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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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mir leid. Ich kann nicht. Ich kann eine solche Summe nicht einfach einer jungen Frau leihen, die ihr ganzes Leben nicht in der Lage sein wird, der Bank das Geld zurückzuzahlen.“
    Sie durfte nicht aufgeben. „Dann leihen Sie mir das Geld privat“, bedrängte sie ihn.
    Aber Mr. King schaute sie nur ungläubig an. „Virginia, ich verfüge nicht über ein solches Vermögen. Es tut mir leid.“
    Fassungslos starrte sie den untersetzten Mann an. Er begann, etwas von einem Neuanfang zu erzählen, doch sie wandte sich abrupt ab und stürmte aus dem Bankgebäude. Schwer atmend suchte sie Halt an dem Geländer der Veranda. Sie zitterte am ganzen Leib, und Tränen der Verzweiflung schössen ihr in die Augen. Das kann nicht wahr sein, dachte sie. Es musste doch noch eine Möglichkeit geben!
    „Miss Virginia? Geht es Ihnen gut?“ Frank berührte sie zaghaft am Ellbogen. Seine Stimme klang besorgt.
    Sie sah ihm in die schwarzen Augen, blieb ihm indes eine Antwort schuldig – denn mit einem Mal hatte sie eine Idee, von der sie nicht mehr loskam.
    Ihr Onkel war ein Earl.
    Adlige waren wohlhabend.
    Sie würde sich das Geld von ihm leihen!
    „Miss Virginia?“, wiederholte Frank die Frage, aber diesmal übte er mehr Druck auf ihren Arm aus.
    Virginia löste sich aus seinem Griff und starrte auf die geschäftige Straße. Sie nahm indes kein einziges Fuhrwerk, keine Kutsche und keinen Fußgänger wahr.
    Sie hatte keinen Zweifel, dass ihr Onkel über die Mittel verfügte, um Sweet Briar zu retten. Er war ihre letzte Hoffnung.
    Allerdings hatte er bisher offensichtlich nicht den Wunsch gehabt, die Plantage zu retten, denn sonst hätte er längst etwas in dieser Richtung unternommen. Das bedeutete, dass sie ihn persönlich sprechen musste. Ein Brief reichte da nicht aus. Dafür stand zu viel auf dem Spiel. Irgendwie würde sie das Geld für die Überfahrt aufbringen, auch wenn sie dafür einen Teil der kostbaren Juwelen ihrer Mutter verkaufen müsste. Dann würde sie ihren Onkel davon überzeugen, Sweet Briar zu retten und nicht zu verkaufen. Sie würde ihn auf Knien anflehen und sogar einen wildfremden Mann heiraten, solange ihr Onkel sich bereit erklärte, die Schulden ihres Vaters zu begleichen.
    Sie wusste, dass sie es schaffen könnte. Wie ihr Vater immer so treffend bemerkt hatte: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.
    Und einen starken Willen hatte sie schon immer gehabt. Jetzt musste sie nur noch den Weg finden.

2. KAPITEL
    1. Mai 1812
London

    S eine Ankunft hatte sich schon herumgesprochen.Eine jubelnde Menschenmenge stand entlang der Themse, als sein Schiff, die „Defiance“, in stolzer Fahrt auf die Docks zuhielt.
    Mit ernster Miene stand Devlin O’Neill auf dem Quarterdeck, die Arme vor der Brust verschränkt. Vom Ufer aus mochte seine hochgewachsene, eindrucksvolle Gestalt wie eine Statue anmuten. Anlässlich dieser Heimkehr – sofern man es so nennen konnte – trug er seine förmliche Marineuniform: einen blauen Frack, dessen Schultern goldene Epauletten zierten, dazu weiße Breeches mit Strümpfen sowie polierte Schnallenschuhe. Die an beiden Seiten aufgeschlagenen Krempen seines Zweispitzes aus schwarzem Filz zeigten nach außen, denn nur ein Admiral hatte das Vorrecht, den Hut in Marschrichtung zu tragen. Sein langes, golden leuchtendes Haar war zu einem Zopf zurückgebunden. Die Menge – Männer, Frauen und Kinder aus Londons untersten Schichten – rannte am Ufer neben dem Schiff her, und einige Frauen warfen Blumen ins Wasser.
    Ein Empfang für einen Helden, dachte er, aber in seiner Miene lag keine Freude. Ein Willkommen für einen Mann, den alle den „Freibeuter Seiner Majestät“ nannten.
    Schon seit einem Jahr hatte er keinen Fuß mehr auf englischen Boden gesetzt. Und wenn er die Wahl gehabt hätte, würde er auch an diesem Tag nicht an Land gehen, aber diesmal musste er der Aufforderung der Admiralität Folge leisten und Bericht erstatten. Ein kalter Zug lag um seinen Mund. Was er nun brauchte, war ein festes Bett und eine willige Frau, die keine Dirne war, aber noch musste er seine Bedürfnisse hintanstellen. Es kümmerte ihn überhaupt nicht, was die Admirale von ihm wollten – in den zurückliegenden Jahren hatte er so viele Befehle missachtet und sich über Regeln hinweggesetzt, dass seine Vorgesetzten seinen Kopf verlangen konnten. Zudem wusste er im Vorhinein, dass er neue Ordern erhalten würde, was ihm durchaus recht war, denn er blieb nie länger als ein paar Tage in einem

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