Wild wie das Meer (German Edition)
Erwartungen übertroffen, und nun war er reicher, als alle vermuteten.
„Aber das Schicksal der ,Lady Anne’, eines einzelnen Schiffes, kümmert mich nicht“, sagte Liverpool. „Und obwohl Sie Ihre Befehle missachtet haben, sind wir alle bereit, die Angelegenheit zu vergessen, nicht wahr, meine Herren?“
St. John nickte überzeugt, aber Devlin wusste, dass Farnham nur äußerst ungern zustimmen würde, und das amüsierte ihn.
„Mir ist es wichtiger, diesen blutigen Krieg zu beenden, und zwar bald.“ Liverpool sprach wie ein Redner im Oberhaus. „Am Horizont zieht bereits ein weiterer bewaffneter Konflikt herauf, einer, der unter allen Umständen vermieden werden muss.“
„Und deswegen sind Sie hier“, fügte St. John hinzu.
Devlin richtete sich in seinem Sessel auf. „Krieg gegen die Amerikaner ist ein Fehler“, merkte er an.
Farnham gab einen unwirschen Laut von sich. „Sie sind Ire, Ihre Vorlieben bleiben die eines radikalen Jakobiners.“
Es juckte Devlin mächtig in den Fingern, dem Mann an die Kehle zu springen, doch er blieb schweigend sitzen, bis das wilde Verlangen sich wieder gelegt hatte. „In der Tat. Amerika ist eine Schwesternation, genau wie Irland. Es wäre eine Schande, mit den Vereinigten Staaten wegen jeder Kleinigkeit zu streiten.“
„Wir müssen die absolute Kontrolle über die Meere behalten, Devlin, das ist Ihnen doch bewusst?“, entgegnete Liverpool eindringlich.
„Auf seine Loyalität können wir uns nicht verlassen. Er schert sich nicht einen Deut um England – ihn interessiert allein die Beute, die seine Karriere auf See ihm beschert“, ereiferte sich Farnham.
„Wir sind nicht hier, um Devlins Loyalität zu erörtern“, gab der Kriegsminister scharf zurück. „Niemand in der Royal Navy hat Seiner Majestät treuer, mit größerem Durchhaltevermögen und mit mehr Effizienz gedient.“
„Haben Sie Dank“, murmelte Devlin trocken.
„Der Krieg ist noch nicht vorüber, und das wissen Sie, O’Neill, denn Sie sind wie kein Zweiter in der Straße von Gibraltar und im Mittelmeer patrouilliert. Sie werden dieses Gebiet mit neuer Order verlassen, wenn ich die Gewissheit habe, dass Sie unsere Befehle nach unseren Vorstellungen ausführen.“
Devlin hob die Brauen. „Fahren Sie fort“, sagte er.
„Ihr Ruf eilt Ihnen voraus“, hob St. John hervor. „Im Mittelmeer und vor den Küsten weiß jeder Gegner und jedes Kaperschiff, dass Sie mit Ihrem taktischen, wenn auch unkonventionellen Vorgehen überlegen sind. Und wenn Sie vorhaben, ein Schiff zu kapern, haben Sie kampferprobte Männer an Ihrer Seite. Alle fürchten Sie – deshalb kämpft niemand mehr gegen Sie.“
Das traf für gewöhnlich zu. Devlin brauchte lediglich einen einzigen Warnschuss abfeuern zu lassen, ehe er mit seinen Soldaten das gegnerische Schiff einnahm. Kaum je gab es Widerstand – und allmählich begann ihn all dies zu langweilen.
„Ich denke, Ihr Ruf ist mittlerweile so groß, dass die Feinde sogar in der Nähe der amerikanischen Küste beim Anblick Ihres Schiffes die Flucht ergreifen.“
„Ich fühle mich wahrlich geschmeichelt“, murmelte Devlin.
„Wir bemühen uns, den Krieg zu vermeiden“, fuhr Liverpool fort und sah Devlin ernst an. „Sie dorthin zu entsenden, hieße, einen Wolf auf eine Schafherde zu hetzen. Deshalb erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich an Ihre Befehle halten, wenn Sie westwärts segeln, mein Junge – und das heißt, dass Sie dem Feind zwar einen gehörigen Schrecken einjagen sollen, aber unter keinen Umständen ein amerikanisches Schiff angreifen dürfen. Unser Land braucht Sie, O’Neill, aber nun ist die Zeit der Korsarenstreiche vorbei.“
Gingen die gesetzten älteren Herren wirklich davon aus, dass er westwärts segelte und mit sämtlichen Handels- und Kriegsschiffen Katz und Maus spielte? „Ich soll die Schiffe jagen, bedrohen und zurückdrängen – und mich dann zurückziehen?“ Er konnte es kaum glauben.
„Ja, das ist im Grunde, was wir von Ihnen erwarten. Keine amerikanischen Güter dürfen nach Europa gelangen, daran hat sich nichts geändert. Was sich jedoch geändert hat, sind die Regeln des Aufeinandertreffens. Wir wollen nicht, dass ein weiteres Schiff aufgebracht oder zerstört wird. An unseren Händen soll kein amerikanisches Blut kleben.“
Devlin erhob sich abrupt. „Suchen Sie sich jemand anderen“, sprach er. „Ich bin nicht der Mann für diesen Auftrag.“
Farnham schnaubte verstimmt und schien seine Befürchtungen
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