Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
gewinnen könnte, indem es sich daran beteiligte.
    Er wandte sich zur Tür, als das Paar das matt erleuchtete Hauptschiff der Kirche betrat, Juliana ein zarter Schimmer von Weiß gegen das dunkle Rot von Tarquins Anzug.
    »Sie ist ziemlich groß, nicht? Ein richtig langer Lulatsch«, bemerkte Lucien mit einem mißbilligenden Unterton. »Hoffentlich hat sie nicht obendrein auch noch eine Adlernase. Ich möchte nicht zum Gespött der ganzen Stadt werden.«
    Quentins Lippen wurden schmal, und seine Finger schlössen sich um den schlichten goldenen Ehering in seiner Tasche. Die Braut und ihr Begleiter hatten inzwischen den Altar erreicht, und Quentin forderte Lucien mit einem leichten Schulterschlag auf, vorzutreten. Juliana, noch immer am Arm des Herzogs, stellte sich neben ihn. Quentin konnte keinerlei Zögern in ihren Bewegungen erkennen, aber sah auch nichts von ihrem Gesicht unter den Tüllschichten.
    Juliana musterte ihren Bräutigam durch ihren dichten Schleier hindurch. Ihr erster Eindruck war der einer seltsam zusammengeschrumpften Gestalt, vornübergebeugt und mit eingefallener Brust. Sie kam sich sehr groß und robust neben ihm vor, was ihr ein tröstliches Gefühl der Überlegenheit verschaffte. Der Schleier hinderte sie daran, sein Gesicht deutlich zu erkennen, doch seine Blässe hatte etwas Erschreckendes an sich – so grünlich bleich wie der Bauch eines Fisches. Und seine Augen waren lediglich Höhlen, tiefliegende, brennende Löcher, als er ihr einen gleichgültigen Blick zuwarf, nachdem der Priester mit dem Gottesdienst begonnen hatte. Ganz kurz flackerte Furcht in ihr auf, und ohne sich dessen bewußt zu sein, wandte sich Juliana hilfesuchend zu dem Herzog um, der auf ihrer Seite stand. Er legte seine Hand auf ihre, die noch immer auf seinem Arm ruhte, und schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln.
    Juliana befeuchtete ihre plötzlich trockenen Lippen mit der Zungenspitze. Wie wäre ihr wohl in diesem Moment zumute, wenn sie den Herzog von Redmayne heiraten würde? Ganz gewiß nicht ängstlich und beklommen. Man konnte sicherlich behaupten, daß sie bereits das meiste wußte, was es über ihn zu wissen gab.
    Zwar heiratete sie den Herzog nicht, aber war im Begriff, ihr Leben untrennbar mit dem seinen zu verbinden. Er hatte die Absicht, der Vater ihres Kindes zu sein. Wieviel näher konnten sich zwei Menschen kommen? Eine solche Verbindung gestattete zumindest sehr viel mehr Intimität, als es in jeder Scheinehe möglich wäre. Dieser Gedanke flößte ihr neuen Mut ein, und sie hörte sich selbst mir klarer, fester Stimme auf die Fragen des Priesters antworten.
    Lord Quentin reichte seinem Cousin den Trauring. Erst in dem Moment entzog der Herzog Juliana die beruhigende Stütze seines Arms. Sie streckte ihre Hand aus, die zwar nicht ganz ruhig war, aber auch nicht so zittrig, wie es unter diesen Umständen hätte sein können. Die Finger des Viscounts zitterten jedoch fast unkontrollierbar, als er versuchte, ihr den Ring über den Finger zu streifen. Er fluchte lästerlich und murmelte etwas davon, daß es noch verdammt früh am Tag sei und er dringend einen Cognac brauche, um sich zu stärken. Sein Gejammer kam schließlich dem Priester zu Ohren, der bisher nervös genickt und gelächelt hatte, während er das Ritual beaufsichtigte. Er sah schockiert aus und äußerte einen schwachen Protest, als die kläglichen Versuche ihren Fortgang nahmen.
    Schließlich griff der Herzog ein. In Sekundenschnelle hatte er Lucien den Ring aus der Hand genommen und streifte ihn der Braut über den Finger, worauf der Priester, noch immer sichtlich betreten, die beiden mit bebender Stimme zu Mann und Frau erklärte.
    »Gott sei Dank, das hätten wir hinter uns«, erklärte Lucien, sobald die Stimme des Priesters in dem Gewölbe verhallt war. »Ist es mir jetzt endlich gestattet, einen Blick auf meine Gattin zu werfen?«
    »Sir… ich bitte Sie… müssen Sie denn…« Aber Lucien ignorierte das Gestammel des zutiefst bestürzten Priesters und griff mit unsicheren Händen nach Julianas Schleier. Er warf ihn zurück und begutachtete sie dann kritisch in dem matten Licht.
    »Na ja, immerhin besser, als ich erwartet hatte«, erklärte er. »Und jetzt brauche ich etwas zu trinken. Kommen Sie, Frau Gemahlin. Lassen Sie uns auf diesen feierlichen Anlaß anstoßen.« Mit einer spöttischen Verbeugung bot Lucien ihr seinen Arm.
    Er war untadelig und ausgesprochen kostbar gekleidet in einen Anzug aus smaragdgrünem, mit Goldborten

Weitere Kostenlose Bücher