das Weinglas in der Rechten. „Ja, ich habe einen Fehler gemacht, und es tut mir aufrichtig leid. Dennoch, Hughes hat eine gehörige Tracht Prügel bezogen, und das hat er verdient.“
„Und Virginia?“ Edward stand auf. „Was hat sie verdient?“
Devlin verspannte sich.
„Oder, anders gefragt, was hat sie nun verdient?“
„Edward, mir ist sehr wohl bewusst, dass ich mich schamlos benommen habe. Sie hat es nicht verdient, für meinen Racheplan herzuhalten. Aber ich habe mich, so hoffe ich zumindest, um Wiedergutmachung bemüht.“ Er schaute seinen Stiefvater an, der ihn ernst ansah. „Ich habe Sweet Briar gekauft und beabsichtige, ihr die Plantage zurückzugeben.“
„Es gibt nur eine Möglichkeit der Wiedergutmachung, und du weißt sehr wohl, wovon ich spreche“, sagte Edward mit Nachdruck.
Natürlich wusste er es. Es war ihm seit einiger Zeit bewusst, auch wenn er nicht genau sagen konnte, wann ihm diese Einsicht gekommen war. Die einzig denkbare Wiedergutmachung war die Heirat. Doch da blitzten Virginias Augen wieder in seiner Erinnerung auf. Heute ist nur der Hass geblieben.
Hass, so viel Hass ... Das war die Welt, die Devlin kannte, und jetzt hatte er auch noch Virginia in die Schrecken seiner von Hass erfüllten Welt eingeführt. „Ich glaube nicht, dass sie mich haben will“, hörte er sich sagen.
„Natürlich will sie dich! Wirst du sie also heiraten?“, drängte der Earl.
Er drehte sich wieder um, und in diesem Moment wünschte er, er wäre ein anderer Mensch: einer, der nicht zu rücksichtsloser Vergeltung fähig wäre, ein Mensch, der die furchtbare Vergangenheit hinter sich lassen könnte, ein Mann, der Virginias Liebe würdig wäre. Aber so war er nicht.
Nichts war erreicht worden, nichts zu Ende geführt.
„Wann wirst du einsehen, dass du dich lange genug von dieser schrecklichen Besessenheit hast leiten lassen? Wann wirst du beschließen, dass das Leben auch Glück und Freude verspricht? Wann dem Schmerz abschwören und Freude in dein Herz lassen?“, redete Edward ihm leise, aber eindringlich ins Gewissen. „Wann wirst du beschließen zu leben?“
„Tyrell, Rex und Cliff hätten deinen Tod in gleicher Weise gerächt“, erwiderte Devlin.
„Ich hoffe, meine Söhne hätten anders gehandelt“, sprach Edward. „Du weißt, was du nun tun musst. Ich glaube, dass du dir die ganze Zeit deiner Verantwortung bewusst warst.“
Mary betrat leise den Salon und schloss die Tür. „Devlin? Ich liebe dich, wie nur eine Mutter ihren Erstgeborenen lieben kann, aber hier geht es um Recht und Unrecht, um Ehre und Schande und auch um Pflicht. Wenn du wirklich mein Sohn bist, der Sohn, den ich erzogen habe, dann wirst du tun, was ehrenhaft ist, und zu Miss Hughes halten.“ Tränen schimmerten in ihren Augen. „Ich weiß, dass du Virginia die Ehe anbieten wirst. Ich weiß es einfach“, sagte sie.
Er war verloren. Er konnte die Frau nicht zurückweisen, die ihn in diese Welt geboren hatte, die ihn erzogen, geliebt und ihm bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr beigestanden hatte, ehe er zur See gegangen war. Mary hatte immer an ihn geglaubt, und sie hatten beide recht: Die Ehe war die einzig denkbare Möglichkeit der Wiedergutmachung.
Letzte Nacht habe ich mich dir in Liebe und Freude hingegeben.
Er schloss die Augen, und sein Atem beschleunigte sich merklich. Er wollte das nicht. Er brauchte keine Freude und keine Liebe. Aber gewiss könnte er Virginia ehelichen und ein distanziertes Zusammenleben ermöglichen. Ja, er könnte sie heiraten, ohne seine wahre Bestimmung aus den Augen zu verlieren – die Rache. Nichts brauchte sich zu ändern, abgesehen davon, dass Virginia von nun an für immer bei ihm bleiben würde.
„Devlin?“, fragte Mary vorsichtig.
Er wandte sich ihr zu und sah sie an. Mit einer Verbeugung sagte er: „Ich werde Virginia heiraten. Die Planung der Feierlichkeit überlasse ich dir.“ Endlich
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