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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Juliana ruhte. Sie stand am Kamin und starrte in die leere Feuerstelle hinunter.
    Etwas an ihr fand Tarquin zutiefst rührend. Eine Verwundbarkeit, die Hand in Hand mit der verzweifelten Entschlossenheit ging, sich gegen das Schicksal zu behaupten, auch wenn ihre Chancen mehr als gering waren. Man kann sie wirklich nicht schön nennen, dachte er. Sie hatte eine wilde, störrische, unbeholfene Art, die nicht zu Schönheit im herkömmlichen Sinne passte. Aber dann erinnerte Tarquin sich an ihren nackten Körper, und sein Schaft versteifte sich unwillkürlich bei dem aufsteigenden Bild. Nein, schön war sie nicht, aber ein Mann würde nur ein halber Mann sein müssen, um sie nicht begehrenswert zu finden. Aus ebendiesem Grund würde sie auch vor Lucien sicher sein. Ihr Körper war zu üppig, um ihn zu reizen.
    Plötzlich warf sich Juliana in einen Sessel und schleuderte ihre Schuhe mit solcher Vehemenz von sich, daß einer von ihnen auf einem Konsolentischchen landete. Der Kerzenleuchter wackelte bedenklich unter der Wucht des Aufpralls, und heißes Wachs spritzte auf die polierte Tischplatte.
    »Die Pest über die verdammten Dinger!« Juliana beugte sich vor, um stöhnend ihre Füße zu massieren. »Wie kann man nur von jemandem verlangen, solche Folterwerkzeuge zu tragen?«
    »Die meisten Frauen kommen ohne Schwierigkeiten damit zurecht«, bemerkte der Herzog, höchst amüsiert über diese abrupte Veränderung in ihrem Benehmen. Ihr Haar verbarg ihren Gesichtsausdruck, als sie sich über ihre Füße beugte, aber er konnte sich lebhaft den empörten Zug um ihre Lippen vorstellen, das Aufblitzen von Ärger in ihren grünen Augen. Seltsam, dachte er, daß ich mir nach lediglich zwei kurzen Begegnungen schon so genau ihre Reaktionen ausmalen kann.
    Sie blickte auf und schüttelte ihr Haar aus dem Gesicht; er sah, daß er mit seiner Vermutung exakt ins Schwarze getroffen hatte. »Es schert mich einen Dreck, was andere Frauen fertigbringen! Ich finde diese Schuhe unerträglich.« Sie hielt einen Fuß hoch und beugte und streckte die Zehen, um die verkrampften Muskeln zu lockern.
    »Übung macht den Meister«, meinte Tarquin, als er den verschmähten Schuh von dem Konsolentischchen nahm und dann zum Kamin ging, um den anderen aufzuheben, der in der Kohlenschaufel gelandet war. Kopfschüttelnd pustete er schwarzen Staub von dem hellgrünen Seidenpumps und sinnierte: »Wie kann man nur so kaltlächelnd mit einem Paar Schuhe umgehen, das fünfzig Guineen gekostet hat.«
    Aha.
Er hatte sie also tatsächlich bezahlt. Juliana lehnte sich in ihren Sessel zurück und sagte leichthin: »Ich bin sicher, sie werden nicht ungenutzt in irgendeiner Ecke stehenbleiben, Mylord. Es muß massenhaft Damen geben, die ein solches Geschenk mit Freuden annehmen.«
    »Das könnte schon sein«, erwiderte er milde. »Wenn Frauen mit Füßen von dieser Größe so leicht zu finden wären.«
    Die Rückkehr des Lakaien mit dem Bordeaux gab Juliana Gelegenheit, sich auf die Zunge zu beißen und eine würdelose Erwiderung hinunterzuschlucken. Als sich die Tür wieder hinter dem Mann geschlossen hatte, war sie bereit, ihren Appell an die edleren Gefühle des Herzogs zu richten.
    »Mylord«, begann sie, als sie sich aus dem Sessel erhob und dann kerzengerade und mit gestrafften Schultern dastand. »Ich muß Sie inständig bitten, diese Verfolgung aufzugeben. Auf Ihre Wünsche kann ich nicht eingehen. Es ist grotesk… und barbarisch, daß Sie so etwas von einer Person verlangen, die bekanntlich keinerlei Schutz und Freunde hat. Zweifellos sind viele andere gerne bereit… ja, brennen sogar darauf… einen solchen Vertrag abzuschließen. Aber ich gehöre nicht dazu. Bitte, ich flehe Sie an, lassen Sie mich unbehelligt von hier fortgehen.«
    Tarquin war überzeugt, daß so ziemlich jede Frau in Julianas Situation die einmalige Gelegenheit ohne zu zögern beim Schöpfe ergriffen und angenommen hätte, was er zu bieten hatte – Reichtum, eine gesellschaftliche Stellung, Sicherheit. Das Mädchen war entweder ein Einfaltspinsel oder aber
sehr
ungewöhnlich. Er behielt seine Gedanken jedoch für sich und bemerkte: »Irgendwie habe ich den Eindruck, daß Bitten Ihrem Wesen fremd ist,
Mignonne
.« Er trank einen Schluck von seinem Rotwein. »Ihre kleine Ansprache klang nicht sonderlich überzeugend.«
    »Fahren Sie doch zur Hölle, Sie spitzfindiger Halsabschneider!« schrie Juliana. »Sie niederträchtiger Hurensohn! Stinkender Kloakenkehrer! Wenn Sie glauben, Sie

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