Wilde Chrysantheme
Stimme. »Ich würde meine Initialen in Ihren Bauch ritzen und mit großem Genuß dabei zusehen, wie Sie gehängt, gefoltert und gevierteilt werden! Und ich würde über Ihre Qualen lachen.« Sie rieb sich die Hände mit der Miene eines Menschen, der eine wichtige Aufgabe erledigt hat und höchst zufrieden mit sich ist, nachdem er seinem Gegner den Gnadenstoß versetzt hat: Ihre Augen blitzten vor Triumph, als hätte sie ihn tatsächlich auf eine solch äußerst befriedigende Weise beseitigt.
Tarquin lachte. »Was für ein böses Kind Sie sind,
Mignonne.«
»Ich bin kein Kind!« zischte sie und wand sich aus seinem Griff. »Wenn Sie sich einbilden, ich wäre nicht mehr als ein unerfahrener Einfaltspinsel, den Sie wie einen Strohhalm zurechtbiegen können, damit er Ihren Wünschen und Vorstellungen entspricht, dann irren Sie sich gewaltig, Sir!«
»Ich fürchte, wir erregen bereits Aufsehen«, sagte er. »Kommen Sie, lassen Sie uns irgendwo hingehen, wo wir ungestört sind. Dort können Sie mich dann nach Herzenslust beschimpfen, wenn Sie wollen.«
Juliana, die nun erst das neugierige Schweigen im Raum wahrnahm, blickte sich um. Augen wandten sich hastig ab, und Stimmengemurmel erhob sich erneut im Salon, da die allgemeine Unterhaltung augenblicklich wiederaufgenommen wurde.
»Kommen Sie«, wiederholte der Herzog und bot ihr seinen Arm.
»Ich werde nirgendwo mit Ihnen hingehen.«
»Nun kommen Sie schon«, beharrte er, und hinter der gutmütigen Belustigung in seinen tiefliegenden grauen Augen blitzte sekundenlang eine Andeutung von Härte auf. Als Juliana noch immer zögerte, nahm er ihre Hand und schob sie unter seinen angewinkelten Arm, während er ihr leise riet: »Sie haben nichts zu verlieren, indem Sie sich nett und vernünftig benehmen, meine Liebe, und alles zu gewinnen.«
Juliana konnte keinen Ausweg erkennen. Überall um sich her sah sie Männer, deren Gesichter die lüsterne Gier jener widerspiegelte, die hungrig auf Fleisch waren. Sie könnte schreien und eine Szene machen, aber weder die Käufer noch die Verkäufer in diesem Bordell, das sich hinter der Fassade eines sanft beleuchteten, eleganten Salons verbarg, würden ihr Mitgefühl entgegenbringen oder ihr zu Hilfe kommen. Niemand hier würde auch nur das geringste Mitleid mit einer aufsässigen Hure haben.
Ob sie sich losreißen und davonlaufen konnte? Aber selbst wenn es ihr gelänge, Garston und den kräftigen Lakaien in der Halle zu entwischen und auf die Straße hinauszuflitzen – wohin sollte sie sich wenden? In dem auffälligen Kleid, das sie trug, würde sie wohl kaum in den engen, gewundenen Gassen um Covent Garden herum untertauchen können.
Ihre einzige Chance bestand darin, an das bessere Ich des Herzogs von Redmayne zu appellieren – vorausgesetzt, er besaß eines. Ihn gegen sich aufzubringen würde ihr überhaupt nichts nützen.
Schweigend ließ Juliana sich von ihm aus dem Salon geleiten. Verstohlene Blicke folgten ihnen. Als sie durch die Flügeltür traten, durchquerte Richard Dennison gerade die Eingangshalle auf dem Weg zum Salon.
»Euer Gnaden!« Er verbeugte sich tief. Sein Blick wanderte über Juliana, und er nickte beifällig, als er ihr gelöstes Haar bemerkte. Er lächelte sie an. »Sie werden Seiner Gnaden alle Gastfreundschaft dieses Hauses erweisen, Juliana.«
»Wenn ich ein Mitglied dieses Hauses wäre, würde ich mich natürlich dazu verpflichtet fühlen«, gab sie kühl zurück.
Richard preßte verärgert die Lippen zusammen. Tarquin schmunzelte und dachte bei sich, daß er nur selten ein Geschöpf mit soviel Courage getroffen hatte. »Guten Abend, Dennison«, sagte er knapp und schob Juliana dann die Treppe hinauf in den kleinen Salon, wo sie ihm zum ersten Mal begegnet war.
Sobald sie eingetreten waren, gab er ihren Arm frei, schloß die Tür und zog an der Klingelschnur. »Wenn ich mich richtig entsinne, trinken Sie nur Champagner.«
Juliana schüttelte den Kopf. Das war eine Heuchelei, die im Moment wenig Sinn hatte. »Eigentlich nicht.«
»Ah.« Er nickte. »Sie haben also versucht, mich zu schockieren, wie ich annehme.«
»Ist das überhaupt möglich?«
Ihre Bemerkung brachte ihn erneut zum Lachen. »Nein, meine Liebe, das bezweifle ich. Was soll der Lakai für Sie bringen?«
»Nichts, danke.«
»Wie Sie wollen.« Er wies den Lakaien an, ihm eine Flasche Bordeaux zu bringen, und stellte sich dann hinter einen Sessel, eine lange, weiße Hand auf die Rückenlehne gelegt, während sein Blick auf
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