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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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überlassen. Um die Zeit ist kaum Betrieb in der Schenke.«
    Juliana hatte das »Bedford Head« während ihrer Schreckensnacht mit Lucien zu sehen bekommen. Es war eine Taverne im Zentrum von Covent Garden – kein Ort, wo es sie erneut hinzog. In diesem Fall blieb ihr jedoch nichts anderes übrig, und am Vormittag würde es in Covent Garden sicherlich ziviler zugehen.
    Ein Lakai kam mit Tee und Kuchen in den Salon und der Nachricht, daß Mistress Dennison Lady Edgecombe bitte, sie in ihrem privaten Salon aufzusuchen, wenn sie ihren Besuch bei den jungen Damen beendet hätte.
    »Eine Bitte, keine Forderung«, meinte Juliana vielsagend. »Das ist mal ganz was Neues!«
    Ein Chor von Gelächter beantwortete ihre Bemerkung, und die allgemeine Stimmung verlor etwas von ihrem Ernst. Die Unterhaltung wurde so leicht und spritzig wie Champagner, mit viel Gelächter und heftigem Fächerwedeln. Juliana hatte sich einmal gefragt, ob die Fröhlichkeit der Mädchen wohl echt war und nicht lediglich Schau, um ihre wahren Gefühle zu verbergen; aber damals fand sie bald heraus, daß sie ganz und gar nicht gespielt war. Sie ließen sich von nur wenigen Dingen beunruhigen. Vermutlich deshalb, weil sie nie wieder lachen könnten, wenn sie zu oft innehielten, um über ihre Gegebenheiten nachzudenken und sich mit offenen Augen umzusehen.
    Bisher hatte Juliana nie Spaß an weiblicher Gesellschaft gehabt. In Hampshire engte Lady Forsett ihren Freundeskreis auf die beiden ernsten Töchter des Vikars ein, die Juliana betrachtet hatten, als wäre sie eine gefährliche Spezies aus dem Tierreich, und die vor ihr zurückgescheut waren, wann immer sie sich allein in ihrer Gesellschaft befanden. Natürlich hatte Juliana sich einen Ruf als Wildfang erworben, als sie von der großen Eiche am Eingang von Forsett Towers gestürzt und ihr Arm gebrochen war – nichts weiter als eine jugendliche Unbedachtheit, allerdings eine, die sie unter den Damen der Grafschaft in Verruf gebracht hatte. Die unbekümmerte Kameradschaft der Frauen aus der Russell Street war daher eine höchst erfreuliche neue Erfahrung.
    Draußen vor dem Haus war George Ridge in eine müßige Unterhaltung mit den beiden Sänftenträgern des Herzogs verwickelt. Anfänglich hatten sie den beleibten jungen Mann, der in seinem mit feiner Silberspitze verzierten Gehrock aus scharlachrotem Samt mächtig schwitzte, mit Verachtung und Argwohn betrachtet. Aber sie brauchten nicht lange, um herauszufinden, daß er der klassische Tölpel vom Lande war, der den Mann von Welt zu markieren versuchte. Ihr Benehmen wurde daraufhin etwas offener und ungezwungener, obwohl sie ihn weiterhin mit einer gewissen Herablassung behandelten.
    »Was ist das hier für ein Haus?« George wies mit seinem Spazierstock auf die Eingangstür.
    »Na, ein Puff, das weiß doch jeder.« Der Sänftenträger spuckte auf das Kopfsteinpflaster und fuhr fort, in seinen Zähnen herumzustochern. »Allerdings ein erstklassiger.«
    »Die junge Dame hat aber nicht wie eine Hure ausgesehen«, bemerkte George beiläufig, während er seine Schnupftabakdose aus seiner Tasche angelte.
    »Wer? Lady Edgecombe?« Der andere Sänftenträger starrte ihn erbost an. »Ist 'ne anständige Lady, die Viscountess… sagt jedenfalls ihre Zofe. Seine Gnaden hält ein wachsames Auge auf sie. Hat Mistress Henny erklärt, daß sie ein bißchen bemuttert werden muß. Er wollte nicht, daß sie von so 'nem flatterhaften jungen Ding bedient wird.«
    »Ach, tatsächlich?« Sein Gefährte sah interessiert aus. »Natürlich, Mistress Henny ist ja auch die Schwiegermutter deines Bruders, deshalb kann ich mir gut vorstellen, daß sie dir solche Dinge erzählt.«
    »Richtig«, erwiderte der andere mit beifälligem Nicken. »Sie erzählt mir so ziemlich alles, was bei der Herrschaft vorgeht. Außer«, fügte er mit einem Stirnrunzeln hinzu, »was mit diesem Mädchen los ist, das Ihre Ladyschaft gestern ins Haus geschleppt hat. Mr. Catlett hat verlauten lassen, daß Seine Gnaden gar nicht erfreut darüber war. Aber Lord Quentin, der hat ihm erklärt, daß er eine Pflicht hätte… oder so was in der Art.« Er spuckte erneut aufs Pflaster und zog die Schultern ein, als plötzlich ein scharfer Wind um die Straßenecke wehte. »Verdammt, ich würde was drum geben, wenn ich Henny ein paar Informationen entlocken könnte. Aber die Alte will partout nicht den Mund aufmachen.«
    »Was mag Lady Edgecombe wohl in einem Bordell zu suchen haben?« fragte George sich laut.

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