Wilde Flammen
Finger gruben sich hart in ihr Fleisch.
Zögernd erwiderte sie: »Also gut. Natürlich ist mein Job wichtig für mich. Aber das ist nicht der eigentliche Grund. Das Training mit den Löwen ist das Einzige, was ich je gemacht habe. Und ich bin gut darin.«
Sie suchte in seinem Gesicht nach einer Erklärung für seine seltsame Stimmung. War er wütend, weil sie Gerry mit in den Käfig genommen hatte?
Hastig fuhr sie fort: »Gerry wird auch gut werden, er hat das Potenzial dazu. Ich vermute, jeder Mensch braucht etwas, das er gut macht, wirklich gut. Es macht mir auch SpaÃ, die Leute, die herkommen, zu unterhalten und ihnen eine perfekte Show zu bieten. Der wichtigste Grund jedoch ist, dass ich meine Katzen liebe. Für einen Laien ist das vielleicht schwer zu verstehen, doch ich bewundere ihre Intelligenz, ihre einschüchternde Schönheit, ihre Kraft und ihre Wildheit, die sich niemals ganz unterdrücken lässt. Das unterscheidet sie von einem trainierten Haustier. Es sind aufregende und furchterregende Tiere und dadurch eine wunderbare Herausforderung.«
Keane schwieg. Seine Augen blickten noch immer düster, doch er lockerte seinen Griff. »Vermutlich kann man nach dieser Aufregung süchtig werden«, meinte er. »Dann wird es schwierig, ohne sie zu leben.«
»Ich weià nicht.« Sie war nur froh, dass er sich offensichtlich langsam beruhigte. »Darüber habe ich noch nie nachgedacht.«
»Nein. Du hattest wahrscheinlich nie Grund dazu.« Mit einem Nicken wandte er sich ab und wollte davongehen.
Jo machte einen Schritt vor, ihm nach. »Keane.« Sein Name war ihr über die Lippen geschlüpft, bevor es ihr überhaupt bewusst wurde. Als er sich zu ihr umdrehte, fühlte sie sich nicht in der Lage, die unzähligen Fragen zu stellen, die ihr durch den Kopf gingen. Also beschränkte sie sich auf die unverfänglichste. »Hast du schon entschieden, wie es mit uns weitergehen soll â mit dem Zirkus?«
Sie sah das Aufflackern in seinen Augen, das ebenso schnell wieder verschwand, wie es gekommen war. »Nein.« Ein einziges Wort nur, knapp und endgültig. Als er ihr wieder den Rücken zudrehte, verspürte sie die altbekannte Wut auf ihn. Sie fasste nach seinem Arm.
»Wie kannst du so gefühllos sein, so gleichgültig?«, fauchte sie. »Das Schicksal von hundert Leuten liegt in deiner Hand.«
Langsam, beinahe zärtlich ergriff er ihre Hand, um sie dann sanft, aber energisch von seinem Arm zu entfernen. »Provozier mich nicht, Jo«, warnte er.
»Das will ich gar nicht.« Frustriert fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich bitte dich nur, fair zu sein. Und etwas Verständnis zu zeigen. Das ist doch bestimmt nicht zu viel verlangt.«
»Du hast kein Recht, irgendetwas von mir zu verlangen«, erwiderte er schroff. Unwillkürlich hob Jo das Kinn ein Stück höher. »Ich habe mein Versprechen gehalten«, fuhr er fort. »Das sollte fürs Erste reichen.«
Jo hielt ihren Ãrger eisern im Zaum. Gut, er hatte Wort gehalten und war zurückgekommen. So blieb ihr also noch die gesamte restliche Saison, um für den Zirkus zu kämpfen. Das war ja schon mal ein Anfang. Wenn auch kein vielversprechender. Aber immerhin. »Vermutlich habe ich keine andere Wahl«, meinte sie leise.
»Richtig.«
Ohne ein weiteres Wort ging er davon, geschmeidig und flieÃend, wie Jo fast unwillig bewunderte. Mit gerunzelter Stirn sah sie ihm nach, und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre Handflächen feucht waren, so wie vor Kurzem noch Gerrys. Ãrgerlich rieb sie sie an ihrer Jeans ab.
»Brauchst du ein offenes Ohr?«
Abrupt drehte Jo sich um und fand Jamie hinter sich stehen, in vollem Clownskostüm. Dass sie ihn nicht bemerkt hatte, sagte ihr, wie aufgewühlt und tief in Gedanken sie gewesen war. »Jamie, ich habe dich gar nicht gesehen.«
»Nein, seit du aus dem Käfig gekommen bist, hast du auÃer Prescott überhaupt nichts mehr gesehen«, stellte Jamie trocken fest.
»Wieso bist du geschminkt?« Es war wohl besser, wenn sie seinen Kommentar ignorierte.
Er zeigte auf den Hund, der zu seinen FüÃen saÃ. »Diese Promenadenmischung hört nur auf mich, wenn ich mein Kostüm trage. Willst du darüber reden?«
»Worüber?«
»Ãber Prescott. Darüber, was du für ihn empfindest.«
Der Hund saà brav neben Jamie
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