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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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verstohlenen Blick auf Quentin. Sein Gesicht hatte einen fast häßlichen Ausdruck vor Qual, und sie wußte, daß er in diesem Moment genau wie sie an Tarquins Plan dachte, sich in doppelter Hinsicht unter seinem Dach einzurichten – mit der Frau, die Quentin liebte, als der Mutter einer der beiden Familien.
    Juliana hatte keinen Zweifel mehr daran, daß Quentin Lydia Melton liebte, und sie war sich ziemlich sicher, daß seine Gefühle erwidert wurden. Tarquin hatte zugegeben, daß er Lydia nicht liebte, dennoch war er ihr Verlobter. Es musste doch eine Möglichkeit geben, dieses Durcheinander in Ordnung zu bringen. Quentin war zwar kein ganz so prächtiger Fang wie sein Bruder, aber immerhin der jüngere Sohn eines Herzogs, mit einem beträchtlichen Vermögen und eindeutig dazu ausersehen, eine glänzende Karriere in der Anglikanischen Kirche zu machen. Er würde hervorragend zu Lydia passen – wenn ihre Verlobung mit Tarquin gelöst werden könnte.
    Aber dann würde Tarquin ohne Ehefrau dastehen. Ohne eine Mutter für seine legitimen Erben.
    Darüber werde ich mir ein andermal das Hirn zermartern, dachte Juliana. Mit Teds Hilfe schwang sie sich wieder in den Sattel, winkte Quentin und seiner Dame noch einmal fröhlich zu und trabte davon. »Kennen Sie die Familie Courtney schon lange, Ted?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Sehr lange?«
    »Ja.«
    »Seit Seine Gnaden ein Junge war?«
    »Seit er auf der Welt ist.«
    Das war aber ein langer Satz, dachte Juliana. Sie nahm es als ein vielversprechendes Zeichen. »Kennen Sie Lady Lydia und ihre Familie auch schon eine Weile?«
    »Jawohl.«
    »Von Anfang an?«
    »So ist es.«
    »Dann sind die Meltons mit den Courtneys also seit einer Ewigkeit befreundet?«
    »Die Ländereien der Meltons und die der Courtneys grenzen aneinander.«
    »Ah«, sagte Juliana. Das erklärte eine Menge, einschließlich einer Vernunftheirat. Ted könnte sich durchaus als nützliche Informationsquelle entpuppen, wenn sie ihre Fragen richtig wählte. Jetzt waren seine Lippen jedoch fest geschlossen, und sie nahm an, er hatte ihr so viel mitgeteilt, wie vorläufig aus ihm herauszuholen war.
    Vor der Haustür stieg Juliana aus dem Sattel, und Ted führte die Pferde in den Stallhof. Juliana eilte die Treppe hinauf. Als sie den Korridor zu ihren eigenen Räumen entlangging, versperrte ihr plötzlich Lucien den Weg. Ihr Herz begann zu rasen. Tarquin hatte gesagt, sie würde ihrem verabscheuungswürdigen Ehemann nie wieder gegenübertreten müssen. Er hatte gesagt, er würde sich ihn vorknöpfen. Also, wo war Tarquin in diesem Augenblick?
    »Na sieh mal einer an, wenn das nicht meine kleine Ehefrau ist«, flötete Lucien hämisch. Obwohl seine Worte dank reichlichen Alkoholgenusses etwas undeutlich klangen, war der bösartige Unterton in seiner Stimme unverkennbar, und seine Augen in ihren tiefen, dunklen Höhlen loderten vor Haß. An seinem Kinn zeichnete sich ein bläulicher Bluterguß ab. »Sie sind gestern nacht so überstürzt aufgebrochen, meine Liebe. Ich schließe daraus, daß Sie keinen Gefallen an dem Spaß fanden.«
    »Lassen Sie mich bitte vorbei.« Sie wahrte die Beherrschung, obwohl jeder Zentimeter ihrer Haut unangenehm prickelte und sich ihre Muskeln vor Abscheu anspannten, während die Hitze des Zorns in ihrem Inneren aufflammte.
    »Seltsam. Gestern hatten Sie es anfangs nicht so eilig, mich loszuwerden«, erklärte er und packte sie am Arm auf eine Art, die sie sofort wieder an den vergangenen Abend erinnerte und eine neue Woge von Furcht in ihr aufsteigen ließ. Grinsend verdrehte er ihr Handgelenk, und sie stieß einenSchmerzensschrei aus, wobei sich automatisch ihr Griff um die Reitgerte lockerte, die sie in der Hand hielt. Er entriß sie energisch ihren zitternden Fingern.
    »Was sind Sie doch für eine ungehorsame Gattin geworden, meine Liebe!« Er grub seine Faust in ein Büschel Haare, das unter ihrer Hutkrempe hervorgerutscht war, und riß brutal daran, als er sie an sich zerrte. »Ich hatte Ihnen versprochen, daß Sie mir für den Tritt gestern abend büßen würden. Mir scheint, Sie nehmen sich reichlich viel heraus für eine Hure aus der Russell Street. Es wird höchste Zeit, daß ich Ihnen etwas Respekt beibringe.«
    Aus den Augenwinkeln nahm Juliana eine blitzschnelle Bewegung wahr, als er die Reitgerte hob. Dann schrie sie gellend auf, ebensosehr vor Schock wie vor Schmerz, als die Gerte auf ihre Schulter niedersauste und einen höllisch brennenden Striemen auf ihrer Haut

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