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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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er sich mit seinem Taschentuch trockenwischte. »Tun Sie nur, was Sie zu tun haben, Frau Gemahlin. Ich werde mich solange in die Taverne dort drüben setzen und etwas trinken, um wieder zu Kräften zu kommen.« Er wies auf ein baufälliges Gebäude mit verzogenem Türrahmen und schief hängenden Fensterläden. Das verblichene Wirtshausschild war nicht mehr zu entziffern und baumelte an einem einzelnen Nagel über der Tür. »Kommen Sie zu mir in den Schankraum, wenn Sie Ihren Bittstellergang erledigt haben.«
    Juliana beschloß bei sich, zu gegebener Zeit den Lakaien durch jene wenig einladende Tür zu schicken, aber sie knickste lammfromm vor ihrem Ehemann, die Augen auf das schlammverkrustete Kopfsteinpflaster gesenkt.
    Lucien ignorierte den Gruß und eilte davon, von dem Geruch des Cognacs angezogen wie ein Hund von einem Knochen.
    »Oje, und ich dachte, der Viscount würde für uns verhandeln«, jammerte Rosamund.
    »Im Moment brauchen wir Edgecombe nicht.« Juliana raffte ihre Röcke und steuerte auf das Gefängnistor zu, wobei sie mißtrauisch ihre Füße beobachtete, die sich einen Weg durch die stinkende, von Unrat verstopfte Abflußrinne in der Mitte der Straße bahnten; stumm flehte sie, daß sie nicht mit ihren hohen Absätzen auf dem unebenen Pflaster hängenbleiben und stolpern möge.
    Der Torhüter starrte sie aus trüben Augen an, als sie an seinem Häuschen stehenblieben. Seine kleinen Augen waren rotgerändert, sein Blick verschwommen, und er roch gewaltig nach Gin. Er trank erst gelassen einen Schluck aus der Flasche auf seinem Schoß, bevor er sich dazu herabließ, Julianas Frage zu beantworten.
    »Lucy Tibbet?« Er wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. »Tibbet, wie? Tja, wer würde sie denn wohl hier reingesteckt haben?«
    »Mistress Haddock«, grollte Lilly.
    »Ach, die alte Puffmutter!« Der Torwächter warf den Kopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus, wobei er eine Wolke übelriechenden Atems in die schwülfeuchte Sommerluft verströmte. »Hölle und Pest, aber das ist wirklich ein ganz ausgekochtes Luder. Noch tüchtiger als ihr Alter. Dieser Dick. Der Himmel verzeih' mir, aber der Kerl hatte was auf dem Kasten, das muß man ihm lassen.«
    »Wenn Sie damit meinen, daß er seinen Mädchen jeden Penny abgeknöpft hat, den sie verdienten, dann stimme ich Ihnen voll und ganz zu«, sagte Lilly spitz. Sie war eindeutig aus härterem Holz geschnitzt als Rosamund oder Emma, die sich schüchtern im Hintergrund hielten und ängstlich ihre Röcke rafften, um nicht mit dem schmutzigen Stroh und den faulenden Gemüseresten in Berührung zu kommen, die die Gegend verunzierten.
    »Sind Sie auch eine von denen, Missy?« Der Torwächter starrte sie lüstern an. »Vielleicht können wir zwei Hübschen ja miteinander ins Geschäft kommen.«
    »Vielleicht würden Sie uns freundlicherweise erst einmal mitteilen, wo wir Mistress Tibbet finden«, sagte Juliana und trat unerschrocken vor. Der Torwächter wich unwillkürlich zurück, als er die Flammenzungen jadegrünen Feuers in ihren Augen lodern sah, den angespannten Zug um ihren Mund, die hochgewachsene, stolze Gestalt. Diese Lady machte ganz den Eindruck, als wäre sie es nicht gewohnt, auf Widerspruch zu stoßen, und sie strahlte eine Sicherheit aus, die seinen Klienten im allgemeinen fehlte.
    »Tja nun, vielleicht ließe sich das machen, Mylady… für eine kleine Anerkennung.« Er strich sich versonnen über sein stoppeliges Kinn.
    »Ich habe vierzig Pfund dabei, um Mistress Tibbets Schuld zu bezahlen«, erwiderte Juliana kühl. »Zusätzlich werde ich Ihnen eine Guinee geben, mein guter Mann, wenn Sie uns ein wenig behilflich sind. Andernfalls kommen wir auch ohne Sie zurecht!«
    »Holla… Hochmut kommt vor dem Fall!« Der Torwächter erhob sich schwankend auf die Füße. »Und jetzt hör'n Sie mir mal gut zu, meine feine Dame. Für Sie bin ich immer noch Mr. Cogg, und ich wär' Ihnen dankbar, wenn Sie ein bißchen Respekt an den Tag legten!«
    »Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich auf Ihre Manieren besinnen würden«, erwiderte Juliana ungerührt. »Sind Sie nun daran interessiert, eine Guinee zu verdienen, oder nicht?«
    »Sie werden schon zehn Guineen rausrücken müssen, um ihre Freilassung zu sichern.« In seine kleinen Augen trat eine tückische Gerissenheit.
    »Vierzig Guineen, um ihre Schulden abzubezahlen, und eine Guinee für Sie«, beharrte Juliana. »Sonst werde ich mich an den nächsten Richter wenden und Mistress

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