Wilde Flammen
ernst.
Da die Förmlichkeiten nun erledigt waren, brauchte Jo sich nicht mehr zusammenzunehmen. Aufgeregt riss sie das Geschenkpapier auf. »Oh! Ein Gedichtband!« Sie legte das Buch behutsam auf den Tisch und strich mit den Fingerspitzen über den wertvollen Ledereinband. Der Duft stieg ihr in die Nase, sie schnupperte leicht, bevor sie den Buchdeckel aufschlug, langsam und vorsichtig, um das Vergnügen so weit wie möglich zu verlängern. Die Seiten waren dick und cremefarben, der Text mit kunstvollen Schnörkeln verziert.
»Es ist unglaublich schön«, flüsterte sie überwältigt. Als sie den Blick zu ihm hob, sah sie das Lächeln auf seinem Gesicht. Und plötzlich wurde sie unendlich schüchtern, umso mehr, da ihr dieses Gefühl eigentlich fremd war. Wenn man sein Leben lang vor Menschenmassen auftrat, erwarb man ein natürliches Selbstbewusstsein in allen Lebenslagen. Jetzt jedoch brannten ihre Wangen, und die Worte, die ihr durch den Kopf jagten, wollten nicht über ihre Lippen kommen.
»Freut mich, dass es dir gefällt.« Keane strich mit einem Finger über ihre Wange. »Wirst du immer rot, wenn dir jemand etwas schenkt?«
Da sie nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie diese Frage beantworten sollte, wich sie aus. »Es war sehr nett von dir, an mich zu denken.«
»Das scheint mir inzwischen zur Gewohnheit geworden zu sein.« Bei seiner Antwort senkte sie hastig die Lider.
»Ich weià nicht, was ich sagen soll.« Zwar konnte sie ihn wieder offen anschauen, doch wusste sie, er hatte etwas tief in ihr berührt. Und sie wusste weder mit ihren Gefühlen noch mit der Wirkung umzugehen, die er auf sie ausübte.
»Du hast schon alles gesagt.« Er nahm das Buch auf und blätterte darin. »Manche der Gedichte sind in der Originalsprache. Ich verstehe kein einziges Wort. Darum beneide ich dich wirklich.« Bevor sie sich davon erholt hatte, dass ein Mann wie Keane Prescott sie um etwas beneidete, lächelte er sie auch schon wieder an. »Hast du vielleicht einen Kaffee für mich?« Er legte das Buch zurück auf den Tisch.
»Kaffee?«, wiederholte sie verständnislos.
»Ja, Kaffee, du weiÃt schon. Diese Bohnen, die sie in Brasilien anbauen.«
Jo schaute regelrecht verzweifelt drein. »Fertig ist keiner. Ich würde dir ja eine Tasse aufbrühen, aber ⦠ich will noch beim Abbau helfen und muss mich vorher umziehen. Das Küchenzelt ist noch offen, dort kannst du bestimmt â¦Â«
Keane musterte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Meinst du nicht, dass du als Schäferin, Dompteuse und tanzender Schmetterling für heute genug getan hast? Nebenbei bemerkt, als Schmetterling machst du dich bezaubernd.«
»Danke. Trotzdem â¦Â«
»Lass es uns einfach so ausdrücken.« Er lächelte. »Du hast den restlichen Abend frei. Ich mache mir den Kaffee auch selbst, wenn du mir zeigst, wo alles steht.«
Auch wenn Jo geräuschvoll die Luft ausstieà â eigentlich war sie mehr amüsiert denn verärgert. Kaffee war wohl das Mindeste, was sie ihm anbieten konnte, nachdem er ihr ein so wunderbares Geschenk gemacht hatte. »Ich übernehme das«, erklärte sie entschieden. »Aber sobald du ihn probierst, wirst du dir wahrscheinlich wünschen, du wärst doch ins Küchenzelt gegangen.«
Mit dieser wenig ermutigenden Einladung ging Jo zur Kochnische. Keane folgte ihr, und zum ersten Mal schien ihr die Nische viel zu klein zu sein.
Während er hinter ihr stand, stellte sie den Wasserkocher an und öffnete eine Schranktür, um zwei Tassen hervorzuholen. Würde sie sich jetzt umdrehen, dann läge sie praktisch direkt in seinen Armen.
»Hast du dir die ganze Vorstellung angesehen?«, fragte sie im Plauderton, während sie Kaffeepulver in die Becher gab.
»Duffy hat mich hinter der Bühne gut beschäftigt gehalten. Er scheint entschieden zu haben, dass ich mich nützlich machen muss.«
Jo drehte den Kopf und lachte amüsiert auf. Im gleichen Moment wurde ihr klar, welch kapitalen Fehler sie damit begangen hatte. Keanes Gesicht war nun nur noch Zentimeter von ihrem entfernt, und in seinen Augen konnte sie lesen, was ihm durch den Kopf ging. Er begehrte sie, und er gedachte auch, sie zu bekommen. Bevor sie ihre Stellung verändern konnte, hatte er sie bei den Schultern gefasst und drehte sie ganz zu sich herum.
Ganz
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