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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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was man sich über ihn erzählt. Aber ich denke doch, wir können diesen Durchschlupf für erfreuliche Zwecke nutzen.«
    »Ja.« Juliana spürte, wie sie erneut eine seltsame Benommenheit überkam. »Weiß jeder im Haus von ihrer Existenz… zum Beispiel der Viscount?«
    »Nein. Nur wenige Leute wissen davon. Und ich verbürge mich dafür, daß Lucien nicht dazugehört. Er kennt dieses Haus nicht besonders gut.«
    »Und Lord Quentin?«
    »Der ist natürlich im Bilde.«
    »So wie über diesen ganzen Plan?« Sie kämmte sich mit den Fingern durchs Haar und zerrte an den verhedderten Stellen.
    »Ja.«
    »Und was hält er davon?«
    »Er ist absolut dagegen«, erklärte Tarquin nüchtern. »Aber er wird sich schon noch besinnen. Das tut er immer.« Er wandte sich wieder dem Schrank zu. »Wollen wir jetzt ein passendes Kleid für Lady Edgecombe aussuchen, das sie im Theater und bei einem Besuch in Ranelagh tragen kann?«
    Warum nicht?
Der Mann war die reinste Lawine, die über sämtliche Hindernisse hinwegrollte. Nicht aufzuhalten. Und Juliana wurde sich zu ihrem Erstaunen bewußt, daß sie im Moment auch gar nicht das Bedürfnis hatte, ihn zu bremsen.

11. Kapitel
    George Ridge kam sich ausgesprochen weltmännisch vor, als er gegen Spätnachmittag das Cross Keys Bordell verließ. Er machte auf dem Absatz kehrt und genoß das Rascheln seines neuen, maßgeschneiderten Gehrocks aus braunrotem Brokat, während er die Straße entlangschlenderte. Seine Hand ruhte wichtigtuerisch an seinem Schwertheft, als er sich in der Little Russell Street umschaute und überlegte, ob er sein Abendessen im »Black Lion«-Steakhaus einnehmen oder statt dessen in das »Gardener's Arms« zurückkehren sollte, um zu erkunden, ob seine Plakate mit der Suchmeldung bereits Früchte getragen hatten.
    Im Schankraum des »Gardener's Arms« bekam man eine durchaus anständige Mahlzeit vorgesetzt, und die übrigen Speisegäste neigten dazu, harte Trinker zu sein mit einer Vorliebe für schlüpfrige Unterhaltung und anzügliche Witze. Im allgemeinen gefiel es George dort recht gut, aber am vergangenen Abend, als der Tisch nach dem Essen abgeräumt worden war und sich die Runde zu einem Glücksspiel zusammenfand, hatte er feststellen müssen, daß seine Trinkgenossen gewiefte Spieler waren. Während die Portweinflaschen kreisten und der Raum immer stickiger und heißer wurde, war George immer lauter und übermütiger und sehr unvorsichtig geworden; mit vom Alkohol glasigen Augen starrte er auf die Würfel und mit einer jovialen Sorglosigkeit warf er Guineen auf den Tisch, die ihn später reute. Bis dahin hatte er nicht den Mut aufgebracht, seine Verluste zu berechnen.
    Sein Vater hätte einen Tobsuchtsanfall angesichts solcher Verschwendung bekommen, wenn er davon gewußt hätte. Aber Sir John war ja auch ein spießiger, prüder alter Knabe gewesen, von seinem Faible für junge Frauen einmal abgesehen, und er war immer sehr vorsichtig mit seinem Reichtum umgegangen. George besuchte London zum ersten Mal in seinem Leben. Sein Vater hatte es als einen Ort für Taugenichtse und Müßiggänger angesehen, ein Sündenpfuhl, bewohnt von lockeren Frauenzimmern und Männern, die bereit waren, einem für ein Sixpencestück die Kehle durchzuschneiden.
    An diesem Nachmittag hatte George die losen Mädchen im Bordell nach Herzenslust genossen. Gleich drei auf einmal. Drei sehr teure Damen. Seine Taschen waren jetzt um einiges leichter als heute beim Verlassen des »Gardener's Arms«. Trotzdem, der Spaß war jede Guinee wert gewesen. Er nahm an, daß es für die Londoner Huren zur Tagesordnung gehörte, Champagner zu trinken. Apfelwein war gut und schön für eine rotbäckige, breithüftige Landdirne in der Scheune oder hinter einem Heuschober, aber geschminkte Frauen in seidenen Hemden und mit frischer Leinenwäsche auf ihren Betten hatten offensichtlich höhere Ansprüche.
    Leider plagte ihn aber jetzt ein schlechtes Gewissen bei der Erkenntnis, daß er innerhalb von vierundzwanzig Stunden mehr Geld verpulvert hatte, als ihn die Dienste des Hufschmieds über ein volles Jahr kosteten. Und wenn er zum Essen in das »Gardener's Arms« zurückkehrte, würde er später unweigerlich wieder am Würfeltisch landen. Nein, es wäre eindeutig klüger und ratsamer, ein bescheidenes Dinner im »Black Lion« einzunehmen und sich anschließend im Theater zu vergnügen. Und da das Königliche Theater nur wenige Schritte von dem Steakhaus entfernt lag, konnte er rechtzeitig dort sein,

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