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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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unerfahren in puncto Frauen. Man brauchte kein Genie zu sein, um zu erkennen, daß Lady Edgecombe an diesem Nachmittag die Freuden des Liebesspiels genossen hatte. Die nachsichtige Belustigung seines Bruders und die unmißverständliche Zärtlichkeit in seinen Augen, wenn sie auf Juliana ruhten, ließen ohne Zweifel darauf schließen, daß der Herzog von Redmayne und die Braut seines Cousins – wie uneins sie auch in mancher Hinsicht sein mochten – im Schlafgemach ausgezeichnet zusammenpassten.
    Quentin nahm an, daß er eigentlich dagegen sein sollte. Aber er machte sich nichts vor. Tarquins abscheuliches Vorhaben hatte er unterstützt – zwar nur widerwillig, das schon, doch war er trotzdem daran beteiligt. Wenn Juliana Vergnügen an dem Liebesspiel des Herzogs fand, dann konnte man wohl sagen, daß sie zumindest zu diesem Punkt des Arrangements nicht wirklich gezwungen wurde.
    Juliana war sich nicht sicher, ob ihre übermütige Stimmung und ihre Freude an diesem Dinner etwas mit der leidenschaftlichen Begegnung am Nachmittag zu tun hatte oder nur mit der neuartigen Lage, in der sie sich befand. Als einzige Frau am Tisch stand sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. In Forsett Towers hatte man sie immer in eine unauffällige Ecke plaziert und eindringlich dazu ermahnt zu schweigen, bis jemand das Wort an sie richtete; auf diese Weise hatte sie endlose Abendessen durchstehen müssen und etliche der langweiligsten Stunden ihres Lebens verbracht. An diesem Tisch dagegen zollten ihr der Herzog und sein Bruder ihre ungeteilte und äußerst schmeichelhafte Aufmerksamkeit, wann immer sie den Mund aufmachte.
    »Was ist das für ein Stück im Theater nachher?« Sie griff nach ihrem Weinglas. Ein Lakai stürzte herbei, um die Kaskade von Messern und Gabeln aufzufangen, die sie mit ihrem weiten Kleiderärmel über die Tischkante geschleift hatte.
    »Garrick in der Rolle des Macbeth«, erwiderte Tarquin mit einem belustigten Schmunzeln, als Juliana in äußerster Verlegenheit auf die ungebärdigen Rüschen an ihrem Ellenbogen starrte.
    »Es wird sicherlich auch eine Farce gespielt«, sagte Quentin. »Und da Garrick Sir Thomas Arne zum musikalischen Direktor ernannt hat, kann man auch noch mit interessanten Darbietungen während der musikalischen Intermezzi rechnen.«
    »Ich bin noch nie in einer Theatervorstellung gewesen.« Juliana raffte vorsichtshalber ihren Ärmel zusammen, als sie nach einem Korb mit Pasteten griff. »Zu Hause wurde immer ein Maskenspiel an Weihnachten aufgeführt, und gelegentlich traten auch Komödianten auf dem Jahrmarkt auf, aber ein richtiges Schauspiel kenne ich nicht.«
    »Hoffentlich wirst du deinen Spaß an dieser neuen Sorte Unterhaltung haben.« Tarquin war überrascht, wie bezaubernd er ihr begeistertes Geplauder und ihr perlendes Lachen fand. Dies war eine Juliana, von der er bisher nur eine flüchtige Ahnung bekommen hatte. Auch ihr recht gesunder Appetit beeindruckte ihn. Entweder hatte ihr niemand beigebracht, als echte Dame ihre Begeisterung für köstliche Speisen in der Öffentlichkeit zu zügeln, oder sie hatte diese Empfehlung schlichtweg vergessen. Wahrscheinlich das letztere, dachte er mit einem inneren Augenzwinkern. Ihre Konversation war sowohl amüsant als auch intelligent. Ihr Vormund und seine Ehefrau hatten offensichtlich darauf geachtet, daß ihre Bildung nicht zu kurz kam, auch wenn sie sich wahrscheinlich große Mühe gegeben hatten, ihre Persönlichkeit zu unterdrücken.
    »Habe ich einen Fleck auf der Nase, Mylord ?« fragte Juliana, während sie sich mit der Fingerspitze über die Nase wischte.
    »Ich sehe keinen.«
    »Mir kam es so vor, als schauten Sie mich besonders aufmerksam an«, sagte sie. »Ich wollte nur wissen, ob mit meinem Äußeren vielleicht etwas nicht in Ordnung ist.«
    »Oh, daran ist wirklich nichts auszusetzen«, beruhigte Tarquin sie. Er schob seinen Stuhl zurück. »Wenn du fertig bist, meine Liebe, dann schlage ich vor, daß wir jetzt in den Salon hinübergehen, um dort unseren Tee zu trinken.«
    »Gerne,« Juliana errötete und sprang so hastig auf die Füße, daß ihr Stuhl ein Stück über den polierten Fußboden schlitterte. »Ich hätte daran denken müssen. Verzeihen Sie mir vielmals! Jetzt werde ich Sie Ihrem Portwein überlassen.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Tarquin und hielt den Stuhl fest, so daß sie problemlos darum herumgehen konnte. »Quentin und ich legen keinen gesteigerten Wert darauf, lange am Tisch zu sitzen. Ist es nicht

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