Wild wie das Meer (German Edition)
antwortete er, ohne zu zögern. Denn somit läge sein neu erworbenes Landgut nur höchstens eine Stunde von Eastleigh Hall entfernt.
Und Devlin lächelte. Seit Jahren arbeitete er an einem Racheplan. Die Karriere in der Kriegsmarine hatte ihm Vermögen und Einfluss beschert, dabei hätte er sich nie träumen lassen, eines Tages um ein Zehnfaches reicher zu sein als der Mann, dessen Leben er zerstören wollte. Ein Titel verschaffte ihm neue Schlagkraft, obschon dies nicht wirklich vonnöten war. Eastleigh lebte bereits am Rande der Armut, da Devlin den Mann seit Jahren unaufhaltsam in den Ruin getrieben hatte.
Von Zeit zu Zeit hatten sich ihre Wege bei verschiedenen Anlässen in London gekreuzt. Eastleigh kannte ihn genau. Er hatte ihn sogar erkannt, als sie sich zum ersten Mal in der Hauptstadt begegnet waren. Damals war Devlin gerade sechzehn gewesen und mit dem jüngsten Sohn des Earls, Tom Hughes, wegen einer Dirne in ein Duell verwickelt. Doch das war lediglich ein Vorwand gewesen, um seinem Todfeind zu schaden; Devlin hatte Eastleighs Sohn verwunden wollen, doch das Duell war verhindert worden. Das war erst der Beginn eines tödlichen Spiels gewesen, das Devlin seither mit wachsendem Vergnügen betrieb.
Seine Agenten hatten Hughes’ Bleiminen sabotiert, eine Reihe von Streiks in den Spinnereien heraufbeschworen und sogar die Pächter ermuntert, niedrigere Pachtsummen zu verlangen, denen Eastleigh letzten Endes hatte zustimmen müssen. Die finanzielle Situation des Earls hatte sich dramatisch verschlechtert, sodass er nun kurz davor war, seinen Stammsitz zu veräußern. Diesen Tag sehnte Devlin herbei; er war fest entschlossen, derjenige zu sein, der das Gut kaufte. Inzwischen besaß er die beste Stute des Earls, dessen Wolfshunde und das Haus in Greenwich. Doch sein Haupttrumpf war die zweite Gemahlin des Earls, die Countess of Eastleigh, Elizabeth Sinclair Hughes.
Seit nunmehr sechs Jahren war Elizabeth die Frau, die willig das Bett mit ihm teilte.
Und selbst jetzt wartete sie zweifelsohne auf ihn. Es war Zeit zu gehen.
Waverly Hall hatte fast hundert Jahre zum Besitz des Hauses Eastleigh gezählt – bis vor zwei Jahren. Das große aus Kalkstein erbaute Haus hatte zwei Türme, drei Stockwerke und einen Erker, von dem man einen wundervollen Ausblick auf den exklusiven überdachten Tennisplatz und die Gärten hatte, die sich bis zum Flussufer erstreckten. Devlin erreichte sein Haus in einer italienischen Jacht, die er noch zu Beginn seiner Laufbahn erbeutet hatte. Gemächlich schlenderte er über den Anlegeplatz und ließ den Blick über die perfekt geschnittenen Rasenflächen, die sorgsam entworfenen Gärten und die erblühenden Rosen schweifen, die am dunklen Mauerwerk hochrankten. Das ganze Anwesen war durch und durch englisch.
Unbeeindruckt von der Pracht betrat er den Steinpfad, der zur Rückseite des Hauses führte, wo eine Terrasse einen herrlichen Blick auf den Fluss und die Stadtsilhouette bot. Ein Mann erhob sich von einem Gartenstuhl. Devlin erkannte ihn sogleich und beschleunigte seine Schritte. „Tyrell!“
Tyrell de Warenne, Erbe des Grafentitels von Adare und Devlins Stiefbruder, kam ihm entgegen. Tyrell war so groß wie der Earl, hatte einen eher dunklen Teint, pechschwarzes Haar und auffallend dunkelblaue Augen. Die beiden Männer, die so unterschiedlich wie Tag und Nacht waren, umarmten sich herzlich.
„Was für eine angenehme Überraschung“, sagte Devlin und freute sich sehr, seinen Stiefbruder zu sehen. Dadurch wurde die Heimkehr, die ihm eigentlich nichts bedeutete, doch noch lohnend.
„Sean hat mir erzählt, du seist auf der Rückreise, und da ich in der Stadt geschäftlich zu tun hatte, beschloss ich, bei deinem Haus haltzumachen. Und wie ich sehe, habe ich dich genau abgepasst.“ Tyrell grinste. Er war ein ausnehmend gut aussehender Herzensbrecher und hatte manch eine Affäre vorzuweisen.
„Diesmal ja“, erwiderte Devlin, während die beiden der Terrasse zustrebten. „Wie geht es meiner Mutter? Und dem Earl?“
„Es geht ihnen gut, wie immer. Sie fragen sich, wann du nach Hause kommst“, sagte Tyrell.
Devlin stieß die zweiflügelige Glastür auf, trat in den großen und elegant eingerichteten Salon und beschloss, auf die letzte Bemerkung nicht weiter einzugehen. „Ich habe soeben einen Auftrag erhalten, der mich in den Nordatlantik führt“, sprach er. „Die Order ist natürlich zunächst inoffiziell, da ich die genauen Befehle erst noch erhalte.“
Tyrell
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