Wild wie das Meer (German Edition)
packte Devlin bei der Schulter und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. „Alle wissen, dass Farnham gegen dich intrigiert, Dev. Ich dachte, das wäre deine letzte Fahrt gewesen.“
Devlin schritt zu einem Glockenzug, doch da war der Butler bereits wie aus dem Nichts aufgetaucht. „Benson, bringen Sie uns ein paar Erfrischungen und eine gute Flasche Rotwein.“
Dann wandte Devlin sich wieder seinem Stiefbruder zu. „Man hat mir den Ritterstand angeboten, Ty“
Die Überraschung in Tyrells Miene währte nur kurz; dann lächelte er und klopfte seinem Stiefbruder anerkennend auf die Schulter. „Das ist eine erfreuliche Nachricht“, sagte er.
„Du wirst verstehen, dass ich das Angebot unmöglich ausschlagen konnte.“
Tyrell musterte ihn einen Moment lang. „Hinter deinem Rücken zieht ein Sturm auf. Du musst vorsichtig sein, Dev. Ich glaube, Eastleigh hat dir nicht verziehen, dass du ihm sein Haus abgeluchst hast. Tom Hughes sucht Verbündete innerhalb der Admiralität, um dich vor ein Kriegsgericht zu bringen. Und er setzt hässliche Gerüchte über dich in Umlauf.“
Devlin hob eine Braue. „Es interessiert mich nicht, was er erzählt.“
„Mir ist zu Ohren gekommen, dass er dich bezichtigt, nach eigenem Ermessen mit französischen Kaperschiffen zu verhandeln – es heißt, dass du einigen gegen Zahlung einer stattlichen Summe erlaubst, durch dein Sperrnetz zu schlüpfen. Diese Art von Gerüchten könnte deine Karriere beeinträchtigen und dir persönlich schaden“, hob Tyrell warnend hervor.
„Wenn ich schon keine Bedenken habe, warum zerbrichst du dir dann deinen Kopf?“, fragte Devlin ruhig, aber er dachte an Thomas Hughes. Der Taugenichts war noch nie zur See gefahren und nur einmal kurz auf einem Flaggschiff gewesen. Nichtsdestotrotz hatte Hughes denselben Rang wie Devlin, obwohl Devlin wusste, dass der Aufschneider nicht einmal in der Lage wäre, ein Ruderboot in einem Parkteich zu steuern. Tatsächlich verbrachte Lord Captain Hughes seine ganze Zeit damit, sich bei den Admiralen, unter denen er diente, einzuschmeicheln oder vor ihnen zu katzbuckeln. „Ich habe keine Angst vor Tom Hughes“, merkte er trocken an.
Tyrell seufzte, als Benson mit zwei weiteren Dienern zurückkehrte, die je ein Silbertablett mit Erfrischungen brachten. Als sie den Salon wieder verlassen hatten, reichte Devlin seinem Stiefbruder ein Glas Wein und trat an die Fensterfront, die auf die Terrasse hinausging. Schweigend besah er sich den Garten, dessen Anblick ihn nicht sonderlich fesselte.
Es war unmöglich, nicht an Askeaton zu denken.
Tyrell trat ebenfalls an die Panoramascheibe, und als habe er Devlins Gedanken gelesen, sagte er: „Du bist sechs Jahre nicht mehr zu Hause gewesen.“
Devlin wusste genau, wann er zum letzten Mal daheim gewesen war. Er erinnerte sich nicht nur an den Tag, sondern auch an die Uhrzeit seiner Ankunft, aber nun lächelte er und täuschte Überraschung vor. „Ist es wirklich schon so lange her?“
„Warum meidest du dein Zuhause, Dev? Verflucht, alle vermissen dich. Und obwohl Sean Askeaton gut verwaltet, wissen wir doch beide, dass du es besser machen würdest.“
„Ich kann mir nicht einfach die Freiheit herausnehmen, nach Irland zu segeln, wenn mich das Verlangen überkommt“, murmelte Devlin. Das war nicht wirklich gelogen, aber er wich der Frage nur aus, und das wussten sie beide, In Wahrheit konnte er die irische Küste hinaufsegeln, wann immer es ihm beliebte.
„Du bist ein seltsamer Mann“, sagte Tyrell scharf. „Und ich bin nicht der Einzige, der sich Sorgen um dich macht.“
Devlin wandte sich ab. Er vermisste Askeaton furchtbar, aber in den letzten Jahren hatte er gelernt, dass sein Zuhause ein Ort war, den es unter allen Umständen zu meiden galt. Denn dort waren die Erinnerungen allzu lebendig; dort drohten die Bilder aus dunklen Tagen ihn zu verzehren; dort lebte noch immer der Junge.
Einige Stunden später begab Devlin sich in die oberen Stockwerke, angenehm entspannt von einigen Gläsern Rotwein. Tyrell war inzwischen nach Mayfair zum herrschaftlichen Stadthaus der Adares gefahren. Devlins private Gemächer erstreckten sich über einen ganzen Flügel des zweiten Stocks; er schritt durch einen hübschen Salon nach dem anderen, und die ganze Zeit machte er sich bewusst, dass ihm in diesem Haus nichts Freude bereitete – abgesehen von seinen Büchern. Aber schließlich hatte er das Haus nicht zum Vergnügen erworben. Er hatte es nur für einen einzigen Zweck
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