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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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dem Stadtpalais des Herzogs in der Albermarie Street hinauf und blieb dann einen Moment auf der obersten Stufe stehen, um Zeuge zu werden, wie die Gruppe von vier Frauen und einem Mann, gefolgt von einem Lakaien, die Straße hinunterschlenderte. Er stand breitbeinig da und zog mit einem selbstgefälligen Ruck seinen Gehrock zurecht, während seine rechte Hand an seinem Schwertheft ruhte. Seit dem frühen Vormittag stand er nun schon auf Beobachtungsposten, und nichts von dem, was er gesehen hatte, ergab irgendeinen Sinn. Am vergangenen Abend hatte er angenommen, daß Juliana sich für die Nacht hatte kaufen lassen von den zwei Männern, die sie ins Haus brachten. Aber jetzt schien es so, als wohnte sie hier.
    Zuerst dachte er an ein Bordell, und daß die Männer sie hier besuchten. Aber dann waren zwei Damen in Trauerkleidung – Damen von offensichtlich untadeligem Ruf – in einer Kutsche gekommen, deren Türen ein gräfliches Wappen zierte. Eine Weile später hatten die beiden Männer vom Abend zuvor die Damen mit aller gebotenen Förmlichkeit und Ehrenbezeigungen wieder zu der Kutsche hinausgeleitet. Kurz darauf waren drei junge Damen in Begleitung eines Lakaien eingetroffen. George war überzeugt, daß sich irgendeine Veränderung zwischen Juliana und einem der beiden Herren ergeben hatte, die in dem Haus zu wohnen schienen; und jetzt befand sie sich sogar in Begleitung eines dritten Gentlemans und tänzelte mit den anderen Frauen die Straße hinunter.
    Nichts von alledem konnte er sich zusammenreimen. Julianas Kleid war elegant und dezent und sah nicht im geringsten provozierend aus, doch ihre derzeitigen Begleiterinnen hatten ein gewisses Etwas an sich, von dem er schwören könnte, daß es mit dem galanten Gewerbe zu tun hatte. Edelkurtisanen, das sicherlich, aber eindeutig nicht der passende Umgang für eine junge Dame von Julianas Geburt und Erziehung. Und wie war es um den Mann bestellt, an dessen Arm sie dahinschritt? Was für eine abstoßend aussehende Kreatur, dachte George, obwohl ihm der Ausblick von seinem Versteck teilweise durch ein Eisengeländer versperrt wurde. Tatsache war, daß hier etwas sehr Seltsames vor sich ging, und je eher er der Sache auf den Grund kam, desto eher gewänne er Klarheit über seinen nächsten Schritt.
    Er stand noch einige Minuten lang da, bis die Gruppe das Ende der Straße erreicht hatte; dann schlenderte George zu den Stallungen auf der Rückseite des Hauses. Irgend jemand dort würde ihm sagen, wem das Haus gehörte. Es wäre zumindest ein Anfang.
    »Meinen Sie nicht, daß wir uns eine Mietdroschke nehmen sollten, Sir?« fragte Juliana, als sie sich dem Gewühl auf der Durchgangsstraße nach Piccadilly näherten.
    »Oh, alles zu seiner Zeit… alles zu seiner Zeit«, erwiderte Lucien gelassen. »Ich habe die Absicht, mich der Welt in solch charmanter Gesellschaft zu präsentieren. Es kommt wahrlich höchst selten vor, daß man mich von einem Schwärm hübscher Täubchen umringt sieht. Wir werden mit Sicherheit einigen von meinen Freunden begegnen… einem oder zwei guten Bekannten. Ich werde Sie vorstellen, meine liebe Gattin… und Ihre Freundinnen natürlich… Ihre ehemaligen Arbeitskolleginnen.« Er grinste schnalzend.
    Julianas Lippen wurden schmal. Sie war nicht bereit, ihren Ruf zu opfern, nur um dem Herzog eins auszuwischen. Lucien trieb die Sache wirklich etwas zu weit.
    Eine Mietkutsche zockelte Piccadilly entlang und kam in ihre Richtung, da winkte Juliana sie entschlossen herbei. »Verzeihen Sie, Mylord, aber ich glaube nicht, daß wir Zeit für belangloses Geplauder mit Ihren Freunden haben.« Sie zog an dem Griff der Droschkentür, als diese am Straßenrand hielt. »Wir könnten alle hineinpassen, wenn es Ihnen nichts ausmacht, auf dem Kutschbock zu sitzen, Sir.« Sie schenkte ihm ein besänftigendes Lächeln und bemerkte erstaunt, wie seine matten, tiefliegenden Augen plötzlich vor Zorn aufblitzten.
    »Und ich sage, daß wir Piccadilly entlanggehen, Madam.«
    Juliana bewahrte die Ruhe, als der Kutscher ihren drei Freundinnen beim Einsteigen behilflich war. »Wirklich, Mylord, es ist jetzt nicht angebracht, noch länger herumzutrödeln. Wer weiß, vielleicht liegt die arme Lucy in genau diesem Moment bereits im Sterben. Wir haben keine Minute zu verlieren.« Sie wandte sich ab, um ihren Gefährtinnen in die Droschke zu folgen. Nachdem sie Platz genommen hatte, beugte sie sich aus der noch immer offenen Tür.
    »Wenn Sie nicht auf dem Kutschbock sitzen

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