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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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durcheinander rufenden Männer schlagartig die Decks räumten, als habe er den Befehl gegeben, über Bord zu springen. Doch der ungestüme Aufbruch störte ihn nicht. Seine Crew war erstklassig. Ungefähr fünfzig seiner Leute waren schon bei ihm gewesen, als man ihm sein erstes Schiff überantwortet hatte; die Hälfte der Mannschaft hatte das Scheitern des Friedens von Tilsit miterlebt. Es waren tapfere und wagemutige Männer.
    Er war stolz auf seine Crew.
    Mac passte sich Devlins Schritten an und schien sich in seiner Marineuniform, die ihm etwas zu klein war, nicht recht wohl zu fühlen. Der Schotte war genauso alt wie Devlin, vierundzwanzig, und Devlin glaubte, dass sie ein merkwürdiges Paar abgaben – der kleine breitschultrige Schotte mit dem flammendroten Haar und der hochgewachsene blonde Ire mit den kalten silbergrauen Augen.
    „Muss mich erst an die Schritte an Land gewöhnen“, grummelte Mac.
    Devlin lächelte, als der Boden der Docks unter ihnen zu schwanken schien wie bei einem herannahenden Sturm. Er klopfte seinem Offizier auf die Schulter. „Warten Sie einen Tag ab.“
    „Das tue ich, und noch weitere sieben Tage, wenn Sie nichts dagegen haben.“ Mac grinste. Er hatte noch alle Zähne, und nur einer war verfault. „Schon Pläne, Captain? Mich zieht es zu einer willigen Dirne. Mein erster Halt, das können Sie mir glauben“, setzte er mit einem anzüglichen Lachen hinzu.
    Devlin war nachsichtig mit seinen Leuten – wie die meisten Schiffskommandanten erlaubte auch er den Männern, die Freudenhäuser im Hafengebiet aufzusuchen, aber er sah es lieber, wenn die Dirnen zunächst aufs Schiff gebracht wurden, damit der Schiffsarzt sie untersuchen konnte. Devlin wollte eine gesunde Crew, die nicht an den Folgen der Syphilis litt. „Wir waren noch vor einer Woche in Lissabon“, merkte er milde an.
    „Kommt mir wie ein Jahr vor“, gab Mac zurück.
    Devlin sah, dass die Postkutsche schon auf ihn wartete – er hatte seinem Bruder Sean in einem Brief angekündigt, dass er sich auf dem Rückweg befinde. „Kann ich Sie ein Stück mitnehmen, Mac?“
    Mac grinste. „Ich will nicht in die Stadt“, sagte er, auf das West End anspielend.
    Devlin nickte und erinnerte seinen Leutnant daran, dass er ihn in einer Woche wieder an Bord der „Defiance“ erwarte, um zur Mittagsstunde die Segel zu setzen. Und das galt auch für die gesamte Besatzung von dreihundert Mann. Der Anteil der Deserteure war verschwindend gering, eine erstaunliche Tatsache, die niemand in der britischen Kriegsmarine nachvollziehen konnte. Aber schließlich war seine Crew nicht schlecht dran, bei den Freiheiten, die er den Männern zugestand.
    Dreißig Minuten später fuhr die Kalesche über die London Bridge. Devlin ließ den vertrauten Anblick auf sich wirken. Nach all den Tagen auf See und den Aufenthalten in exotischen, warmen Häfen in Nordafrika und Portugal wirkte die Hauptstadt dunkel und schmutzig. Dennoch, er war ein Mann, der eine schöne Frau zu schätzen wusste und die gewöhnlichen Huren ablehnte. Und so nahm er während der Fahrt viele elegant gekleidete Damen wahr, die sich in Kaleschen herumfahren ließen oder zu Fuß die exquisiten Läden der Hauptstadt besuchten. Ihr Anblick erregte ihn. Er hatte mehrere Briefe vorausgesandt, und einer davon war an seine englische Mätresse adressiert. Daher rechnete er fest damit, an diesem Abend und auch für den Rest der Woche anregende Unterhaltung zu erleben.
    Die Londoner Büroräume der Admiralität befanden sich in der Brook Street, in einem imposanten Gebäude aus Kalkstein, das vor mehr als einem halben Jahrhundert erbaut worden war. Befehlshaber, Berater und Adjutanten kamen und gingen. Hier und dort standen Offiziere in kleineren Gruppen zusammen und plauderten. Als Devlin die schweren Holztüren aufstieß und die große, mit einer Kuppel überdachte Eingangshalle betrat, schauten alle Anwesenden in seine Richtung. Porträts der bedeutendsten Admirale der englischen Geschichte zierten die Wände, daneben hingen Gemälde der größten Kriegsschiffe und Schlachten. Seine Mätresse hatte einmal gesagt, auch sein Porträt werde eines Tages dort hängen. Die Gespräche verstummten, und eine unheimliche Stille legte sich über die Halle; Devlin war amüsiert. Er hörte, dass sein Name geflüstert wurde.
    „Captain O’Neill?“ Ein junger Leutnant mit geröteten Wangen grüßte ihn von der untersten Stufe der Marmortreppe.
    Devlin erwiderte den Gruß eher beiläufig.
    „Ich

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