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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Video aufgezeichnet und im ganzen Land und weltweit gesendet worden.
    » Rinder in die Luft zu jagen ist nur eine neue Form von Öko-Sabotage«, sagte Barnum. » Ein längst verstorbener Schriftsteller hat mal zur Sabotage im Namen des Umweltschutzes aufgefordert.«
    » Edward Abbey«, erwiderte Joe. » Das war Edward Abbey. Er hat ein Buch namens Die Schraubenschlüsselbande verfasst.«
    Barnum sah Joe verständnislos an. » Wie auch immer«, sagte er wegwerfend.
    Dann hielt Joe inne. » Könnte irgendjemand vor mir Finotta von der Explosion erzählt haben?«
    Barnums Augen wurden schmal. » Warum? Was hat er gesagt?«
    » Es war nicht das, was er gesagt hat … sondern das, worüber er geschwiegen hat«, erwiderte Joe. » Das, wonach er nicht gefragt hat. Nach den Opfern, zum Beispiel. Als ich später darüber nachdachte, fiel mir auf, dass er kaum Interesse dafür zeigte, wer bei der Explosion ums Leben kam. Als habe er davon womöglich bereits gewusst.«
    » Haben Sie ihn dazu befragt?«
    » Nein.«
    Barnum seufzte und zuckte die Achseln. » Finotta hat jede Menge Beziehungen – also ist das denkbar. Vielleicht hat er auch den Polizeifunk abgehört oder so. Um ehrlich zu sein, verstehe ich nicht, warum das wichtig sein soll. Der Tod eines durchgedrehten Umweltschützers stand vermutlich nicht allzu hoch oben auf seiner Prioritätenliste. Und auf meiner auch nicht.«
    Nachdenklich legte Joe die Zeitung hin und trank seinen Kaffee aus. Als er am Vorabend nach Hause gekommen war, hatte er keine Gelegenheit gehabt, Marybeth von dieser Unterhaltung zu erzählen – er hatte bloß gesagt, die Opfer seien identifiziert worden und kämen nicht aus der Gegend. Joe fragte sich, warum der Name des Toten Marybeth so getroffen hatte. Oder war es der Umstand gewesen, dass er vergessen hatte, ihn ihr zu sagen?
    Joe war nicht entgangen, dass sich der Tod von Stewie Woods in Saddlestring schon in eine Art Witz verwandelte. Er vermutete, dass es überall im Westen unter Holzfällern, in Bergbaustädtchen und in den Zentren von Ackerbau und Viehzucht ähnlich war, wo Stewie Woods und Eine Welt bekannt waren und tief verachtet wurden. Eine Welt gehörte zu den extremsten Umweltgruppen und war ein Liebling der Medien und eine der wenigen Organisationen, die sich offen für direkte Aktionen aussprachen. Die Mitglieder hassten Rinder, hassten die Praxis, sie auf öffentlichem Land weiden zu lassen, hassten die Rancher, die die Rechte dafür gepachtet oder beantragt hatten, und hassten die Politiker und Bürokraten, die diese Praxis weiterhin zuließen.
    Barnum hatte vermutet, Woods habe auf Schlagzeilen wie » Rind explodiert im Nationalforst« gehofft, um auf diese Weise Aufmerksamkeit auf die Weidedebatte zu lenken, doch dann sei etwas furchtbar schiefgegangen.
    Die Zeitung hatte einen interessanten und Joe bisher unbekannten Aspekt betont, die Tatsache nämlich, dass Stewie Woods aus dieser Gegend, aus Winchester, kam und dort auch aufgewachsen war. In Saddlestring hatte er die High School besucht und im Football-Team mit solcher Verve als Verteidiger gespielt, dass er es bis in die Auswahl von Wyoming gebracht hatte. Nach Auskunft seiner Trainer und Nachbarn war er zum Studium an die Universität von Colorado in Boulder gegangen, doch anstatt dort im Team der Golden Buffaloes Football zu spielen, hatte er sich den falschen Leuten angeschlossen und war verrückt geworden.
    Joe fragte sich, wie die Umweltbewegung mit Woods’ peinlichem Tod umgehen würde. Wie die krass übergewichtige Mama Cass Elliot, die an einem Schinkensandwich erstickte, wie Elvis Presley, der auf der Toilette starb, oder wie der Fitnessautor Jim Fixx, der beim Dauerlaufen zusammenbrach, würde Stewie Woods als der Umweltaktivist in Erinnerung bleiben, den ein Rind in die Luft gejagt hatte. Trotz vieler tollkühner Aktionen, trotz seiner Bekanntheit und der erfolgreichen Biografie, die Hayden Powell über ihn verfasst hatte, und trotz der Aufmerksamkeit, die Woods im Laufe der Jahre errungen hatte, würde er immer mit einer Rinderexplosion verbunden werden. Joe war klar, dass es Rancher, Holzfäller und Politiker gab, die all dies sehr amüsant fanden.
    Er fuhr sich durchs Haar. Noch immer wusste er nicht, warum diese Nachricht Marybeth so aufgebracht hatte. Doch er wusste, dass sie es ihm erzählen würde, wenn sie das Gefühl hätte, sie wäre so weit. Marybeth hatte stets zugegeben, dass sie seit ihrer Schussverletzung und dem Verlust ihres ungeborenen

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